Die linke Hand Gottes von Paul Hoffman
Rezension von Christel Scheja
Paul Hoffman hat nach seinem Anglistik-Studium Erfahrungen in über zwanzig Berufen gesammelt, unter anderen als Buchmacher, Kurierfahrer, Lehrer und Gutachter. Zuletzt hat er Drehbücher verfasst und dabei auch mit Francis Ford Coppola zusammen gearbeitet und auch als Autor versucht. Teile seines ersten Romans „The Wisdom of Crocodiles“ wurden sogar verfilmt. „Die linke Hand Gottes“ ist sein erster bei Goldmann erscheinender Roman.
Seit er bewusst denken kann, lebt Thomas Cale in der Ordensburg der Erlösermönche, die ihn wie die anderen Jungen, die ihrer Obhut anvertraut wurden, zu einem kompromisslosen und asketischen Krieger erzogen werden soll. Dazu gehört eine strenge Zucht und Ordnung, knappes Essen und der Verbot jeglicher Freude.
Die Jungen erwarten nur Strafen und Schläge, wenn sie nicht gehorsam sind. Aber gerade das reizt Cale und seine Freunde, sich Schlupflöcher zu suchen und in der karg bemessenen Zeit, die sie für sich haben, in der Burg herum zu streifen.
Eines Tages entdecken sie dabei Gänge, die sie weit über die Mauern ihrer Heimat hinaus führen. Sie entdecken eine Küche voll herrlichster Leckereien und schließlich auch einen Hof, in dem Mädchen munter herum tollen.
Die Jungen ziehen sich ungesehen wieder zurück und beschließen alles für sich zu behalten. Doch schon bald kann Thomas Cale sich nicht zurückhalten und erschlägt seinen Zuchtmeister, denn er erwischt ihn dabei, dass er gerade eines der Mädchen aus dem Hof bei lebendigem Leibe seziert und auch das andere noch dieses Schicksal erleiden soll.
Der Junge weiß, dass er sich eines schweren Verbrechens schuldig gemacht hat, für das er wahrscheinlich hingerichtet werden soll. Sein Überlebenswille, genährt von einem unheiligen und tief in ihm sitzenden Zorn bringt ihn dazu mit den anderen zu fliehen.
Sie geraten in eine Welt, die ihnen zunächst sehr fremd ist, finden aber freundliche Aufnahme bei Männern, die in ihnen eine Chance sehen, die Erlösermönche auszuschalten und beginnen ein neues Leben. Aber ist das wirklich alles? Denn besonders Thomas spürt immer mehr, dass er etwas Besonderes und das auch einigen Leuten bekannt ist, von denen er das nicht erwartet hat.
Paul Hoffman mischt munter bekannte Klischees aus der Kirchengeschichte – warum immer müssen Kampfmönche Züge der katholischen Inquisition und Glaubenslehre tragen und zwar auf der einen Seite strenge Zucht und Ordnung verlangen, auf der anderen Seite aber wie die Kirche des Mittelalters von innen her verrottet sein?
Dabei konzentriert er sich sehr stark auf die Helden und ihre Erlebnisse vernachlässigt aber den Hintergrund. Die Gesellschaft in die die Jugendlichen geraten erinnert fatal an eine Mischung aus dem 19. Jahrhundert wie es in den feudalistisch ausgerichteten Südstaaten ausgesehen haben mag (oder im kaiserlichen Mexiko), wenn auch nach einer Apokalypse, die alle Technik zerstört hat. Auch die Wahl vieler Namen trägt dazu bei, diesen Eindruck zu verstärken. Genaueres erfährt man aber nicht, so dass das Setting letztendlich sehr schwammig bleibt.
Zwar werden die Erlebnisse der Helden sehr actionreich und schonungslos brutal geschildert, aber einen roten Faden erkennt man nicht wirklich. So fragt man sich die ganze Zeit, was eigentlich das Besondere an Cale ist und kann sich nicht wirklich mit der lapidaren Erklärung zufrieden geben, dass er „die linke Hand Gottes“ sei.
Denn der Autor reitet zu sehr auf Klischees herum, die man schon oft genug gelesen hat – Fundamentalismus und Fanatismus werden immer wieder gerne von Autoren der phantastischen Genres aufgegriffen, um ein düster-realistisches Szenario zu schaffen.
Und so mag„Die linke Hand Gottes“ oberflächlich betrachtet sehr unterhaltsam zu lesen sein, am Ende fragt man sich doch, warum der ganze Aufwand getrieben wurde. Hier hätte der Autor etwas offener sein sollen, um so auch Lust auf die weiteren Teile der Trilogie zu machen.
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