Der Tag bricht an (Autor: Robert Merle; Fortune de France 6)
 
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Der Tag bricht an von Robert Merle

Reihe: Fortune de France Band 6

 

Rezension von Ralf Steinberg

 

Klappentext:

Frankreich kurz vor der Wende zum Jahr 1600. Pierre de Siorac, Henri Quatres charmanter, kluger Diplomat, muß wieder einmal die Pferde

satteln, er muß seine neueste, zärtliche Liebe, die Herzogin von Guise,

verlassen und unter großer Geheimhaltung nach Rom reisen - wenig später dann auch nach Madrid. Die beiden Häupter des Katholizismus in Europa machen Front gegen die Toleranzpolitik des französischen Königs. Der Papst hat ihn exkommuniziert, und der sterbende Monarch im Escorial will kein anderes als ein spanisch beherrschtes und also katholisches Europa bis hinauf nach Flandern. Die Jesuiten in Frankreich schärfen ihren Dolch und ihre Argumente. Henri Quatres Leben ist tagtäglich in Gefahr. Was Robert Merle aus diesem Stoff macht, ist ein grandioser politischer Roman, ein Feuerwerk an Geist, Witz, Ironie. Und wie immer wird Pierre so manche wundervolle oder auch gefährliche Frau verführen, um seine Mission erfolgreich zu beenden - und über soviel Politik auch die Süße des Lebens nicht zu vergessen.

 

Rezension:

Der sechste Band von Robert Merles Symphonie französischer Geschichte erschien bereits 1985 und fand nun auch endlich den Weg in deutsche Buchhandlungen. Damit schloss sich die große Lücke, die der Aufbau-Verlag schuf, als man sich dort entschied, die Bände vier bis sechs hintendran zu hängen, wenn der Autor seine Arbeit an der Serie beendet hätte.

Der Tod Robert Merles setzte dieses Ende wohl etwas früher, als vom Verlag erwartet.

Dabei berichtet der Protagonist Pierre de Siorac seiner „schönen Leserin“ von seinen Abenteuern in einer für die französische Geschichte sehr bedeutungsvollen Zeit.

Zwar finden seine Memoiren mit diesem Band ihr Ende, aber Robert Merle lässt schon in Band 7 der Fortune de France Serie den Sohn diese Tradition fortsetzen.

 

Mit Henri Quatres erfolgreicher Rückeroberung Frankreichs wurde die Voraussetzung für den absolutistischen Staat geschaffen und mit dem Edikt von Nantes ein überaus blutiger Religionskrieg beendet. Oder zumindest fast. Ursprünglich wollte Merle auch genau hier seine Historie enden lassen, aber über genau dieses „fast“ stolperte auch er, wie man im Vorwort zum Folgeband Der wilde Tanz der Seidenröcke nachlesen kann.

 

Bei all den welterschütternden Ereignissen hat unser Marquis de Siorac seine Finger im Spiel. Und nicht nur die. Seine grenzenlose Liebe der Weiblichkeit hilft ihm bei seinen geheimen Missionen ebenso, wie die überaus raffinierten Verbindungen, die er mit einigen der einflussreichsten Männer und Frauen, eingeht.

Neben den geschichtlichen Begebenheiten, etwa dem Tod Phillipps II. von Spanien oder der Absolution Henri Quatres in Rom, erzählt Merle pointiert viele kleinere Geschichten, die die Zeit um 1600 lebendig werden lassen. Vom Geruch über der Kleiderordnung bis hin zum Essen serviert uns der Autor ein reichhaltiges Bouquet, dessen Farbenpracht ungemeinen Spaß beim Lesen bereitet.

In einem kurzen Intermezzo lässt Merle Siorac auch erklären, indem dieser sich an seine „schöne Leserin“ wendet, warum er soviel über Kriege berichtet:

„Trotzdem, bedenken Sie bitte, dass dem Bild, das ich von unserer Zeit zu entwerfen versuche, die Farben der Wahrheit fehlen würden, wenn ich diese Momente ausließe, in denen Frankreichs Schicksal, ja sogar seine Existenz, auf Messers Schneide stand.“

Die besondere französische Note, frivol und fröhlich zugleich, unbeschwert von geschichtlichen Depressionen, macht das Besondere an diesem Roman aus.

Die Nähe zu Dumas ist zwar zu spüren, jedoch hat Merle keine Scheu über Sex zu reden, oder aber wie in der Sterbeszene Phillips, über Urin und Kot zu schreiben.

Der Marquis de Siorac ist ein traditioneller Held, er ist klug, attraktiv, weltgewandt, kann sehr gut fechten und mit Menschen umgehen. Er unterliegt der klassischen Unfehlbarkeit des Abenteurers und seine Lebensgeschichte ist alles andere als ein Drama.

Dem Leser wird somit ein kurzweiliges Leben zu teil, das spielerisch geschichtliches Wissen vermittelt, in einer Breite und Gründlichkeit, die zum Staunen zwingt.

Merle bedient sich dabei einer geschliffenen Sprache, die er sogar mit Lokalkolorit versieht, etwa wenn sich Sioracs Sprache an die italienische Fülle und der spanischen Grandezza anpasst. Trotzdem bleibt Merle modern. Seine Erklärungen lateinischer Begriffe oder spezieller fremdsprachiger Ausdrücke nehmen exakt Rücksicht auf das zu erwartende Wissensniveau seiner Leser.

 

Fazit:

Der Tag bricht an ist ohne Zweifel ein Meisterwerk des historischen Romans und macht furchtbar neidisch, dass es für die deutsche Geschichte keine vergleichbare Reihe wie die Fortune de France gibt.

 

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Titel:

Der Tag bricht an

Original: La Pique du Jour

Reihe: Fortune de France 6

Übersetzerin: Christel Gersch

Aufbau Verlag Berlin, 2005

480 Seiten, Taschenbuch

 

ISBN: 3746612098

 

Erhältlich bei Amazon


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Erstellt: 20.01.2006, zuletzt aktualisiert: 18.04.2024 09:19, 1786