Der schwarze General (Autor: Tom Reiss)
 
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Der schwarze General vom Tom Reiss

Das Leben des wahren Grafen von Monte Christo

 

Rezension von Ralf Steinberg

 

Verlagsinfo:

Alex Dumas (1762–1806) war Kind eines in der französischen Zuckerkolonie Saint-Domingue untergetauchten Adligen und einer schwarzen Sklavin. Der adlige Herr kehrte später unter seinem echten Namen und Titel eines Marquis wieder nach Frankreich zurück. Den Sohn ließ er nachkommen. Der junge Mann bekam eine hervorragende Erziehung, wurde ein glänzender Reiter und Fechter und genoss das süße Leben im vorrevolutionären Frankreich. Doch er zerstritt sich mit seinem Vater, legte dessen Namen wieder ab und nahm den seiner Mutter an. Er heiratete eine weiße Französin, mit der er drei Kinder hatte, eines davon der spätere Bestsellerautor Alexandre Dumas d. Ä., und machte eine glänzende Karriere in der Armee, zuletzt als General unter Napoleon. Er wurde schon zu Lebzeiten eine Legende. Das alles war nur möglich, weil das Frankreich des späten 18. Jahrhunderts die erste rasseblinde Gesellschaft der Welt war. Doch dann wurde General Dumas von Napoleon abserviert und starb verarmt und vergessen. Viele Geschichten in den Romanen seines Sohnes gehen auf die wahren Erlebnisse des Vaters zurück.

 

Rezension:

Die Geschichte des Grafen von Monte Christo gehört zu den beliebtesten der Weltliteratur. Ihr Schöpfer, Alexandre Dumas, wird oft mit dem Zusatz père oder der Ältere ausgestattet, um ihn von seinem Sohn zu unterscheiden, der unter anderem mit der Kameliendame zu eigener Berühmtheit gelangte.

Dabei hieß bereits sein Vater Alexandre und auch er war zu seiner Zeit sehr berühmt. Doch scheint sein Ansehen heute vergessen zu sein, obwohl sein Leben bedeutenden Einfluss auf das literarische Werk seines Sohn und ganz besonders auf den »Grafen von Monte Christo« hatte.

Der New Yorker Journalist Tom Reiss nahm sich des großen Generals an. Seine Biographie Black Count. Glory, Revolution, Betrayal and the Real Count of Monte Cristo erhielt den Pulitzer-Preis 2013.

Schon der Beginn ist so amüsant wie spannend. Reiss schildert, wie er im französischen Örtchen Villers-Cotterêts versuchte, an das Dumas-Archiv zu gelangen. Die Verabredung mit der emsigen Archivarin scheiterte. Die überraschend Verstorbene hinterließ einen verschlossenen Safe mit all dem Material und einer Öffnung standen diverse bürokratische Hürden im Weg.

Zum Glück konnte Reiss dann doch noch einige Blicke auf das Material werfen und Bezüge darauf durchziehen das gesamte Buch.

Neben den Memoiren seines Sohnes sind die vielen Briefe, militärischen Berichte und Schriftwechsel wichtigste Quellen eines so abenteuerlichen Lebens, dessen Ausstrahlung auf einen jungen Schriftsteller nur allzu verständlich wird.

Dabei gibt das Leben des Alex Dumas einen Schwerpunkt vor, dem Reiss sich mit großer Aufmerksamkeit widmet, der Geschichte der Sklaverei und der Schwarzen in Frankreich.

Da zur Zeit von Alex Dumas’ Geburt die wichtigsten französischen Kolonien mit schwarzen Sklaven auf amerikanischen Inseln lagen, nannte man sie damals Amerikaner. Die Zuckerrohrplantagen erbrachten die Gewinne, mit denen der französische Hof den US-amerikanischen Unabhängigkeitskrieg unterstützte. Reiss untersucht die Geschichte der Sklaverei ausführlich und stellt damit auch ein wichtiges Verständnis für die folgenden Ereignisse im Leben von Alex Dumas her.

