Der widerspenstige Planet (Autor: Robert Sheckley)
 
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Der widerspenstige Planet von Robert Sheckley

Rezension von Ralf Steinberg

 

Verlagsinfo:

Utopisch, satirisch, visionär, rasant, bezaubernd, geheimnisvoll ... ganz und gar fantastisch sind die Erzählungen Robert Sheckleys, der schon vor Jahrzehnten die Welt der Zukunft akkurat beschrieben hat. Erstmals in einem Band gesammelt und komplett neu übersetzt - die besten Erzählungen eines einzigartigen Genies.

 

Rezension:

Der amerikanische SF-Autor Robert Sheckley wird oft als einer der ganz Großen des Genres bezeichnet. Im Rahmen seiner Meisterwerke-Reihe veröffentlicht Heyne nun einen Mix aus frühen Erzählungen, einem Roman und dreier Stories aus den Siebzigern. Die Auswahl ist zumindest diskussionswürdig, jedoch sollte man froh sein, dass es Sheckley endlich einmal wieder in die Liste der Neuerscheinungen gebracht hat, denn das hat er tatsächlich verdient, wovon man sich nun selbst überzeugen kann.

 

Die SF-Geschichten der 50er sprühen über vor fantastischen Ideen, die uns heute zwar nicht unbedingt besonders neu vorkommen, aber in Hinblick auf ihre Entstehungszeit mehr als nostalgische Gefühle wecken. Stilistisch jedoch sind sie immer noch erstaunlich lesenswert. In seinem Vorwort wies Harry Harrison darauf hin, wie unterschiedlich der Duktus der einzelnen Stories ist, stets angepasst an den Inhalt. Diese spezielle Kunstfertigkeit, das explizite Eingehen auf die sprachlichen Bedürfnisse der Handlung führen besonders bei den Stories, die aus der Sicht von Aliens geschrieben wurden, zu einer beeindruckenden Natürlichkeit.

 

Dabei sind nicht alle Geschichten reine SF. Fütterungszeit ist eher eine typische Pointenstory mit phantastischem Aufhänger, zudem auch vorhersehbar.

 

Ein heute typisches Motiv verfolgt Sheckley in Das siebte Opfer. Die Jagd auf Menschen mit festgelegten Regeln für Jäger und Opfer taucht mehrmals in der Sammlung auf - hier liegt der Schwerpunkt wieder auf die finale Wende, die zwar nicht unvorhergesehen kommt, aber in ihrer Kaltblütigkeit überrascht.

 

Spezialist erzählt von einem Erstkontakt aus der Sicht von Aliens. Sheckley gelingt es hier mit wenigen Seiten tief in die Psyche einer fortgeschrittenen Zivilisation einzudringen, lange bevor eine derartige Herangehensweise typisch für SF wurde.

 

Eine wunderbar melancholische und einfach nur tolle Story ist Und führet mich zu stillen Wassern, die noch einmal betont, wie vielseitig Sheckleys Stilistik ist.

 

Auch in Formfragen steht die Innensicht eines Aliens im Mittelpunkt der Geschichte. Während die Menschen als fremdartig dargestellt werden, wirkt das strenge Kastensystem der Aliens seltsam vertraut und kann zu den deutlich satirischen Texten Sheckleys gezählt werden.

 

In Pfadfinderspiele fällt es dem Leser nicht schwer, die fremdartige Situation zu verstehen, die aus der Sicht völlig skurriler Aliens beschrieben wird und sich über die Pointe zu amüsieren.

 

Aber auch politisch war Sheckley ein punktgenauer Kommentator. Ein Irrtum der Regierung ist eine bitterböse Farce auf die McCarthy/Hoover-Ära und ihrer unglaublichen Paranoia. Sie wird hier ins Gegenteil getrieben, als sich die Hauptfigur über zu wenig Bespitzelung aufregt.

 

In Der widerspenstige Planet bewies Sheckley sein Gespür als SF-Autor für Visionen - die Öko-Story stellte zu ihrer Zeit schon eine ganz besondere Provokation dar.

 

Utopia mit kleinen Fehlern rechnet mit dem Wunsch des Menschen ab, eine perfekte Gesellschaft nach Oberflächlichkeiten zu bemessen. Bitterböse entwirft Sheckley eine Phantasie jenes Utopia, das nur formal den Anforderungen entspricht.

