Im Rahmen von Dawn of DC erhalten nicht nur bewährte Serien einen soften Neustart, sondern auch neue Reihen. Dazu zählt auch Der Pinguin. Denn obwohl das Alter Ego von Oswald Cobblepot bereits im Jahr 1946 debütierte, hat es bislang noch nicht für eine Solo-Serie gereicht. Kann die Reihe dem seltsamen Vogel Leben einhauchen?
Oswald Cobblepot hat sich in Auferstanden von den Toten zunächst vom Leben als Verbrecherboss von Gotham City zurückgezogen. Statt kriminelle Deals einzufädeln und Konkurrenten auszuschalten, lebt er nun als Blumenhändler unerkannt in Metropolis. Dabei hat er mit seinem vorgetäuschten Tod alle getäuscht – zumindest fast alle. Denn eine Regierungsagentin spürt ihn schließlich auf und überschreitet Grenzen, um Cobblepot zur Kooperation und einer Rückkehr nach Gotham zu bewegen. Das ist der Beginn einer tödlichen Reise zu alten Bekannten…
Der hohe Stellenwert der neuen Serie »Der Pinguin« zeigt sich bereits beim Autor. Denn für die Story ist niemand Geringeres als Tom King verantwortlich. Der ehemalige CIA-Agent konnte nicht nur bereits mehrere Eisner Awards einheimsen. Zudem prägte er die Batman-Comicreihe. Sein mit dem Eisner Award prämierter Comic One Bad Day: Riddler bewies darüber hinaus, dass er auch die Gegenspieler des Dark Knight gekonnt in Szene setzen kann.
Das gelingt ihm auch hier, wozu auch seine cleveren Erzähltechniken beitragen. Er sorgt gleich zu Beginn für Tempo und Spannung, indem er Batman und den Pinguin auf engstem Raum in einer fast aussichtslosen Situation zeigt – und dann zurücklässt. Denn nun widmet er sich zunächst ausführlich dem ruhigen Leben, das Oswald Cobblepot ein Jahr zuvor führte. Auch später gibt es Zeitsprünge, bei denen King unter anderem eine Origin-Story für den Pinguin liefert, die sich frisch anfühlt und keinem Moment langweilig ist. Gleichzeitig geht »Auferstanden von den Toten« als brutale Charakterstudie durch. Dabei erfährt das Publikum zwar die Gedanken aller Figuren, aber nie die von Oswald Cobblepot selbst. Deswegen gilt es, sich den Charakter durch seine – mal ehrlichen, mal lügenhaften – Aussagen und – oft brutalen – Taten zu erschließen. Hier hat King einige Überraschungen parat, vermeidet aber auch den Fehler, den Pinguin stark zu überhöhen. So entwickelt sich vor allem im letzten Teil ein spannendes Psychospiel zwischen ihm und Batman. Echte Kritikpunkte bleiben Mangelware. Möglicherweise ist das Pacing der Story an einigen Stellen etwas zu langsam. Vielleicht handeln auch nicht alle Figuren durchgehend rational. Manchen könnten einige Sequenzen etwas zu brutal sein. Reizvoll ist die Geschichte aber auf jeden Fall – auch, weil King hier einen Schurken für erwachsene Leserinnen und Leser entwirft.
Den Großteil des Comics zeichnet Rafael de Latorre (Daredevil). Der Brasilianer macht seine Sache richtig gut und kreiert sehr atmosphärische Panels. Besonders gelungen ist ihm dabei das Figurendesign – allen voran beim Pinguin. Der wirkt abstoßend und faszinierend zugleich, was auch an der nuanciert dargestellten Mimik liegen dürfte. Mit seitenfüllenden Panels ist Rafael de Latorre zwar etwas sparsam. Wenn diese dann auftauchen, ist die Wirkung jedoch umso stärker. Wer ein Haar in der Suppe finden möchte, darf einwenden, dass das Paneldesign im Vergleich zu aktuellen Werken oft etwas altbacken wirkt. Aber irgendwie ist ja auch der Pinguin ein Gangsterboss der alten Schule.
Für die letzten beiden Kapitel übergibt Rafael de Latorre den Zeichenstift an Stevan Subic (M.O.R.I.A.T.Y). Die Leistung der Serben ist zwar passabel. Sie erreicht aber nicht das Niveau der Panels seines Kollegen. Am schwächsten wirkt dabei das Charakterdesign. Ausgerechnet der Pinguin wirkt nicht so ansprechend und so nuanciert wie zuvor. Das fällt vor allem in einer seitenfüllenden Zeichnung auf, wo das Design des im Regen stehenden Schurken fast einer Kinderzeichnung gleicht.