Die Hängenden Gärten (Brettspiel)
 
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Die Hängenden Gärten

Rezension von Björn Backes

 

Die hängenden Gärten der Semiramis in Babylon galten einst als eines der sieben Weltwunder, eine Terassenlandschaft, die inmitten der kargen Wüstenei damals kaum vorstellbar war. Ein wenig verändert wurden diese wundersamen Gärten nun als Aufhänger für einen neuen Titel aus dem Hans im Glück-Verlag verwendet, einer Frühjahrsneuheit, die sich jedoch mehr mit der Architektur der Gartenlandschaft als mit dem Wunder selber beschäftigt. Die Spieler übernehmen folgerichtig den Part des Architekten, errichten eigene Anlagen und bestücken sie mit allerlei Zierde, um vom König reichlich belohnt zu werden. Doch nur ein Entwurf wird dem Monarchen letztendlich so gut gefallen, dass er ihn mit der besten Punktzahl belohnt.

 

 

Spielziel:

 

Auch „Die hängenden Gärten“ baut auf einem feinstens ausgeklügelten Punktesystem auf, welches auf verschiedenen Kartenkombinationen basiert, die die Spieler während einer Partie sammeln. Punkte gibt es immer dann, wenn eine fertige Anlage mit einem Tempel verziert wird, wobei die Größe der Anlage bestimmt, welche Punktekärtchen man individuell abgreifen kann. So gilt es Runde für Runde zu entscheiden, ob man überhaupt eine Tempelanlage errichtet, ob man doch besser noch wartet, bis ein lukrativer Ausbau die Handlungsoptionen noch vergrößern wird, oder ob man immerzu die sichere Ernte nach Hause bringt. Allerdings – das wird man schnell und schmerzlich erfahren – wird derjenige, der nichts riskiert, auch prompt leer ausgehen.

 

 

Aufmachung:

 

Das Spielmaterial ist wirklich prächtig. Die einzelnen Kärtchen bieten eine optimale grafische Präsentation und sind auch auf massivem, stabilem Karton gedruckt. Aber auch das Kartenmaterial offeriert eine sehr schöne Übersicht und überzeugt auch ohne opulente Ausschmückungen. Hinzu kommt ein kleines, aber feines Spielbrett, welches sich optisch aufs Wesentliche beschränkt, mit dem Rücken der Karten und Plättchen aber ein sehr harmonisches Bild abgibt. Alles in allem zeugt die Aufmachung wieder vom hohen Qualitätsstandard, den man von diesem Verlag gewohnt ist.

 

 

Regelwerk:

 

Kurz, knapp und leicht verständlich – die Spielregeln deuten schon an, dass „Die hängenden Gärten“ ganz klar ein weniger komplexes Familienspiel ist, welches allerdings auf einem soliden strategischen Fundament fußt. Ohne die passende Taktik läuft schließlich gar nichts! In diesem Rahmen ist das Regelwerk indes sehr übersichtlich strukturiert und dank der vielen Einzelbeispiele problemlos verständlich. Lediglich was die Bauregeln angeht, gab es anfangs einige kleine Verständnisprobleme, die sich aber anhand schlichter Logik leicht lösen ließen. Kurzum: Die Regeln werden schnörkellos auf den Punkt gebracht, lassen aber prinzipiell keine Fragen offen. Ganz genau so stellt man sich ein solches Begleitheftchen vor!

 

 

Spielverlauf:

 

In den Vorbereitungen auf das Spiel werden zunächst Plättchen und Karten getrennt und gerade vor der ersten Partie sehr gut durchgemischt. Die Baukarten bilden schließlich einen Nachziehstapel während die 49 Punktetafeln in zwei gleich große Stapel sortiert und auf das dafür vorgesehene Feld auf dem Plan abgelegt werden. Jeweils vier Karten und sechs Plättchen werden nun offen in die Auslage des Spielbretts abgelegt. Nachdem die Spieler ihre Tempel und ihre Startkarte ausgehändigt bekommen haben, kann das Spiel beginnen.

