Der spazierende Mann (von Jiro Taniguchi)
 
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Der spazierende Mann von Jiro Taniguchi

Rezension von Christian Endres

 

»Der spazierende Mann« war 1995 der erste Manga von Ausnahmekünstler und Meistererzähler Jiro Taniguchi, der diesen auch außerhalb Japans bekannt machte, als die Übersetzung von »Aruku Hito« in Frankreich erschien. Seit dem hat Taniguchi nicht nur seinen Ruf als der westlichste unter den östlichen Comic-Künstlern immer weiter ausgebaut – er hat auch einen in den letzten zwei, drei Jahren erfreulich rapide angewachsenen Regal-Ehrenplatz in deutschen Comic- und Manga-Sammlungen eingenommen und bekommt sein Können und seine künstlerische Wichtigkeit mit viel Präsenz in den Verlagsprogrammen von Carlsen sowie Schreiber & Leser vergolten.

 

Unspektakulär nennt Andreas Platthaus Taniguchi-Geschichten wie die vorliegende in seinem Nachwort, und das trifft es ziemlich gut – denn Taniguchis Spaziergänger ist letztlich nur ein Genießer der kleinen Freuden des Lebens, der sich an Vogelgezwitscher, Regentropfen und anderen Details erfreuen kann. Aber so ist das nun mal: Glück ist eben unspektakulär. Oder anders gesagt: Zufriedenheit und innere Ruhe. Die Eigenschaft, ja die Gabe, wahrzunehmen und zu genießen. Sich zu erfreuen. Das kann auch der Leser, wenn er auf die Details und Stimmungen achtet, die Taniguchi ihn durch den Spaziergänger und Alltagsgenießer erleben lässt, der – wie Taniguchi – niemals viele Worte braucht, um sich die Schönheit seines kleinen Lebenskosmos zu vergegenwärtigen und sie greifbar zu machen.

 

Am Ende ist »Der spazierende Mann« auf gewisse Art und Weise vielleicht eines von Taniguchis widersprüchlichsten Werken. Denn eigentlich wollen wir lächeln – andererseits sind wir jedoch traurig. Nicht, weil ein Mensch oder Tier stirbt wie in anderen Werken des Japaners. Sondern weil er uns in konzentrierter Form zeigt, vor welchen (im wahrsten Sinne des Wortes) bemerkenswerten Nahaufnahmen und Impressionen des täglichen Alltags wir uns regelmäßig in Stress, Hektik und anderem verschließen.

 

Vielleicht hilft »Der spazierende Mann« aber dabei, einmal Stress und Hektik für kurze Zeit ganz abzustreifen – am besten, indem man dieses leider recht schmale und schnell durchgelesene Manga-»Beruhigungsmittel« gleich mehrfach durchstöbert, um die vielen Details in und zwischen den Panels irgendwann wirklich alle zu entdecken und aufzunehmen.

 

Und als krönender Abschluss: Ein Spaziergang mit geöffneten Sinnen und wachem inneren wie äußeren Auge. Frei nach Jiro Taniguchi, mit dem sogar ein Spaziergang oder eine Runde mit dem Hund zum Erlebnisfest für die Sinne wird.

 

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 202404240216249df4b80c
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Comic:

Der spazierende Mann

von Jiro Taniguchi

Paperback m. Klappenbroschur, 165 Seiten

Carlsen, März 2009

ISBN: 3551777918

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 30.04.2009, zuletzt aktualisiert: 24.03.2024 18:50, 8663