Druckversion: Der Thron von Melengar (Autor: Michael J. Sullivan; Riyria 1)

Der Thron von Melengar von Michael J. Sullivan

Reihe: Riyria 1

 

Rezension von Markus Mäurer

 

Rezension:

Der Thron von Melengar ist eine rasante Gaunergeschichte mit Fantasyelementen, die nicht versucht, mehr zu sein, als sie tatsächlich ist. Gaunergeschichten sind in der Fantasy ein beliebtes Thema. Das heißt, die Protagonisten des Romans sind Diebe, die in der Regel das ganz große Ding planen, so wie in Brandon Sandersons Mistborn oder in Scott Lynchs Die Lügen des Locke Lammora. Sullivans Buch ist da weitaus weniger ambitioniert. Die Diebe Hadrian und Royce - die unter dem Namen Riyria firmieren – sind zwar Meister ihres Fachs und begehen ein, zwei spektakuläre Einbrüche, aber ein großer Plan steckt nicht hinter der ganzen Geschichte. Vielmehr stolpern sie bei einem Auftrag in eine Falle, stehen plötzlich als Königsmörder da und begeben sich mit einem unfreiwillig entführten Prinzen auf die Flucht.

 

Sullivan gehört neben Anthony Ryan momentan zu den angesagtesten neuen Fantasyautoren im englischsprachigen Raum. Ryans Bloodsong wird demnächst übrigens auch bei Hobbit Presse bzw. Klett/Cotta erscheinen. Anders als bei »Bloodsong« – das eine Entwicklungsgeschichte über mehrere Jahre erzählt – spielt die Handlung von »Der Thron von Melengar« an wenigen Tagen. Aus der Gaunerfantasy wird schnell Reisefantasy, in der eine zusammengewürfelte Gruppe eine bestimmte Quest erledigen muss. Und natürlich muss dabei das Königreich gerettet werden.

 

Das ist inhaltlich eigentlich nur typische 08/15-Fantasy, ohne besonders originellen Ideen – aber immerhin gut gemachte. Die Figuren sind sympathisch und witzig (vor allem das coole Gaunerduo Riyria mit seinen flotten Sprüchen). Der Intrigenstadl am Hof und in den Königreichen ist überschaubar, aber die Hintergrundgeschichte wirkt interessant. Da sehe ich Potenzial, dass es in den Folgebänden noch komplexer und abwechslungsreicher wird (große Verschwörung durch die Kirche usw.).

 

Mit dieser Veröffentlichung scheint es auch einen kleinen Strategiewechsel bei Klett/Cotta zu geben. Weg von anspruchsvollen, kreativen Hardcovertiteln (die sich anscheinend nur noch mit dem Namen Rothfuss verkaufen) abseits des Mainstreams (sofern die neben dem ganzen Hobbitkram überhaupt noch in den letzten Jahren erschienen sind), hin zu einfacher gestrickteren Titeln im Paperback. Man scheint sich dem Massenmarkt anzunähern. Was nicht heißen soll, dass die neuen Bücher von Anthony Ryan und Michael J. Sullivan schlecht sind. Sind halt nur relativ überraschungsfrei aber gut erzählt.

 

Kommen wir aber noch mal auf »Der Thron von Melengar« zurück. Die Stärke des Romans liegt im lockeren Erzählton des Autors und in der Ausarbeitung seiner Figuren. Zum einen die beiden Gauner, denen natürlich etwas Geheimnisvolles anhaftet, mit all den Andeutungen bezüglich ihrer Vergangenheit, zum anderen der junge Prinz, der plötzlich König sein muss und sich inmitten einer Verschwörung wiederfindet, in der auch ihm nach dem Leben getrachtet wird. Der Vierte in der Gruppe versteht es besonders, den Leser in auf seine Seite zu ziehen. Der junge Mönch Myron, der noch nie die Klostermauern verlassen hat, noch nie eine Frau oder ein Pferd gesehen hat und die Reise in der ungleichen Gruppe mit viel Angst aber auch unbändigem Staunen antritt.

