Der Wolf und wir von Kurt Kotrschal
Rezension von Christel Scheja
Der Wolf – kaum ein Tier wird in der modernen Welt ambivalenter behandelt, als das Raubtier, aus dem sich des Menschen bester Freund entwickelte. Die einen sehen in ihm immer noch das Monstern und den Schädling, der ausgerottet werden muss, weil er angeblich unkontrolliert Nutztiere und Wild reißt, so auch die Gefahr besteht, dass er Menschen angreift. Andere wieder sehen in ihm ein mythisches Wesen, eine Urkraft die für unbezähmbare Wildheit steht oder versuchen ihn gar den Hunden gleich zu setzen und dadurch auch zu verniedlichen.
Die Wahrheit ist allerdings eine ganz andere. Das versucht Kurt Kotrschal, seines Zeichens Verhaltensforscher, emeritierter Professor und Mitbegründer des Wolf Science Center zu vermitteln.
Der Autor und Wissenschaftler greift dabei auf seinen langjährig erarbeiteten Erfahrungen und Erkenntnisse zurück, versucht durch Schilderung eigener Erlebnisse und einer von Fremdworten freien Beschreibung auch Laien zu vermitteln, was einen Wolf wirklich ausmacht und warum er eigentlich keine Gefahr für den Menschen darstellt, sondern eher einen Segen.
Dabei führt er nicht nur die Erfahrungen im Yellowstone-Nationalpark an, auch in Europa gibt es durchaus Gegenden in denen Wölfe und Menschen gut miteinander auskommen.
Er rollt dabei auch die jahrtausendealte Geschichte zwischen den beiden Gruppen auf und geht sehr genau darauf ein, was die heutigen Hunde von den Wölfen unterscheidet und warum man sie nicht miteinander gleichsetzen kann.
Zudem räumt er mit Vorurteilen und Mythen auf, prangert zum Teil auch die konservativen Gruppen an, die gar nicht von diesen Vorstellungen abkommen wollen, weil sie das in ihrem Denken und handeln beschneiden könnte.
Das Buch ist auf eine besondere Art und Weise Pro-Wolf. Der Autor versucht ausgeglichen zu beschreiben, welche Spielregeln im Umgang mit Wölfen wichtig sind und warum es dennoch immer wieder zu Katastrophen kommen kann. Schuld ist daran meistens der Mensch durch sein Verhalten, gefördert durch Vorurteile und Ignoranz, fehlenden Respekt und Achtung. Denn immerhin treten sie hoch intelligenten und sozialen Wesen entgegen, die man allerdings auch nicht vermenschlichen sollte, weil ihr Umgang miteinander doch ein anderer ist.
Interessant sind auch seine Ausführung bezüglich der Unterschiede zwischen Hunden und Wölfen. Denn auch wenn diese sich biologisch immer noch vermischen können, so gibt es doch im Sozialverhalten frappante Unterschiede, teilweise auch nicht zum Guten.
Am Ende ist man auch als Laie an Wissen und Verständnis um die Wölfe reicher, denn die Erörterungen sind ausführlich, gut verständlich und flüssig lesbar, führen auch die Gegenargumente mit Begründungen auf, um dann einen anderen Blick darauf zu erzeugen. Und sprechen sich ganz deutlich für die Wiederansiedlung der Wölfe aus, die dabei helfen die Natur gesünder zu erhalten als es die Menschen jemals könnten. Zugleich räumt der Autor mit vielen verklärten Vorstellungen auf, die den Wolf in einigen Kreisen zu einem Wunderwesen gemacht haben. Er erklärt aber auch noch einmal genau, warum man ebenso wenig Hunde in ihnen sehen sollte. Letztendlich macht das das Buch auch für Leute interessant, die einen vierbeinigen Freund an der Seite haben.
Fazit:
»Der Wolf und wir« ist ein mehr als gelungenes Sachbuch, dass auf sehr faire und wissenschaftlich fundierte Weise selbst für Laien die Augen für das Thema öffnet und mit vielen Mythen und Vorurteilen aufräumt. Es appelliert sehr deutlich daran, dass Wölfe ein Segen für Europa sind, wenn man sie mit dem entsprechenden Respekt und der Achtung behandelt, die sie verdienen, dabei aber auch bestimmte Verhaltensregeln nicht vergisst.
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