Der Schatten des Windes (Autor: Carlos Ruiz Zafón)
 
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Der Schatten des Windes von Carlos Ruiz Zafón

Rezension von Ralf Steinberg

 

Rezension:

Die Buchreihe um den Friedhof der vergessenen Bücher machte Carlos Ruiz Záfon weltweit berühmt und erschloss ihm eine große Fangemeinde. Auch wenn er zuletzt bis zu seinem Tod im Juni diesen Jahres in Los Angelas lebte, wird er wohl für seine Leserschaft für immer mit Barcelona verbunden bleiben. Der Schatten des Windes eröffnete 2001 den »Friedhof der vergessenen Bücher«.

 

Daniel Sempere wird 1945, kurz vor seinem elften Geburtstag, von seinem Vater, einem Buchhändler in Barcelona, an einem ganz besonderen, geheimen Ort gebracht: dem Friedhof der vergessenen Bücher. In dem labyrinthartigen Gebäude stehen in unendlichen Regalreihen jene Bücher, die in der Welt keine Leserinnen und Leser mehr finden. Daniel darf sich eines der Bücher aussuchen, um dann ein ganzes Leben lang dafür verantwortlich zu sein. Er erwählt sich »Der Schatten des Windes« von Julián Carax und verschlingt es, völlig verzaubert, noch in der nächsten Nacht. Obwohl sein Vater schon lange mit Büchern zu tun hat, sind ihm Werk und Autor unbekannt, doch da Daniel gern noch mehr aus dem Werk des Autors lesen will, wenden sie sich an einen befreundeten Antiquar. Dessen blinde Tochter Clara wurde ebenfalls von einem Werk Julián Carax’ in den Bann gezogen. Daniel verliebt sich prompt in die junge Frau und begibt sich mit ihr auf die Suche nach Spuren von Werk und Autor. Doch bald stoßen sie auf Rätsel und Bedrohungen. Jemand anderes ist ebenfalls auf der Suche nach Werken des Julián Carax und vernichtet sie gnadenlos. Der Autor selbst scheint vor Jahren in Paris bei einem Duell getötet worden zu sein, doch auch in Barcelona finden sich Hinweise auf ihn …

 

Mit wenigen Sätzen nimmt Carlos Ruiz Záfon seine Leser gefangen und führt sie immer tiefer in die Leben seiner Figuren, in die Paläste und Gassen Barcelonas und in die blutige spanische Geschichte. Der Handlungsbogen spannt sich weit von Ende des ersten Weltkrieges über den Bürgerkrieg bis hinein in die faschistische Franco-Diktatur.

Was zunächst sehr romantisch als Buchabenteuer eines pubertierenden Jugendlichen beginnt, entwickelt sich bald zu einem gefährlichen Überlebenskampf in einer von Brutalität und Boshaftigkeit dominierten Gesellschaft.

Erst nach und nach ergeben sich die Verbindungen der Figuren zueinander und erschließen sich daraus die Motive ihrer Handlungen.

 

Wir verfolgen dabei nicht nur den Ich-Erzähler Daniel Sempere von 1945 bis 1966; in einem zweiten Figurenkreis um den jungen Julián Carax enthüllt sich uns nach und nach der eigentliche Handlungsbogen. Aber trotz aller furchtbaren Entdeckungen und Geschehnisse, bleibt »Der Schatten des Windes« stets eine wunderbare Lektüre. Carlos Ruiz Záfon in der Übertragung von Peter Schwaar lässt seine Prosa in in den träumerischen und melancholischen Worten Daniels dahinfließen, der mit all seiner jugendlichen Leidenschaft liebt, hasst, sich fürchtet und zweifelt.

 

Als zusätzlichen Kontrapunkt zum düsteren Gesellschaftspanorama dient die Figur des Stehaufmännchens Fermín Romero de Torres, den Daniel in der Gosse aufsammelt und ihm eine Stelle in der Buchhandlung seines Vatrrs verschafft, und der schon bald zum Freund und emotionalen Anker wird. Fermín kämpft mit seinen eigen Dämonen der Vergangenheit darunter der brutalen Inspektor Fumero, der bald zu einer Bedrohung für alle wird. Doch Fermín bringt Lebensfreude und Humor selbst in die dunkelsten Seiten des Romans und Ruiz Záfon machte ihn später gleich ganz zum Protagonisten seines Romans Der Gefangene des Himmels.

 

Der Roman lässt erahnen, wie tief Bürgerkrieg und Faschismus das Land traumatisiert, deren Spuren man bei einem Besuch in Barcelona so ohne weiteres auf den Touristenpfaden nicht finden wird. Doch Carlos Ruiz Záfon beweist in »Der Schatten des Windes«, dass jede Verletzung zu Wunden und Narben führen, die über Generationen nachwirken. Sie zu erforschen, heißt, den heilenden Kräften zu helfen.

 

Fazit:

»Der Schatten des Windes« von Carlos Ruiz Záfon ist ein zu Recht viel gelobtes Werk über die Suche nach einem verlorenen Leben zwischen den Abgründen aus Bürgerkrieg und Diktatur. Eine wunderbare und verzaubernde Lektüre.

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Buch:

Der Schatten des Windes

Original: La sombra del viento, 2001

Autor: Carlos Ruiz Záfon

Übersetzer: Peter Schwaar

Taschenbuch, 565 Seiten

Fischer, 7. März 2013

Cover: hißmann, heilmann, hamburg / Simone Andjelkovic

ISBN-10: 3596196159

ISBN-13: 978-3596196159

 

Erhältlich bei: Amazon

 

Kindle-ASIN: B00BNPC9TQ

 

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Erstellt: 03.08.2020, zuletzt aktualisiert: 18.04.2024 09:19, 18848