 

Die Buchreihe wurde von Sullivan ursprünglich im Eigenverlag in sechs Teilen herausgebracht. Später wurden sie vom Verlag Omnibus gekauft und als Trilogie zusammengefasst veröffentlicht. Wenn ich das richtig sehe, hält sich Klett/Cotta an die ursprünglichen sechs Teile. Bleibt zu hoffen, dass es Sullivan anders als jüngst Ken Scholes ergeht, und die Reihe (die im Original bereits komplett erschienen ist) auch komplett auf Deutsch abgeschlossen wird.

 

»Der Thron von Melengar« folgt übrigens nicht dem von Game of Thrones ausgelösten Grim-and-Gritty-Trend (der erste Band wurden aber auch 2008 lange vor dem Serienhype veröffentlicht). Das Buch hält sich mit Blut und Brutalität ebenso erfreulich zurück wie mit Vulgarität und düsterer, dreckiger Stimmung. Was nicht heißt, dass nicht gekämpft wird. Am Ende gibt es sogar eine kleine Schlacht und einige spektakuläre Actionszenen. Die Verschwörungsgeschichte weißt zwar einige geschickte Wendungen bzw. Ambivalenzen auf, gestaltet sich schlussendlich aber doch sehr vorhersehbar. Ich wusste zumindest von Anfang an, wer hinter den Untaten steckt. Auch läuft das es für unsere Helden oft zu glatt. Wäre die Geschichte ein Computerspiel, würde man es auf dem einfachsten Schwierigkeitsgrad durchspielen.

 

Das Buch ist vor allem für LeserInnen interessant, die noch nicht so viel Fantasy gelesen haben. Wer sich im Genre gut auskennt, wird schnell das Gefühl haben, alles schon irgendwo gelesen zu haben. So ging es mir zumindest. Überraschenderweise hat es mich aber nicht gestört. Von einer schweren Erkältung niedergestreckt, habe ich das Buch an zwei Tagen weggelesen. Ich freue mich schon auf Band 2, wenn ich ihn auch nicht mit großer Spannung erwarte.

 

Zum Schluss möchte ich noch die einwandfreie Übersetzung von Cornelia Holfelder-von der Tann erwähnen. Vom Original kenne ich nur die Leseprobe, aber es liest sich alles flüssig und stimmig und passt vom Vokabular zum Setting, dass ein wenig an die vielen feudalen Fürstentümer der vergangenen Jahrhunderte erinnert. Auch die altmodische Sprache des geheimnisvollen Gefangenen ist gut gelungen.

 

Ach ja, die Erwähnung von Elben und Zwergen wirkt bisher noch ein wenig wie ein Fremdkörper, da sie bis auf einen erfindungsreichen Zwerg nichts zur Geschichte beitragen. Sie werden hier und da mal erwähnt, aber es fühlt sich insgesamt mehr wie ein rein menschliches Setting an.

 

Fazit:

Ein guter Auftakt, der in den nächsten Bänden aber hoffentlich sein Potenzial voll entfaltet und mehr in die Tiefe geht und die Hintergründe ausarbeitet.

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Buch:

Der Thron von Melengar

Reihe: Riyria 1

Original:Theft Of Swords: The Riyria Revelations, 6. Oktober 2011

Autor: Michael J. Sullivan

Übersetzerin: Cornelia Holfelder-von der Tann

ca. 378 Seiten

Klett-Cotta, 21. Februar 2014

 

ISBN 10: 3608960120

ISBN-13: 978-3608960129

 

Erhältlich bei: Amazon

 

Kindle-ASIN: B00HELI7FS

 

Erhältlich bei: Amazon Kindle-Edition

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240418192332c6bb6632
, zuletzt aktualisiert: 24.03.2024 19:16