Die Borribles (Autor: Michael de Larrabeiti)
 
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Die Borribles von Michael de Larrabeiti

Rezension von Christel Scheja

 

Manchmal passiert es, dass Kinder zu Borribles werden. Langsam, fast unmerklich verändern sie sich - äußerlich nur wenig, aber innerlich immer mehr. Und dann verschwinden sie einfach - auf dem Weg zu Schule, beim Spielen, Einkaufen oder in der Nacht. Sie schließen sich den anderen an, die in verlassenen Häusern und Fabriken leben.

Es ist ihnen nicht mehr möglich, bei ihren Familien zu bleiben, sie müssen bei denen sein, die wie sie sind und unbeschwert in den Tag hinein leben. Gemeinsam versuchen sie ihren Spaß zu haben, denn die Borribles halten nicht viel von dem Establishment, von einem normalen Leben und Arbeit, die einem die ganze Phantasie raubt.

Viel lieber streifen sie durch Viertel und holen sich das, was sie zum Leben brauchen von den Märkten, sie stehlen und mausen, sie verzichten darauf zu bezahlen. Und neben diesem täglichen Überlebenskampf warten auch noch unzählige Abenteuer auf sie, denn es gibt auch Gefahren über und unter den Straßen Londons, die zu bewältigen sind.

Man liegt in Fehde mit den rattenähnlichen Rumbles, die zwar gierig und immer hungrig sind, aber weitaus dümmer als die Borribles. Immer wieder führt man mit ihnen regelrechte Schlachten, bei denen es auch Tote und Verwundete gibt. Eine weitere Bedrohung ist die Polizei. Denn wann immer diese einen von ihnen gefangen nimmt, verschwindet der Borrible auf Nimmerwiedersehen.

Das sind die Schattenseiten des freien Lebens, dessen sich alle spitzohrigen Kinder bewusst sind. Und nun kommt noch eine weitere dazu, denn die neu auftauchenden Wendels aus den Aussenbezirken der Metropole erweisen sich als raffinierter und skrupelloser als jeder andere Feind, den die Borribles bisher hatten.

Nun ist guter Rat teuer. Denn nun müssen sie einander vollkommen vertrauen und eng zusammenhalten und jeden Strohhalm ergreifen, um gegen die neue Gefahr bestehen zu können. Selbst wenn es bedeutet, dass man sich mit den nach Alkohol gierenden Methylos verbünden muss...

 

Nach mehr als zwanzig Jahren gibt Klett Cotta die ursprüngliche Trilogie nun als kostengünstigeren Sammelband heraus. Die Abenteuer der Borribles spielen nicht in einer phantastischen Welt, sondern im London der späten 1970ger Jahre - und das merkt man dem Roman leider auch an.

Vieles von dem, was damals noch neu und ungewöhnlich war - die moderne Kulisse, in der Wesen plaziert werden, die zwar phantastische Züge haben, aber nicht unbedingt besonders magisch oder ungewöhnlich sind, ist heute gang und gebe. Auch das anarchistische Leben ist heute mehr oder weniger gut vertraut und findet sich sogar in normalen Romanen.

Damit stellen sich zwei Fragen: Gibt es Romane, die ihre Zeit überleben, und heute nicht mehr den Zauber besitzen wie noch zum Zeitpunkt ihres Entstehens? Kann das auch mit Fantasy passieren? Die Antwort ist „ja“, und das beweisen „Die Borribles“ leider nur zu genau. Weder die Eigenheiten der Borribles noch ihre Abenteuer können wirklich überzeugen, sie wirken stellenweise sogar recht hausbacken und wie eine moderne Version von „Peter Pan“, in der die „Verlorenen Jungs“ ja auch ein Leben abseits der Gesellschaft gewählt haben. Genau wie diese werden die Borribles auch nicht unbedingt erwachsen und schon gar nicht vernünftig. Das macht es auch schwer, sich mit den Helden der Geschichte zu identifizieren, die zum einen sehr zahlreich, zum anderen auch nicht besonders tief charakterisiert werden.

Die Handlung selbst ist eher geschwätzig, so dass die wenigen Actionszenen und Abenteuer untergehen und keine recht Spannung aufkommen will.

 

Was letztendlich bleibt ist eine Trilogie, die ihre Zeit ein wenig überlebt hat, und durch ihre eher ruhige und beschreibende Handlung vermutlich eher ältere Fantasy-Leser ansprechen wird, die es nicht mehr ganz so wild mögen und so gestaltete Romane noch mögen.

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240424051626232f9e12
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Die Borribles

Autor: Michael de Larrabeiti

Klappbroschur - 800 Seiten

Klett Cotta, erschienen August 2007

ISBN: 978-3-608-93787-9

Übersetzung aus dem Englischen von Joachim Kalka

Titelbild von Thomas Thiemeyer

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 22.10.2007, zuletzt aktualisiert: 18.02.2024 10:14, 5115