Druckversion: Du bist tot (Autor: Charles Stross)

Du bist tot von Charles Stross

Rezension von Ralf Steinberg

 

Verlagsinfo:

Mit diesem Buch beginnt die Zukunft 2.0

Dein Name: Sue Smith. Dein Job: Police Sergeant in Edinburgh. Dein Auftrag: Herausfinden, was bei Hayek Associates, einer kleinen Softwarefirma, bei einem Einbruch gestohlen wurde. Dein Problem: Der Überfall wurde in einer Online-Spielewelt von einem Dutzend Orks ausgeführt – doch der Schaden geht in die Millionen. Je weiter du ermittelst, umso deutlicher wird dir, dass du hier auf eine hochbrisante Intrige rund um illegale Informationstechnologie und Industriespionage gestoßen bist. Und du begreifst: Dies ist kein Spiel ...

Der definitive Roman über die Internet-Spielewelten, an denen Millionen von Menschen beteiligt sind.

 

Rezension:

Das digitale Zeitalter brachte uns eine ganze Menge Änderungen im alltäglichen Leben, deren Größe uns gar nicht so recht gewahr wird, da wir Teil der Entwicklung sind, ähnlich dem unbemerkten Größerwerden der eigenen Kinder. Da hilft oft nur ein Blick von außen – oder eine kleine Zeitreise.

Charles Stross wagte 2007 diese kleine Zeitreise in die nahe Zukunft und uns deutsche Leser trennt heute deutlich weniger davon, als damals zur Zeit der englischen Erstveröffentlichung.

Sicher, die Wahrscheinlichkeit, dass Schottland sich aus Großbritannien löst und der EU anschließt, ist immer noch genauso klein wie damals, aber sehr viele andere Aspekte aus Du bist tot sind erstaunlich nah an der Gegenwart gelandet.

 

In einem MMO wird eine Bank überfallen. Doch war dieser Überfall kein Inhalt des Spiels sondern ein Hackerangriff. Da hinter dem virtuellen Besitz der Bank reale Spieler und ein realer Spiele-Anbieter stehen, bedeutet der Diebstahl auch den Verlust echten Geldes. Ein Mitarbeiter der Firma ruft in Panik die Polizei, sehr zum Ärger der Geschäftsführung. Streifenpolizistin Sue ist schnell mit der Situation überfordert, denn plötzlich gilt nicht nur ein leitender Programmierer als vermisst, der Einbruch entblößt zudem auch eine ziemlich verwirrende Verstrickung in der digitalen Umwelt.

Schnell wird klar, dass die für den Diebstahl verwendeten Codes Zugriff auf das gesamte öffentliche Leben ermöglichen – die nationale Sicherheit steht auf dem Spiel.

Mitten hinein wirft es auch Wirtschaftsprüferin Elaine und ihr angeworbener Software-Experte Jack, ein echter Computer-Nerd.

 

Stross fackelt nicht lang und bombardiert uns mit einer furiosen Mischung aus Action-Thriller, Spionageroman und Cyberzukunft. Jede der drei Hauptfiguren darf die Handlung abwechseln aus eigener Sicht erleben, vorantreiben und verschleiern, sodass der Leser zwar oft mehr weiß als die Figuren, aber insgesamt genauso überfahren wird. Das dabei verwendete Stilmittel, nämlich im Präsenz und als Off-Kommentar eines imateriellen Beobachters zu schreiben, vermittelt das Gefühl, einer Rolle und Anweisungen sie zu spielen in einem Online-Spiel zu folgen, eine durchaus sinnige Verquickung von Stil und Inhalt.

 

Die Zukunft ist bunt und ungeheuer digital. Es gibt sehr viele Extrapolationen, die durchaus plausibel klingen, etwa die allzeit eingesetzte Datenbrille für Polizisten, die Straftäter markiert oder als Lügendetektor in Echtzeit fungiert. Teilweise übertrieben witzig skizziert Stross das digitale Büro und lässt eine Menge Mitleid für den Polizeidienst aufkommen.

Zwischendurch gibt es immer mal wieder gewaltige Blöcke an TechPorn, denen man zum Glück mit einem sehr sehr guten Glossar beikommen kann. Auch die Liebe darf nicht fehlen und wird überaus sensibel in die Figuren hinein geschrieben. Überhaupt macht es großen Spaß, Stross dabei zuzusehen, wie er seine Charaktere ausformt und durch das beständige Wechseln der Perspektiven mit Ambivalenz versieht.

Dass der Roman sich selbst nicht allzu ernst nimmt und trotz allem mit einem Augenzwinkern in die Zukunft blickt, ist das Sahnehäubchen auf eine vergnügliche Lektüre, weit ab von Singularität und Accelerando.

 

Fazit:

Ein schneller und amüsanter Thriller, vollgestopft mit digitaler Realität und durchaus möglicher Weiterentwicklung. Charles Stross gelingt das Kunststück, unsere Medienzukunft auf die Schippe zu nehmen, ohne die Größe ihrer Bedrohlichkeit abzumildern. Unterhaltsam und lesenswert, eine klare Empfehlung.

Nach oben

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 202404190753119e86102d

Buch:

Du bist tot

Original: Halting State, 2007

Autor : Charles Stross

Übersetzerin: Ursula Kiausch

Taschenbuch, 544 Seiten

Heyne, 9. August 2010

 

ISBN-10: 3453526872

ISBN-13: 978-3453526877

 

Erhältlich bei: Amazon

 

, zuletzt aktualisiert: 10.04.2024 18:52