 

Ähnlich ergeht es dem Protagonisten in Pilgerfahrt zur Erde. Auch er muss sich mit der Differenz zwischen Traum und Realität auseinandersetzen. Die absurden Gesellschaften Sheckleys erstaunen dabei immer wieder durch das Selbstverständnis ihrer Figuren, die auch mit den seltsamsten Dingen ganz normal umgehen - wie wir selbst ja auch.

 

Etwas bekannter dürfte Das Millionenspiel durch die Verfilmung von Tom Toelle aus dem Jahre 1970 nach dem Script von Wolfgang Menge sein. Die fiktive Geschichte um eine TV-Show in der sich ein Kandidat eine Woche lang vor Killern auf der Flucht befindet, ist nicht nur eine grandiose Vorwegnahme vieler Fernsehformate, sie zeigt erneut an, wie scharf Sheckley in die Zukunft blickte und diese Visionen auch grandios in Worte zu setzen vermochte.

 

Der Roman Die Jenseits-Corporation zerreißt etwas die Sammlung, die durch die kurzen und prägnanten Texte einen ganz eigenen Drive hatte. Allerdings ist der Text qualitativ durchaus passend. Sheckley setzt sich in ihm sehr intensiv mit der Bedeutung eines Lebens nach dem Tod auseinander und wirft satirische Seitenblicke auf Geister, Zombies und den Marktwert von Religion.

 

Die letzten drei Kurzgeschichten stammen aus den 70er Jahren und wirken auch insgesamt gereifter. Im Mittelpunkt stehen nicht mehr so sehr die Ideen, sondern die Figuren. Ganz deutlich wird das in Das geteilte Ich, eine Story um die Selbstfindung im wortwörtlichen Sinn. Dass Sheckley dabei natürlich recht wild mit exotischen Handlungsschauplätzen spielt, fördert den Spaß an der Geschichte zusätzlich.

 

Der stille Höhepunkt des Bandes jedoch ist Pas des Trois.

Eine recht simple Geschichte wird jeweils aus der Sicht der drei beteiligten Personen erzählt, die offenbar jeder eine eigene Erinnerung daran haben. Einfach, präzise und magisch.

 

Der erste Kontakt ist danach ein starker Kontrast, handelt es sich hierbei doch wieder um eine sehr satirische Erstkontakt-Story, die böse mit Militarismus und Bürokratie ins Gericht geht.

 

Den Abschluss der Sammlung bildet eine Skurrile Zeitreisegeschichte, die stark an Stanislaw Lem erinnert, jedoch den Eindruck hinterlässt, nicht zum Punkt zu kommen.

 

Fazit:

Eine aufregende Reise durch Sheckleys Welt der Ideen und Vielfältigkeit. Wer immer schon mal wissen wollte, was nun so meisterlich an diesem amerikanischen SF-Autor ist, wird es nach der Lektüre wissen.

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 202403291028344bbf0c87
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Buch:

Der widerspenstige Planet

Erzählungen

Autor: Robert Sheckley

Taschenbuch, 700 Seiten

Heyne, 2. November 2009

Vorwort: Harry Harrison

 

ISBN-10: 3453525620

ISBN-13: 978-3453525627

 

Erhältlich bei: Amazon

 

Inhalt:

<typolist>

Fütterungszeit (Feeding time), 1953

Das siebte Opfer (The seventh victim), 1953

Spezialist (Spezialist), 1953

Und führet mich zu stillen Wassern (Beside still waters), 1953

Formfragen (Keep youre shape), 1953

Pfadfinderspiele (Hunting problem), 1955

Ein Irrtum der Regierung (Citizen in space), 1955

Der widerspenstige Planet (The mountain without a name), 1955

Utopia mit kleinen Fehlern (A ticket to Tranai), 1955

Pilgerfahrt zur Erde (Pilgrimage to earth), 1956

Das Millionenspiel (The prize of Peril), 1958

Die Jenseits-Corporation ( Immortality Inc.), 1958

Das geteilte Ich (The Humours), 1958

Pas de trois (Pas de troisof the Chef and the Waiter and the Customer), 1971

Ein erster Kontakt (A supplicant in space), 1973

Endstation Zukunft (Slaves of time), 1974

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Erstellt: 26.02.2010, zuletzt aktualisiert: 10.03.2024 18:58, 10100