Die Rosen des Lebens (Autor: Robert Merle; Fortune de France 9)
 
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Das Königskind von Robert Merle

Reihe: Fortune de France Band 9

 

Rezension von Ralf Steinberg

 

Klappentext:

"Jetzt bin ich König", sagt der sechzehnjährige Ludwig nach gelungenem Staatsstreich, als der mächtige Günstling seiner Mutter Maria von Medici erschossen auf der Brücke zum Louvre liegt. Mit diesem Theatercoup beginnt der sechste Band der Romanfolge "Fortune de France", in der Robert Merle historisch verlässlich, mit viel Witz und feiner Ironie ein dramatisches französisches Jahrhundert erzählt.

 

Rezension:

Robert Merle entwirft mit seiner Fortune de France ein episches Gemälde eines Jahrhunderts französischer Geschichte, das durch viele berühmte Gestalten in unserem Bewusstsein präsent ist. Von Henry Quatre bis Richelieu sind uns die Namen geläufig, doch schwerlich hat der historische Laie eine Ahnung, wie die Welt vor vierhundert Jahren wirklich aussah, wie sie funktionierte. Zwar geraten wir nun in die Epoche der Drei Musketiere, und somit in eine Zeit, die uns Dumas schon nahe brachte, doch versuchte jener Abenteuerroman nicht, die Motive und Persönlichkeiten der Geschehnisse näher zu beleuchten. Die Intrigen zwischen König und Königin, die Stellung Richelieus, das sind alles Positionen, die für das Gut und Böse Schema des Romans vonnöten waren.

Merle gräbt wesentlich tiefer und illuminiert dabei Details, die in ihrer Exotik aus heutiger Sicht zum Staunen anregen.

Wenn etwa Ludwig XIII. seine Königin Anna zweimal in der Nacht beglückt, so weiß man davon nicht etwa aus ihren Memoiren. Nein, die Erklärung ist so einfach wie ungewohnt. Die beiden waren bei der Erfüllung ihrer dynastischen Pflichten niemals alleine. Von der Kammerfrau bis zur einfachen Dienerin war das königliche Schlafgemach nie allein den beiden Hoheiten vorbehalten. Es gehörte sogar zu den Pflichten der Kammerfrau, derartige Vorkommnisse zu erwähnen. An richtiger Stelle natürlich. Denn die Frucht dieser nächtlichen Bemühungen war ein Politikum. Nur ein Dauphin, ein Sohn des Königs und der Königin, konnte die Erbfolge klären. Frankreich besaß genügend Prinzen von Geblüt, die für einen Erbfolgekrieg bereitstanden, gegen den König.

Ähnliches Erstaunen mag auch die Anekdote hervorrufen, dass ein Krieg schon um das Recht drohte, dem König die Serviette zum Essen reichen zu dürfen, der im übrigen nicht eher essen konnte, bis diese wichtige Frage geklärt war, trotz allen Hungers.

Robert Merle verdeutlicht diese überaus komplexen Verhaltens- und Denkcodices durch zum Teil sehr theoretische, fast wissenschaftliche Kapitel, als auch in anschaulichen erzählerischen Szenen, in denen sein Held, Pierre-Emanuel de Siorac, am eigenen Leben etwa die Bedeutung von Gutsherrschaft und Kirchenzehnt erläutert. Natürlich sind diese Zeilen für Fans der Serie in „Die Rosen des Lebens“ zu kurz und selten. Aber Merle baut sich hier die Basis für seine nachfolgenden Richelieu-Bände. Als Kritikpunkt bleibt natürlich, dass Merle weiterhin nur Herrschaftsgeschichte liefert. Er bewegt sich selten über seine führenden Persönlichkeiten hinaus, hat keine Antworten auf Gruppendynamiken oder gesellschaftliche Zwänge, die durch soziale Konflikte entstehen. Dadurch erscheinen besonders seine Auslassungen zum Dreißigjährigen Krieg sehr fade und oberflächlich.

 

Fazit:

Alles in allem ist der Band eine lehrreiche und originelle Lektüre, die unwahrscheinlich viel Wissen in engem Rahmen vermittelt. Besonders für Studenten der Geschichte des 17. Jahrhunderts dürfte sich das als hilfreich erweisen. Freunde der Familie Siorac kommen nicht ganz so auf ihre Kosten, werden aber genügend Futter erhalten, um der Serie treu zu bleiben.

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Buch:

Die Rosen des Lebens

Original: Les Roses de la vie, 1995

Übersetzerin: Christel Gersch

Aufbau Verlag, 2000 395 Seiten

Taschenbuch, 395 Seiten

 

ISBN: 3746612187

 

Erhältlich bei Amazon


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Erstellt: 13.07.2006, zuletzt aktualisiert: 18.04.2024 09:19, 2538