Die Anime-Bibliothek (Autoren: Michael Leader und Jake Cunningham)
 
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Die Anime-Bibliothek von Michael Leader und Jake Cunningham

Der ultimative Guide zum japanischen Animationsfilm

 

Rezension von Ingo Gatzer

 

Die Zeiten, in denen Anime auf »Zeichentrickfilme für Kinder« reduziert wurden, sind glücklicherweise vorbei. Doch noch immer nimmt diese filmische Kunstform bei uns nicht den selben Rang wie im Heimatland Japan ein. Doch wo sollen Interessentinnen und Interessenten angesichts der Vielzahl animierter Filme anfangen? Eine Orientierung will Die Anime-Bibliothek: Der ultimative Guide zum japanischen Animationsfilm geben.

 

Das von Michael Leader und Jake Cunningham verfasste Buch geht auf das Thema »Anime« nicht abstrakt ein. Vielmehr präsentieren die Briten – nach einer knappen Einführung – konkret 30 Werke aus mehr als sechs Jahrzehnten japanischer Animationsgeschichte. Das reicht von Erzählung einer weißen Schlange aus dem Jahr 1958 bis zu dem im letzten Jahr erschienen Anime Belle. Neben älteren und modernen Klassikern wie Akira und dem erfolgreichen Körpertauschfilm Your Name sind auch eher unbekannte Geheimtipps wie Belladonna dabei. Dieser breite Ansatz ist gut gelungen und zeigt auch thematisch eindrucksvoll die Vielseitigkeit des Genres. In den 30 Kapiteln liefern die beiden Anime-Experten zunächst Informationen über den jeweiligen Film sowie die Macher und schließen ihre Darstellung dann mit einer Rezension ab. Eingestreute Textboxen – etwa über Filme mit ähnlicher Thematik – dienen der Vertiefung und liefern weitere Informationen. Die Artikel sind insgesamt kenntnisreich geschrieben und lesen sich angenehm. Hier können nicht nur Neulinge, sondern auch Anime-Fans an einigen Stellen Neues erfahren. Zahlreiche farbige Filmbilder vermitteln zudem eine Vorstellung von der Optik der einzelnen Filme. Zum Abschluss gibt es sogar einen praktischen Index, der das Nachschlagen erleichtert.

 

Ist das Werk von Michael Leader und Jake Cunningham also wirklich »der ultimative Guide zum japanischen Animationsfilm«, wie der Untertitel behauptet? Leider nein. Grund dafür sind vor allem drei explizit gemachte Einschränkungen. Die Autoren stellen nicht nur maximal einen Film pro Regisseur vor, sie konzentrieren sich auch ausschließlich auf Spielfilme ohne Vorlage, die für das Kino kreiert wurden. Deshalb findet auch der derzeit erfolgreichste japanische Anime aller Zeiten – Demon Slayer: Kimetsu no Yiaba – Mugen Train keine Berücksichtigung. Leader und Cunningham lassen leider auch komplett die Arbeit von Studio Ghibli außen vor. Das liegt nicht daran, dass sie die Werke der berühmtesten japanischen Anime-Schmiede nicht schätzen, sondern weil sie bereits ein Buch dazu veröffentlicht haben (Die Ghibliothek: Der inoffizielle Guide zu den Filmen von Studio Ghibli). Dadurch erfahren Leser dieses Buches nur nebenbei von Meisterwerken wie Chihiros Reise ins Zauberland oder Die letzten Glühwürmchen. Qualitativ hätten es ohne diese Einschränkungen sicher gleich mehrere Ghibli-Filme in die Top 30 geschafft. Der Kommentar zu diesem Vorgehen wirkt dann auch noch etwas seltsam: »Aber um ehrlich zu sein, machen Listen doch erst dann so richtig Spaß, wenn sie eigentlich klare Favoriten links liegen lassen und man als Leser oder Leserin das Buch am liebsten an die Wand pfeffern will.«

 

Auch über diese bewussten Einschränkungen hinaus gibt es noch einige kleinere Kritikpunkte. Diese beziehen sich vor allem auf die Filmrezensionen. Zwar sind diese meistens gelungen, einige Passagen sind jedoch sprachlich verbesserungswürdig. Teilweise enthalten die Besprechungen auch Spoiler. So verraten die Autoren etwa ohne Not die zentrale Pointe von »Your Name«. Zudem weist der Index einige Lücken auf. So gibt es etwa in den Texten zahlreiche Verweise und Vergleiche zu »Studio Ghibli«. Im Index selbst fehlt ein Eintrag dazu jedoch komplett.

 

Fazit:

»Die Anime-Bibliothek« bietet eine spannend zu lesende sowie insgesamt gelungene Übersicht über 30 sehenswerte und einflussreiche Animes, die sich sowohl für Neulinge als auch Anime-Kenner eignet. Wegen einiger Beschränkungen und kleinerer Schwächen ist das Werk jedoch leider – anders als der Untertitel dann doch zu vollmundig verspricht – nicht der versprochene »ultimative Guide zum japanischen Animationsfilm«.

 

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Buch:

Die Anime-Bibliothek

Der ultimative Guide zum japanischen Animationsfilm

Autoren: Michael Leader und Jake Cunningham

Übersetzung: Ruben Grest

Panini Verlag, 10/2022

Gebundene Ausgabe, 192 Seiten

 

ISBN-10: 3833242639

ISBN-13: 978-3833242632

 

Erhältlich bei: Amazon

 


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Erstellt: 28.11.2022, zuletzt aktualisiert: 18.04.2024 09:19, 21315