Diener der alten Macht von Robin Hobb

Reihe: Das Erbe der Weitseher Band 1

 

Rezension von Christel Scheja

 

Nach dem Erfolg der ersten „Weitseher“-Trilogie legte Robin Hobb noch einmal nach und verfolgte die Erlebnisse ihres Helden Fitz-Chivalric Weitseher fort. In Deutschland erschien auch diese Reihe zunächst bei Bastei-Lübbe, der Roman trug damals den Titel „Der lohfarbene Mann“ Nun erscheint das Buch in überarbeiteter Übersetzung neu bei Penhaligon. „Diener der alten Macht“, starte die Trilogie um „Das Erbe der Weitseher“.

Fünfzehn Jahre sind seit den Ereignissen vergangen, die seine Heimat in einen schrecklichen Krieg mit den Roten Korsaren gestürzt haben und noch immer haben sich die Sechs Provinzen nicht wirklich von den Angriffen und dem Bruderkrieg erholt, der gleichzeitig im Reich tobte. Prinz Edels kurze Regentschaft wirkt immer noch nach.

Allerdings gibt sich Königin Kettricken als Regentin für ihren Sohn Pflichtgetreu jede Mühe, das Reich zu festigen und den Menschen Frieden zu bringen. Allerdings kommt der Junge in ein Alter, in dem er eigene Wege gehen möchte. Wenige Wochen vor der geplanten Hochzeit mit einer fremdländischen Prinzessin verschwindet er spurlos und jede Spur verliert sich.

Die Königin und ihr engster Berater Chade wissen, das nur einer ihn wiederfinden kann.

Doch Fitz hat sich in die Einsamkeit zurückgezogen und führt zusammen mit seinem Ziehsohn Harm das Leben eines Bauern. Er will eigentlich nichts mehr mit den höfischen Intrigen zu tun haben, die ihn schon einmal an den Rand des Todes brachten. Doch als der Narr erscheint – der einzige Mann, der immer ehrlich und freundlich zu ihm war – und ihm ins Gewissen redet, hat Fitz keine Wahl mehr, gibt es doch gute Gründe, den Prinzen wieder zu finden …

Es wirkt so als sei man nie weg gewesen, denn Robin Hobb macht es ihren Lesern nicht schwer, sich schnell wieder an die Figuren zu gewöhnen und den Lesern in Erinnerung zu rufen, was sie bereits alles mit Fitz und seinen Freunden wieder erlebt haben. Der ist freilich kein junger Mann mehr, sondern ein Mittdreißiger, der eigentlich glaubt, mit dem wilden Leben als Bastard der königlichen Familie abgeschlossen zu haben.

Er fühlt sich mit seinem einsamen Leben wohl, das ihm die Möglichkeit gibt, auch den Teil seiner Persönlichkeit auszuleben, den er immer wieder verbergen musste, immerhin ist er nicht nur einer der Erben der Gabe der Weitseher, sondern auch ein Kind der alten Macht – eine Kombination, die vielen normalen Menschen Angst macht und ihn in Gefahr bringen könnte.

Doch mit dem harmlosen und friedlichen Leben ist es vorbei, als er in die Dienste von Fürst Leuenfarb tritt, um mit diesem nach dem jungen Prinzen zu suchen, der einen ganz eigenartigen Weg gegangen ist.

Die Geschichte nimmt sich viel Zeit, die Helden nach den Spuren suchen zu lassen. Die Charakterentwicklung steht für die Autorin im Mittelpunkt, daher kommt das Abenteuer selbst auch eher behäbig daher. Die Geschichte wird sehr detailliert und auch langsam erzählt. Selbst in den Momenten in den Action und Magie im Zentrum stehen, sorgt sie dafür, dass man alles genau so wie in ihrer Vision vor Augen hat.

Wer sich auf so etwas einlassen kann, der wird durchaus seinen Spaß an der über weite Strecken ruhigen, aber nicht unbedingt langweiligen Handlung haben, denn jede Szene bietet doch auch Informationen oder zumindest filmreifes Ambiente.

Die Figuren selbst sind angenehm menschlich. Selbst Fitz und die anderen Männer und Frauen mit magischen Gaben sind keine Übermenschen und werden oft genug von ihrem eigenen Unvermögen aufgehalten.

In der Hinsicht setzt die Trilogie ein Zeichen – zeigt, dass auch ausführliche Famulierkunst in den Bann schlagen kann, wenn man ausgefeilte Hintergründe und Figuren mag.

Alles in allem ist „Diener der alten Macht“ der gelungene Auftakt der neuen Trilogie um „Das Erbe der Weitseher“. Das Abenteuer mag noch nicht episch und spektakulär sein, es stellt aber die Weichen für die beiden kommenden Bände und macht schon jetzt Lust auf mehr.

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