Die Sündentochter (Autorin: Sandra Lessmann)
 
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Die Sündentochter von Sandra Lessmann

Rezension von Christian Lange

 

 

Im Mai 2006 erschien im Verlag Knaur der Historische Kriminal-Roman "Die Sündentochter" von Sandra Lessmann. Die Autorin hat im gleichen Verlag bereits den Roman "Die Richter des Königs" veröffentlicht. Auf der Homepage der Autorin www.sandra-lessmann.de kann man weiterführende Informationen zur Autorin und Ihren Büchern finden.

 

Mit knapp 600 Seiten ist der Roman ein eher dickes Buch, das trotzdem mit einigen Extras aufwartet, was eher unüblich ist, da Verlage sich normalerweise scheuen, Seiten über die Romanhandlung hinaus zu bedrucken. So findet man eine Kurzbiografie der Autorin, ein achtseitiges Nachwort, ein 7-Seiten-Glossar, zwei Seiten Literaturliste, sowie eine grobe Karte des alten London.

Diese Ausstattung ist sehr lobenswert, denn sie unterstützt den Ansatz historischer Romane, den Leser nicht nur zu unterhalten, sondern auch Wissen auf unterhaltsame Weise zu vermitteln.

Der Titel passt eigentlich nicht zum Inhalt, was aber nicht weiter ärgerlich ist, schließlich sollte ein Krimi nicht bereits durch seinen Titel zuviel verraten. Auch das Cover, das einen Ausschnitt aus einem historischen Gemälde zeigt, hat nichts mit dem Inhalt zu tun. Der Rückentext, welcher den Anfang der Handlung skizziert, ist zwar etwas ungenau, aber die Ungenauigkeit bleibt im vertretbaren Rahmen.

 

* Inhalt:

London im Jahre 1666: Eine Hebamme, die mit ihrer Tochter im nächtlichen London zu einer Schwangeren gerufen wurde, wird Opfer eines maskierten Pistolenschützen. Der zufällig vorbeikommende Richter Orlando Trelawney und dessen Begleitung können zumindest die Tochter vor dem Todesschützen retten. Doch obwohl die Tochter zu ahnen scheint, wer der Mörder ihrer Mutter ist, schweigt sie…

 

Ein historischer Kriminalroman muss mehrere Dinge leisten. Er muss wie jeder andere Roman den Leser unterhalten, muss eine spannende Kriminalhandlung bieten und sollte dem Leser möglichst nebenbei Historie vermitteln. Sandra Lessmann hat dies mit ihrem zweiten Roman geschafft - nicht zu 100 Prozent, aber fast.

 

Die Handlung des Romans ist in sich schlüssig. Als Leser begleitet man verschiedene Personen in deren Taten und Gedanken und nimmt so langsam an der Auflösung des Kriminalfalles teil. Leider oft zu langsam. Gerade am Anfang zieht sich die Handlung sehr hin. Im Laufe des Buches nimmt das Tempo zu, doch immer wieder bremst die Autorin grundlos. Das schmälert das an sich hohe Lesevergnügen.

 

Die Figuren sind im Grossen und Ganzen gut gelungen. Die Autorin gibt sich Mühe, ihre Protagonisten zu charakterisieren. Dabei schießt sie bei einigen übers Ziel hinaus, bei anderen beschreibt sie zuwenig. Das Problem mag darin begründet liegen, dass einige Figuren in dem ersten Roman der Autorin bereits vorkamen und wohl dort bereits ausführlich beschrieben wurden. Da "Die Sündentochter" aber keine ausgewiesene Fortsetzung ist, muss sie auch als eigenständiges Buch funktionieren.

Das klappt nicht zu 100 Prozent, in einigen Szenen sind die Handlungen der Figuren nicht nachvollziehbar. Als klug charakterisierte Personen begehen Fehler, die man ihnen nicht zutrauen würde.

 

Der zugrunde liegende Kriminalfall ist geschickt konzipiert. Die Autorin lässt den Leser lange im Dunkeln, führt ihn sogar in die Irre. Leider zögert sie die Enthüllung der Fakten, die zur Lösung des Falles nötig sind, sehr lange heraus, und macht damit einen Teil der Spannung zunichte. Es ist auch ärgerlich, dass man als Leser kaum eine Chance hat, den wahren Täter zu erahnen. Der Aha-Effekt kommt nicht durch die Kombination gesammelter Fakten, sondern durch eine "Komplett-Auflösung". Somit hat man als Leser im Nachhinein den Eindruck, lange Zeit umsonst mitgerätselt zu haben, da man eigentlich nie eine Aussicht auf Erfolg hatte. Trotzdem ist der fiktive Kriminalfall sehr gut ausgedacht und in sich stimmig.

 

Größtes Manko des Romans ist die gute Absicht der Autorin, dem Leser Bildung angedeihen zu lassen. Immer wieder streut sie historische Hintergrundinformationen in die Handlung ein. Meist gelingt es ihr, diese Infos so einzubauen, dass es für ihre Romanhandlung Sinn macht, aber es gibt leider auch Szenen, die offensichtlich für die Handlung unwichtig sind und nur der Vermittlung von Wissen dienen sollen.

Das ist insofern ärgerlich, da der Roman durch jene Szenen stark in seiner Länge aufgebläht wird. Auch der Grosse Brand, der in der Romanhandlung eine Rolle spielt, erscheint weniger als wichtiges Handlungselement, denn als Transportmittel für zahlreiche Szenen, die vornehmlich historisches Wissen transportieren. Der Roman hätte (mit leichten Änderungen) auch ohne diese Katastrophe funktioniert.

Rigoroses Streichen hätte das Buch gewiss um gut ein Drittel kürzen können, ohne die Romanhandlung zu beeinträchtigen. Sicher wäre dadurch das ausführliche Bild des historischen London weniger detailliert gewesen, aber schließlich ist dies ein Roman und kein historischer Stadtführer.

 

Man merkt dem Roman "Die Sündentochter" an, dass der Autorin das historische London sehr am Herzen liegt. So sehr, dass sie jener Stadt soviel Aufmerksamkeit in ihrem Buch schenkt, dass sie dadurch ihre eigene Romanhandlung zuweilen unterdrückt. Sowohl Handlung, Spannungsbogen, als auch ihre Figuren kranken an diesem gemeinsamen Problem.

 

Aber trotz jenes kleinen Mangels ist es der Autorin gelungen, ein sehr unterhaltsames, spannendes und lehrreiches Buch zu schreiben, das den Leser auf eine Reise mitnimmt, während der man es kaum beiseite legen will. Wer sich also für das historische London interessiert, sollte das Buch unbedingt lesen. Empfehlenswert!!!

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240329014616a139b151
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Buch:

Die Sündentochter

Autor: Sandra Lessmann

Broschiert - 604 Seiten - Droemer/Knaur

Erscheinungsdatum: Mai 2006

ISBN: 3426629690

Erhältlich bei Amazon


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Erstellt: 19.06.2006, zuletzt aktualisiert: 27.02.2024 17:30, 2416