 

Der Ablauf einer Spielrunde ist im Prinzip sehr simpel. Die Spieler wählen eine der vier Baukarten (im Spiel zu zweit darf man sogar doppelt ziehen) und legen sie an ihre bereits ausliegenden Baukarten an. Jede Baukarte zeigt in verschiedenen Anordnungen die Symbole von Terrasse, Park, Arkaden und Brunnen, die man nun in möglichst großer Kombination miteinander verbinden muss. Ziel ist es, gleiche Motive in irgendeiner Weise waagerecht oder senkrecht nebeneinander zu platzieren, so dass Kombinationen aus mindestens drei gleichen Motiven entstehen. Ab diesem Wert ist es nämlich möglich, eines der Punktekärtchen zu nehmen.

Allerdings verschärfen die Bauregeln die Freiheiten beim Auslegen der Baukarten enorm. Wichtig ist zunächst, dass man die in 2x3 Quadrate aufgeteilten Karten so anlegt, dass keines der darauf abgebildeten Motive auf dem Tisch ausliegt. Das bedeutet, dass man lediglich die Brachflächen der Karten an den Rand (also mit dem Rücken auf den Tisch) legen darf, während die Gebäude und Landschaften mit ihrem Symbolen lediglich auf eine bereits ausliegende Karte platzieren darf. Die Ausrichtung der Karten ist dabei irrelevant, was zur Folge hat, dass mit der Zeit ein ziemlich verzwicktes Konstrukt aus Karten entsteht, die in irgendeiner form vorher mal eine Motiv-Kombination ergeben haben.

 

Wichtiger als dies ist jedoch, dass man Gelegenheit bekommt, seine Kombinationen auch zu werten. Dies geschieht, sobald man einen Tempel auf eine derart zusammengestellte Anlage setzt. Je größer diese Anlage ist, also je mehr gleiche Symbole von Parks, Terrassen, Arkaden oder Brunnen nebeneinander liegen, desto lukrativer ist diese Anlage nun auch für die Wertung, und umso wertvoller kann schließlich auch die Tempelanlage werden. Die Größe bestimmt nämlich, aus welchem Umfang der Punktekärtchen man anschließend wählen darf. Ein Spieler, der eine Kombination aus drei Motiven mit einem Tempel wertet, darf nur aus der ersten Reihe der aufgedeckten Punkteplättchen wählen, derjenige mit vier Motiven darf zusätzlich noch aus der nächsten Reihe wählen, usw. Wem es dabei gelingt, sechs und mehr Motive miteinander zu verbinden, darf verdeckt ein Plättchen ziehen und dann noch eines aus der offenen Auslage nehmen. Allerdings ist hiermit zumeist verbunden, dass man in der vorherigen Runde einmal mit dem Werten aussetzen musste, um diese Kombination überhaupt erst vorzubereiten und zu ermöglichen – man muss also differenzieren, was einem wichtiger erscheint.

 

Es ist jedoch wichtig, bei der Auswahl der Punktekärtchen darauf zu achten, dass man auch hier möglichst gute Kombinationen erlangt. Insgesamt stehen sieben Sorten zur Auswahl, die in einer bestimmten Serie immer wertvoller werden. Ein Garten bringt zum Beispiel zwei Punkte, verbunden mit einem zweiten gibt’s schon acht Punkte, und wer dann die Dreier-Serie zusammenbekommt, darf sich am Ende des Spiels mit sechzehn Punkten schmücken. Zu fast jeder Sorte gibt es schließlich noch eine Person, in unserem Beispiel den Gärtner, der die Serien noch zusätzlich aufwertet. Da diese Personen jedoch immer nur einmal im Spiel sein, ist Eile angesagt, sobald sie in der offenen Auslage freigegeben werden. Das A und O ist jedoch die fokussierte Auswahl der Punkteplättchen, gespickt mit einer gewissen Risikobereitschaft beim Sammeln der Sorten.

