Die verzauberte Prinzessin von Ludwig Bechstein
Rezension von Christel Scheja
Da viele Märchen bereits zum Allgemeingut gehören und jeglicher Copyright-Anspruch auf sie erloschen ist, werden sie immer wieder gerne aufgelegt. Die Verlage stellen sie immer wieder in neuen Sammlungen zusammen, bearbeiten sie hin und wieder geringfügig, damit kleine Kinder weniger Probleme haben, sie zu verstehen, und präsentieren sie vor allem mit eigens dafür erstellten Illustrationen.
Neben den Gebrüder Grimm und Hans Christian Andersen gehört Ludwig Bechstein zu den bekannten Märchenerzählern, wenngleich außer „Die sieben Raben” kaum eine seiner Geschichten wirklich in aller Munde sind.
In „Die verzauberte Prinzessin” präsentiert der Schenk Verlag nun fünfzehn Bechstein-Märchen, die von Dietlinde Drascóczy leicht modernisiert und von Katalin Szegeni illustriert wurden. Die Geschichten eignen sich zum Vorlesen und Selberlesen und sind vor allem interessant für etwas ältere Kinder kurz vor dem Schulalter, die bereits ein Interesse an spannenden Abenteuern von mutigen Helden haben und auch etwas mehr mit der Moral anfangen können, die sich in vielen der Märchen findet.
So ziehen nacheinander zwei Handwerkersöhne aus, um „Die verzauberte Prinzessin” zu befreien, aber nur dem jüngsten gelingt dies, weil er die entsprechende Geduld und Achtung vor Anderen aufbringt und gutem Ratschlag zu folgen weiß.
Ein Buchbildergeselle geht auf Wanderschaft, doch anstatt sein Handwerk zu tun, stiehlt er einem bösen Magier ein Buch und lässt sich auf einen „Zauberwettkampf” ein.
„Der Goldene Rehbock” ist eine interessante Variante des Märchens von „Hänsel und Gretel”. Wer genau liest, wird die Ähnlichkeiten erkennen, dann aber auch die Einflüsse der eher östlichen Folklore, wie man sie in Böhmen oder Tschechien kennt.
„Die Sieben Raben” sind Brüder, die von ihrer eigenen Mutter verflucht wurden, nachdem sie ihr weder gehorchen, noch sie achten wollten. Erst ihre kleine Schwester, die in allen Dingen sehr fromm war, konnte sie zur Demut und Reue bewegen und auch das Herz der enttäuschten Mutter wieder erweichen, so dass sie wieder zu Menschen wurden.
Dies sind nur einige Märchen, die hauptsächlich von Handwerksburschen und Menschen aus dem einfachen Volk erzählen, die vor allem durch Gottesfurcht, Ehrlichkeit und Tugend, manchmal aber auch durch List und Frechheit die ihnen gestellten Aufgaben erfüllen und dafür reich belohnt werden.
Lügner und Betrüger, Tagediebe und Halunken erhalten am Ende immer ihre gerechte Strafe, und die fällt nicht immer nett aus. Man merkt deutlich, aus welcher Zeit die Geschichten stammen und welche Tugenden damals hoch gehalten wurden - die ältere Generation zu ehren, gottesfürchtig und gehorsam zu sein, gehörten dazu.
Katalin Szegedis farbenfrohe Aquarelle geben den Märchen zusätzlich noch etwas Atmosphäre. Passend zur Stimmung der Geschichte sind sie mal lustig, mal spannend, aber immer strahlen sie sehr viel Liebe fürs Detail und Sorgfalt in der Gestaltung aus. Die Figuren und Landschaften wirken immer sehr lebensnah, in den Gesichtern der Figuren kann man oft deren Stimmung sehen.
All das macht - zusammen mit dem golden glitzernden Umschlagbild - „Die verzauberte Prinzessin” zu einem kleinen Märchenschatz, den man vor allem Kindern ab fünf Jahren verehren kann.