Die dänische Autorin Anne-Marie Vedsø Olesen hat in ihrem Leben schon so einiges gemacht und auch in Belgien und den USA gelebt, ist aber nun zurück in Kopenhagen und liebt es mythologische Stoffe mit historischen Romanen zu verbinden. Auch in ihrer Snehild-Saga verbindet sie wieder einmal das harte Leben im mittelalterlichen Skandinavien mit den bekannten Sagenstoffen, wie auch der zweite Band Der Ruf der Unterwelt beweist.
Es sieht nicht gut aus in Midgard, denn König Aslak verliert immer mehr den Verstand und bringt die Menschen gegen sich auf. Die einzige, die ihn retten kann, die junge Seherin Snehild, wird allerdings von ihrer Rivalin Ragnfried verflucht. Um nicht zu sterben, muss sie sich nach Helheim begeben.
Denn nur dort kann sie die Runenmagie erlernen, die sie braucht, um sich von dem Fluch zu befreien. Doch der Weg ist voller Gefahren und nicht alle Bewohner des Totenreichs sehen ihre Anwesenheit gern. Und auch auf der Erde spitzen sich die Ereignisse zu.
Es gibt zwar keine Zusammenfassung des ersten Bandes und gelegentlich einige Rückbezüge, aber die eigentliche Handlung dieses Buches kann glücklicherweise für sich alleine stehen und bietet eine interessante Reise durch die nordische Unterwelt.
Geschickt verwebt die Autorin den doch eher trockenen mythischen Hintergrund mit einer ansprechenden Handlung, bei der die Leser mitfiebern können. Sie erfahren so spielerisch mehr über die Intrigen der Asen, den Tod Balders und den Glauben, den die Wikingerstämme antreibt, eben nicht den Strohtod zu sterben.
Im Mittelpunkt der Geschichte stehen eher die unbekannteren Gestalten und Kreaturen der Mythen, auch wenn natürlich Odin und Thor erwähnt werden.
Und auch in der Menschenwelt nehmen die Dinge ihren Lauf, spitzen sich die Ereignisse zu, denn zum einen kann sich die Rivalin nicht lange über den Sieg freuen, zum anderen werden auch schon Weichen für das Schicksal gewisser Leute gestellt.
Sehr angenehm dabei ist, dass die meisten Figuren Ecken und Kanten haben, eben keine zweidimensionalen Gestalten sind, sondern lebendige und atmende Menschen mit Stärken und Schwächen.
Dazu kommt eine erdige Atmosphäre, nicht zuletzt durch die Tatsache, dass körperliche Dinge ohne Prüderie und Scham gesehen werden, die Heldinnen durchaus ihre eigene Sexualität ausleben dürfen und dabei nicht an irgendwelche strengen moralisch-patriarchalischen Normen gebunden sind.
Heraus kommt eine spannende Geschichte, die sich jegliche Klischees, aber natürlich auch Romantik spart. Es ist ein Abenteuer, das die mythische Welt des Nordens zum Leben erweckt und dabei doch recht bodenständig bleibt, da auch die Figuren sehr facettenreich bleiben und einem als Leser ans Herz wachsen.