Regina Denk wurde 1981 an der Grenze zwischen Bayern und Österreich geboren. Die Liebe zu ihrer Heimat zeigte sie bisher in humorvollen Krimis, die sie unter dem Pseudonym Fanny König veröffentlichte, nun aber bietet sie eine weit ernstere und dramatischere Geschichte mit historischem Hintergrund.
Auch in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts dominiert in einem abgelegenen Dorf in Tirol das Patriarchat. Väter bestimmen, was gemacht wird, die Frauen, egal ob Mütter, Gemahlinnen oder Töchter haben sich zu fügen. Doch Theres träumt von einem anderen Leben, bestimmt durch das Wissen, dass es jenseits der Berge, wo ihre Mutter einst herkam vielleicht besser ist.
Sie könnte ein gutes Leben haben, wenn sie sich auf die Ehe mit ihrem Jugendfreund Leopold einlassen könnte, aber sie entscheidet sich für Xaver einen Fremden mit schlechtem Leumund. Als dieser spurlos verschwindet, zieht sie sich in die Hochalpen zurück, denn sie ist schwanger. Ihr bleibt nichts anderes übrig, als sich ein Leben abseits der Gesellschaft aufzubauen – als sogenannte Schwarzgeherin.
Auch wenn die Bergdörfer in den Alpen heute gerne schon einmal romantisch verklärt werden, so war die Realität eine ganz andere. Denn um die Gemeinschaft zusammen zu halten hatte alles seine Ordnung, der vor allem die Frauen zu folgen hatten, egal ob sie Mutter, Gemahlin oder Tochter waren – und das spiegelt die Geschichte, die in die Vergangenheit eintaucht, aber keine großen Ereignisse beleuchtet, wider.
Der Lebensalltag steht im Mittelpunkt – vor allem der zweier junger Frauen, die verwandtschaftlich verbunden sind – der Mutter Theres, die als Freigeist von einem spannenden und selbstbestimmten Leben träumt, auch wenn sie es gut haben könnte und ihrer Tochter Maria, die in ärmlichen Verhältnissen aufwächst, weil ihre Mutter für ihre Rebellion einen hohen Preis zahlen musste und zur Außenseiterin wurde. Sie erhofft sich daher nun das Leben, das die Ältere ausschlug.
Regina Denk erzählt die Geschichte der beiden in wechselnden Kapiteln, springt immer wieder zwischen die Figuren und unterschiedlichen Jahren hin und her. Schon früh bekommt Theres vor Augen geführt, wie weit die Macht der Männer geht und lässt sich doch am Ende von einem an der Nase herumführen und muss mit den Konsequenzen Leben. Daher ist ihre Entwicklung sehr interessant – von dem jungen Mädchen, das davon träumt frei zu sein wie ein Adler und dann doch nur eine Tragödie los tritt, die später sogar eskaliert.
Man fühlt mit Theres und Marie, die in einer Welt gefangen sind, in der sie nicht viel gelten, auch unter ihresgleichen nicht. Denn als Außenseiterinnen passen sie nicht in das Weltbild der dörflichen Gemeinschaft, werden als Freiwild angesehen.
Die Geschichte ist düster, aber auch atmosphärisch herausragend. Die Autorin arbeitet nüchtern und ohne jegliche Übertreibung, aber sehr eindringlich heraus, was es bedeutete, im 19. Jahrhundert eine Frau zu sein und was es diese kostete, aus der festgefügten patriarchalischen Ordnung auszubrechen. Gerade weil sie dicht bei den Figuren bleibt, wirken die Ereignisse noch lange nach und graben sich tief in das Gedächtnis ein, lassen die romantisch-verklärte Welt der Alpen des 19. Jahrhunderts in einem ganz anderen Licht erscheinen.