 

Sobald nun alle Baukarten aufgebraucht sind, erfolgt die Schlusswertung. Alle Spieler decken nun ihre bis hierhin gesammelten Plättchen auf und zählen die Punkte zusammen. Derjenige, der in der Addition am besten abgeschnitten hat, ist der beste Architekt und gewinnt das Spiel.

 

 

Spielspaß:

 

Um es direkt einmal auf den Punkt zu bringen: „Die hängenden Gärten“ ist ein fantastisches Familienspiel mit hohem strategischen Anteil und einer sehr ausgewogenen Anforderung an Planspieler und Taktiker mit guter Intuition. Das Spielprinzip ist dabei zwar leicht verständlich, offeriert aber Runde für Runde eine Vielzahl von möglichen Zugoptionen, sofern man den Ausbau seiner Anlagen auch wirklich plan- und sinnvoll forciert. Somit ist auch die grundlegende Strategie transparent, aber eben nicht immer so simpel umsetzbar, wie es wünschenswert wäre. Schließlich muss man immer genau diejenige Baukarte auswählen, die von den anderen Spielern übergelassen wird, so dass Taktiken Runde für Runde über den Haufen geworfen werden müssen und man auch oftmals gezwungen ist, einfach nur zu reagieren. Dies bedeutet aber keinesfalls, dass man die Geschicke zu oft ans Spiel abgibt bzw. sich vom Spiel spielen lässt. Stattdessen gilt es auch in eher weniger lukrativen Spielzügen Rahmenbedingungen und neuen Bauplatz zu schaffen, um schließlich in den späteren Runden so viele Optionen zu haben, dass man gar nicht mehr ins Leere greifen kann. Dementsprechend ist die Spieltiefe wesentlich größer, als man zuerst vermuten mag, unter anderem da der jeweilige Spielverlauf sehr individuell ist und sich jede Partie letztendlich deutlich von der vorherigen unterscheidet. Hierzu kommt natürlich auch der sehr gut durchdachte, simple, aber eben doch recht vielschichtige Spielmechanismus, der „Die hängenden Gärten“ als ideales Familienspiel etabliert, den Titel aber auch für ein weitläufiges Brettspiel-Publikum interessant macht. Die recht kurze Spielzeit tut schließlich ihr Übriges dazu, dass hier eine wirklich sehr schön ausbalancierte Mischung aus Taktik- Planungs- und Glücksspiel entstanden ist.

 

 

Fazit:

 

Ein ganzes Stück vorm jährlichen Schaulaufen auf der Essener Messe legt der Hans im Glück-Verlag einen Titel auf, der möglicherweise eines Tages in der Spiel des Jahres-Wertung auftauchen wird. Ein simpler, abwechslungsreicher Mechanismus, ein spannungsvolles Punktesystem und vor allem ein enormer Langzeitreiz machen „Die hängenden Gärten“ zu einem weiteren Top-Titel aus dem gut bestückten Verlagssortiment, den die angesprochene Zielgruppe auf jeden Fall einmal antesten sollte. Nach den Enttäuschungen auf der letzten Messe beginnt das Jahr 2008 verlagsintern mit einem absolut überzeugenden Familienspiel.

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 202403290134457c4a98b9
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Brettspiel:

Die Hängenden Gärten

Hans im Glück, 2008

Autor: Din Li

Spielerzahl: 2 bis 4

Mindestalter: ab 8 Jahren

ASIN: B0014LJT6K

Erhältlich bei: Amazon

Weitere Infos:

Inhalt:

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1 Spielplan

64 Baukarten (davon 4 Startkarten)

49 Punktetafeln

20 Tempel aus Holz in 4 Farben

1 Startspielerblume

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Erstellt: 27.04.2008, zuletzt aktualisiert: 16.02.2018 17:50, 6370