Der unheimliche Geisterrufer von Michael Scott
Reihe: Die Geheimnisse des Nicholas Flamel, Bd. 4
Rezension von Christel Scheja
Mit „Der unheimliche Geisterrufer ist mittlerweile der vierte von sechs geplanten Bänden der Reihe “Die Geheimnisse des Nicholas Flamel” erschienen. Langsam zieht die Dramatik in der groß angelegten Urban-Fantasy-Saga an, die immer noch mit den Mythen und Helden der irdischen Geschichte spielt, nun aber noch viel weiter in die Vergangenheit greift.
Im Mittelpunkt stehen immer noch die Zwillinge Josh und Sophie Newman, die vor nicht einmal einer Woche erfahren haben, dass sie die auserwählten Zwillinge sind, die schon bald die Weltordnung auf den Kopf stellen sollen, wenn es das Schicksal erlaubt. Ihr Lehrmeister auf diesem Weg waren bisher Nicholas Flamel, ein mehrere hundert Jahre alter Alchemyst und seine Frau Perenelle. Sie haben viele bizarre Wesen und Gestalten kennen gelernt, die sie teilweise nur für Figuren aus Geschichten gehalten haben, wie die antiken Götter oder Helden. Diese waren zum Teil ihre Beschützer und ebenfalls Lehrmeister, aber es gibt auch gefährliche Feinde, die großes Interesse daran haben, „Die Zwei, die Eins“ sind, aufzuhalten, allen voran Dr. John Dee, der im Auftrag einer noch älteren Macht arbeitet.
Allerdings drängt die Zeit, da Flamel und seine Frau den „Codex“ verloren haben, durch den sie sich den Unsterblichkeitstrank brauen können. Sie haben nur noch weniger als einen Monat Zeit. Und dem Feind ist es gelungen, Scathach und andere Freunde von ihnen zu trennen oder gar zu töten. Neben Dee haben noch andere ihr wahres Gesicht gezeigt, wie etwa der umtriebige Machiavelli.
Zudem ist Josh bereits den Einflüsterungen von des englischen Alchemisten und ehemaligen Vertrauten von Königin Elizabeth I. erlegen und traut weder den Flamels noch seiner Schwester wirklich, so dass er in dem Kampf zu einem unberechenbaren Faktor wird. So spitzt sich die Lage zu, als die Zwillinge nach San Francisco und dort erst einmal in ihr altes Leben zurückkehren, denn nicht nur, dass Sophie plötzlich von einer Frau entführt wird, die Scathach erschreckend ähnlich sieht, auch ein neuer Plan Dees wird ersichtlich.
Da dieser selbst in Bedrängnis gerät, scheint dieser beschlossen zu haben, eine unheimliche und unkontrollierbare Macht zu befreien, die schon längst in andere Sphären verbannt war. Und er hat auch schon jemanden im Auge, der ihm dabei helfen soll ...
Ausgerechnet jetzt sind die Flamels auch so gut wie alleine, denn ihre restlichen Mitstreiter haben in der fernen Vergangenheit einen wichtigen Auftrag in der Stadt Danu Talis zu erfüllen.
Die Saga hat nun einen der Mittelbände erreicht, in dem eigentlich nicht wirklich viel enthüllt, sondern noch weitere Fragen aufgeworfen werden. Auf der einen Seite verdichtet sich die Mythologie der Serie, da man erfährt, wer nun mit wem viel enger zusammengehört, zum anderen passiert handlungstechnisch nicht so viel.
Die Abenteuer bleiben beschränkt, die Zwillinge verharren mit ihren Beschützern eine ganze Weile im heimatlichen San Franciso, denn nun ist es an den jungen Helden, ihren Platz in dem ganzen Drama zu finden und sich selbst darüber klar zu werden, inwieweit sie sich in die Ziele der anderen einfügen wollen.
Das erweist sich als nicht ganz so einfach wie sich zeigt, denn in Josh wurden in der letzten Zeit durch Kontakte mit Dee starke Zweifel an der Ehrlichkeit der Flamels gesät und lässt sich nicht so leicht von seinem Misstrauen abbringen.
Allein Sophie bewahrt Abstand genug, um sich selbst ein Bild zu machen und bleibt auf der Seite der Flamels. Sie ist diesmal die Vernunftbegabtere, die sich nicht von ihren Gefühlen leiten lässt, aber das hat auch einen ganz besonderen Grund.
Man ahnt, dass es vermutlich in den nächsten Bänden noch zu einem gehörigen Zwist und vielleicht sogar Duell zwischen den Geschwistern kommen wird. In dieser Hinsicht benutzt der Autor sehr klassische Handlungsmuster.
Auffällig ist, dass der Autor diesmal die Auftritte der Helden beschneidet und sich dafür die Zeit nimmt, die Erlebnisse der Nebenfiguren – Freunden wie Gegenspielern - auf anderen Ebenen zu schildern und deren Abenteuer fortzuspinnen. So bekommen diese noch ein wenig mehr Profil, was sie zu sehr lebendigen Gestalten macht, die mehr als nur Stichwortgeber für die Zwillinge oder Kanonenfutter sind. Allein die „älteren Mächte“ bleiben etwas schattenhaft, aber das kann sich durchaus auch noch ändern.
Alles in allem stimmt auch diesmal wieder die Atmosphäre, da die Vermischung von Mythologie, Geschichte und Gegenwart weder anachronistisch noch antiquiert und schon gar nicht aufgesetzt wirkt.
Vielleicht ist die Spannung in „Der unheimliche Geisterrufer“ nicht so hoch wie in den vorhergehenden Bänden der Saga um „Die Geheimnisse des Nicholas Flamel“, aber die Geschichte fesselt weiterhin ungemein, da der komplex verwobene Hintergrund weiter ausgebaut wird und so neugierig auf die Fortsetzung macht.
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