Druckversion: Der Parasit (Autor: Markus C. Schulte von Drach)

Der Parasit von Markus C. Schulte von Drach

Rezension von Torsten Scheib

 

Rezension:

Das Unbekannte, neue Erkenntnisse, womöglich sogar ein kleines Stückchen Ruhm … für eine kleine Expeditionsgruppe sehen die möglichen Resultate ihres bevorstehenden Ausflugs in ein bislang unbekanntes Tal im Kongo in höchstem Maße vielversprechend aus. Kein Wunder also, dass das Team, bestehend aus Studenten und erfahrenen Feldforschern, reichlich motiviert die Reise antritt. Doch kaum am Ziel angekommen, zeigt das mysteriöse Tal sein wahres Gesicht. Denn etwas stimmt hier ganz und gar nicht. Eine merkwürdige Stille dominiert sowohl Flora als auch die praktisch nicht vorhandene Fauna. Und dann erst dieses unheimliche Gefühl des Beobachtetwerdens … Als der Trupp schließlich ein verwaistes Eingeborenendorf erreicht, bekommen die unschönen Vorahnungen weitere Nahrung dank ebenso eindeutiger wie blutiger Überbleibsel. Doch keiner der Männer und Frauen gelingt es, ihre Entdeckungen der Zivilisation mitzuteilen …

Wenige Wochen später in München. Die bayrische Hauptstadt leidet unter neuen Hitzerekorden, die Bürger sind dementsprechend angespannt – da kommt ein grausiger Mord gerade recht. Geradezu bestialisch wurde eine junge Frau auf ihrem Nachhauseweg vergewaltigt und ermordet. Eine harte Nuss, selbst für den gestandenen Kommissar Hans Bauer und dessen Team. Trotz modernster und präziser Ermittlungsmethoden gelingt es den LKA-Beamten nicht, eine brauchbare Spur ausfindig zu machen. DNA-Spuren, Fingerabdrücke, konkrete Zeugenaussagen … alles Fehlanzeige. Das sich die Medien und schließlich die Öffentlichkeit raubtierhaft auf den Fall stürzt, ist auch keine besonders große Hilfe; im Gegenteil. Dadurch mutiert der ohnehin schon enorme Druck, der auf den Beamten lastet, ins schier Unermessliche.

Und während das Rätselraten und die Furcht vor weiteren Morden München in Atem hält, wird im weit entfernten Hawaii ein Opfer aufgefunden, welches mit der gleichen Verachtung und Brutalität zugerichtet wurde wie das in Deutschland. Kurz darauf gesellt sich ein weiteres dazu, diesmal in der schottischen Provinz. Nun treten auch das FBI und Scotland Yard auf den Plan – und auf der Stelle. Ist es möglich, dass der Serienkiller global operiert; in einer Art Mordtournee rund um die Welt? Und was ist mit der zweiten, wesentlich beunruhigenderen Option: nämlich das es mehr als einen Killer gibt?

 

Markus C. Schulte von Drachs Roman Der Parasit beginnt vielversprechend. Äußerst vielversprechend sogar. Das Drama im Kongo ist perfekt balanciert und baut geschickt eine immer dominanter werdende Spannung auf – Michael Crichton lässt herzlich grüßen. Dennoch verzeiht man ein solches Déjà-vu gerne, zumal von Drach dem Leser keine Atempause lässt. Umgehend findet man sich am Tatort eines abscheulichen Mordes wieder und fiebert mit. Das hat Tempo, das beweist Stil, das hält bei der Stange. Bis von Drach geschwätzig wird. So interessant und zweifellos sorgsam recherchiert die Ausflüge in die menschliche Psyche und die Veterinärmedizin auch sein mögen, letztlich sind sie viel zu ausschweifend und werden zu trocken und oberlehrerhaft vermittelt. Dadurch verliert „Der Parasit“ nicht einfach nur Tempo; vielmehr sinkt die Tachoanzeige gen Null. Umso erstaunlicher beziehungsweise trauriger wirkt deshalb auch die Gegebenheit, dass sich von Drach nicht an seinen rasanten Einstieg orientiert und seinen literarischen Boliden stur im Leerlauf vor sich hin tuckern lässt. Das dabei die Spannung auf der Strecke bleibt ist nur logisch. Und es ist eine ziemlich lange Strecke. Mit fast sechshundert Seiten ist der Roman ein leidlich dicker Schmöker geworden, dem eine Diät von einem Drittel gewiss gut getan hätte. So allerdings führt von Drach seine Exkurse ungehindert weiter und offenbart gleichzeitig eine weitere, frappante Schwäche. Ganz gleich, ob Pro- oder Antagonist: bis auf wenige Ausnahmen wirkt jede in Erscheinung tretende Person samt Hintergrundgeschichte wie ein wandelndes Klischee. Was weniger routinierten Thrillerfreunden sicherlich kaum Kopfschütteln entlocken wird, dürfte den erfahrenen Lesern unter Umständen zur Weißglut treiben. Somit beschreibt „Der Parasit“ eine völlig unvorhergesehene Wende und findet sich letztlich auf einer Stufe mit schlechter Groschenheftprosa wieder. Und natürlich dürfen da auch diverse Zufälle nicht fehlen – und diese sind so offensichtlich und bisweilen so dermaßen altbacken, dass man wirklich den Verdacht bekommt, dass hier zwei Autoren beteiligt waren. Zwar hat von Drach zum Finale hin noch einen gelungenen Schockmoment parat, kann dieser allerdings nur bedingt die vorangegangenen Mängel aufwiegen.

 

Fazit:

»Der Parasit« hatte ob seines durchaus originellen Plots und des exzellenten Einstiegs das Potenzial zu einem echten Spitzenthriller, gräbt sich aber dank fehlender Spannung und altbekannten Klischees das Wasser ab. Was bleibt ist ein guter durchschnittlicher Spannungsroman, dessen Inhalt man nach Beendigung rasch wieder vergessen hat.

Nach oben

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 202404231054578c383c4b

Buch:

Der Parasit

Autor: Markus C. Schulte von Drach

Droemer/Knaur, 12. Juli 2010

Broschiert, 589 Seiten

 

ISBN-10: 342650443X

ISBN-13: 978-3426504437

 

Erhältlich bei: Amazon

, zuletzt aktualisiert: 12.04.2024 09:51