Denn dass es ein Schwarzer Sklave bis in die höchsten Ebenen des französischen Militärs schaffte, verdankt Dumas im Wesentlichen den Ereignissen in Folge der französischen Revolution. Und dass er später alles verliert, hat viel mit seinen Zusammentreffen mit Napoleon zu tun.

Denn neben den juristischen und sozialphilosophischen Begleitumständen der Sklaverei handelt das Buch ja in erster Linie vom Leben eines kämpferischen Haudegens in einer Zeit, da die halbe Welt umgepflügt wurde. Dumas ist nicht nur ein verwegener Kämpfer, er steht auch für die Revolutionsideale und beweist neben Heldenmut auch Güte und Führungsstärke.

So wird aus ihm ein umjubelter General, der stets der Republik loyal gegenübersteht und damit einem kleinen Möchtegerndiktator in die Quere kommt.

Die Schlusskapitel, die von Napoleons Hass zeugen, werden dann auch sehr emotional.

 

Reiss ist als Person selbst stets präsent. Immer wieder schildert er in kurzen Passagen, was er während seiner Recherchen vor Ort erlebte oder sah. So kann er geografische Gegebenheiten oder lokale Besonderheiten aus direkter Anschauung einfließen lassen.

Daneben stellt er eine große Vielfalt an Quellen vor, die er immer wieder zitiert und sorgfältig kommentiert. Trotz seiner deutlichen Sympathien für Dumas, bewertet er dessen Kontrahenten und Gegner auf sachlicher und historischer Ebene. Mit großem Geschick bringt er Hintergrundinformationen in die spannenden Geschehnisse ein und erklärt etwa Beschusstaktiken oder Versorgungsprobleme des Soldatenalltags sehr anschaulich.

Für den Leser öffnet sich dadurch nicht nur der Blick auf das politische Weltgeschehen, er dringt auch weit in den Alltag der Menschen ein, wird empfänglich für deren Probleme mit Krieg, Invasion und wirtschaftlicher Unsicherheit.

 

Ein Blick in die Anmerkungen zeigt dann auch, dass die wichtigsten davon direkt in den Text einflossen und im Anmerkungsteil selbst fast nur Quellenverweise Aufnahme fanden. Das Quellenverzeichnis beweist wiederum, dass Reiss in seiner zehnjährigen Beschäftigung eine ganze Menge Stoff zu wälzen hatte.

Einzig das Fehlen von Bildern könnte man als Makel eines faszinierenden und bis zur letzten Seite abwechslungsreich und spannend erzählen Lebensbeschreibung nennen.

 

Das Titelbild der deutschen Ausgabe zeigt eine kleine Vignette des amerikanischen Covers, leider nicht das gesamte Bild.

 

Fazit:

Geschichte und Abenteuer bündeln sich in dieser hervorragend erzählten Biographie über den wahren Grafen von Monte Christo: Alex Dumas, dem schwarzen General, dessen Erscheinung die Gegner zum Zittern brachte und dessen Edelmut die Besiegten noch Jahrzehnte später bewunderten.

Tom Reiss liefert eine breite und niemals trockene oder langweilige Darstellung von Zeit und Leuten. Angefüllt mit bekannten und unbekannten Stimmen einer weit zurückliegenden Epoche, deren bahnbrechende Veränderungen auch heute noch unser Leben bestimmen.

 

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Buch:

Der schwarze General

Das Leben des wahren Grafen von Monte Christo

Original: The Black Count. Glory, Revolution, Betrayal and the Real Count of Monte Cristo, 2012

Autor: Tom Reiss

ÜbersetzerInnen: Karin Schuler und Thomas Pfeiffer

Taschenbuch, 541 Seiten

Deutscher Taschenbuch Verlag, 1. September 2014

 

ISBN-10: 3423348399

ISBN-13: 978-3423348393

 

Erhältlich bei: Amazon

 

Kindle-ASIN: B00EJOGVLU

 

Erhältlich bei: Amazon

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 202404231912274deb7b38
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Erstellt: 01.11.2014, zuletzt aktualisiert: 18.04.2024 09:19, 13754