Der Zauberer (Autor: Gene Wolfe; Mythgarthr Bd. 2)
 
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Der Zauberer von Gene Wolfe

Reihe: Mythgarthr Band 2

 

Rezension von Christian Endres

 

Zum zweiten Mal begleiten wir Gene Wolfes Helden der etwas anderen Art in die Fantasy-Welt der etwas anderen Art, um abermals eine Geschichte der – Überraschung! – anderen Art zu erleben – und begegnen dieses Mal unter anderem (wieder) Königen, Riesen, Rittern, Feen, Ogern und Drachen, denen Sir Able sich mit Heldenmut, besonderen Fähigkeiten und der Hilfe seiner Gefährten entgegenstellen muss ...

 

Sir Able ist zurück; zurück von den Toten, zurück auf Mythgarthr, zurück in seinem Leben als mutiger Ritter, der noch die ein oder andere Aufgabe zu erfüllen hat, dabei aber leider nicht auf all seine alten und vor allem neuen Fähigkeiten und Kräfte zurückgreifen bzw. zugreifen darf – was sehr bedauerlich ist, denn die Gefahren und Hindernisse, die sich dem tapferen Ritter in den Weg stellen, sind auch diesmal wieder nicht ganz ohne und könnten hie und da durchaus eine Sonderbehandlung vertragen ...

 

Zunächst einmal das, was mich an der Fortsetzung zu »Der Ritter« wirklich gefreut hat: Es werden einige Wissenslücken geschlossen, und man erfährt hie und da brockenweise immer wieder mal etwas über die Hintergründe und Vergangenheit Mythgarthrs. Nachdem ich gerade bei Teil eins ja die vielen offenen Fragen und fehlenden Informationen bemängelt habe, hat es mich natürlich entsprechend gefreut, hier nun endlich einige Antworten zu bekommen und nicht länger im Dunkeln zu tappen, ja die Welten um Mythgarthr endlich mit den Augen eines Wissenden sehen und bestaunen zu können.

 

Das alles reicht aber nicht, um die Längen der Geschichte zu kaschieren, die diese gerade wieder zu Beginn, im Land der Eisriesen, deutlich zur Schau trägt und das Lesen streckenweise zu einem eher zähen Vergnügen verkommen lässt. Dazu kommen dann auch noch teils recht hölzerne Dialoge und ein Schreibstil, mit dem ich – wie schon im ersten Teil – nur bedingt warm geworden bin. Die Ich-Perspektive vermischt sich im zweiten Band dann auch noch mit einer Art allwissendem Erzähler (dazu stets der Hintergedanke, dass es ja eigentlich ein langer Brief ist, den wir hier lesen – nun, ob das wirklich so geschickt war und ob man da nicht im Original-Lektorat geschrieen hätte, wenn der Autor nicht Gene Wolfe heißen würde, sei nun einfach einmal boshaft dahingestellt), und auch hier muss man sich wieder drauf einlassen und erst einmal damit zurecht kommen.

 

Die Aufmachung des zweiten Hardcovers der Mythgarthr-Saga besticht wie üblich durch eine tolle Verarbeitung und äußerst gelungene Gestaltung. Schutzumschlag, Lesebändchen, gutes Papier, ein sauberes Druckbild und die Illustrationen zu Beginn jedes neuen Kapitels gehören spätestens seit dem ersten Band zum »Standard«. Solche Bücher stellt man sich einfach gerne ins Regal, nimmt sie gerne in die Hand und schmökert oder blättert einfach nur gerne in ihnen. Wunderbar!

 

Ach ja, bevor ich’s vergesse: Es freut mich ungemein, dass man bei Klett Cotta den sinnigen Schritt getan und die legendäre Hobbit Presse als Sublable für die Fantasy-Titel reanimiert hat. Somit werden Erinnerungen an viele bezaubernde Lesestunden mit (natürlich) J. R. R. Tolkien und Mittelerde vor der Popularität der Filme, aber eben auch Peter S. Beagle oder Lord Dunsany wach.

 

Fazit: Ich habe viele Hoffnungen in den zweiten, abschließend Band von Wolfes Mythgarthr-Saga gesetzt – und muss an dieser Stelle leider gestehen, dass sich nur die wenigsten dieser Hoffnungen erfüllt haben.

 

Der Funke ist zudem auch diesmal wieder (und leider, wie ich noch einmal betonen muss) viel zu selten übergesprungen. Bis auf Mani, den hochnäsig-geheimnisvollen Kater, konnte ich beim zweiten Abstecher in Wolfes Zauberwelt einfach nur schwer eine Beziehung zu den einzelnen Figuren aufbauen, zumal Sir Able, an sich ja noch der Sympathieträger aus dem ersten Band, an vielen Stellen einfach zu oft nur am Rande, im Hintergrund oder gar überhaupt nicht an den Schlüsselszenen beteiligt ist.

 

Sicherlich mag »Der Zauberer« wieder als Werk von großer Subtilität und Mehrschichtigkeit angepriesen werden, und wer den ersten Band mochte, der wird auch mit dieser Fortsetzung seine Freude haben – ich für meinen Teil kann jedoch nicht in die Lobeshymnen auf Wolfes »modernen Fantasy-Klassiker« einstimmen und muss seiner Mythgarthr-Saga bestenfalls eine durchschnittliche Gesamtnote aussprechen.

 

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Buch:

Der Zauberer

Reihe: Mythgarthr Band 2

Autor: Gene Wolfe

Übersetzer: Jürgen Langowski

Gebundene Ausgabe, 566 Seiten

Klett-Cotta, August 2006

 

ISBN: 3608937765

 

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 21.08.2006, zuletzt aktualisiert: 24.03.2024 19:16, 2685