Ein Dämon macht Geschichten von Robert Asprin
Rezension von Christian Endres
Wenn ich auf meine Kontoauszüge, meinen Lesestapel oder einfach nur auf die sich gefährlich durchbiegenden Buchregale rings um mich herum blicke, dann stelle ich mir an besonders dunklen Tagen des Öfteren die Frage, ob ich allein es bin, der die Buchindustrie am Leben erhält. Trotz dieses Irrglaubens und der Fülle an alten wie neuen Publikationen, die ich Woche für Woche, Monat für Monat und Jahr für Jahr meiner Sammlung einverleibe, ist es für mich jedes Mal von Neuem ein echtes Highlight, ja ein wahrer Freudentag, wenn ein neuer Roman von Robert Asprin ins Haus flattert – selbst wenn der Band nur ein extrem dünnes Kurzgeschichten-Bändchen ist ...
Die drei in diesem Band enthaltenen Kurzabenteuer spielen thematisch nach »Den letzten beißen die Dämonen« und vor »Ein Dämon schafft noch keine Ordnung«. Im Einzelnen handelt es sich dabei um folgende drei Stories:
Die erste Geschichte des Bandes hat gleich vier satte Vorteile auf ihrer Seite und bietet einen vorzüglichen Wiedereinstieg in die Welt von Skeeve, dem verhinderten Meisterzauberer und seiner »dämonischen« Freunde: Zum einen ist Eine dämonische Kongenialität die Story, die am eheste das typische Myth-Feeling einfängt und damit gleich zu Beginn des Buches das heimische Gefühl von Vertrautheit aufleben lässt. Das liegt maßgeblich an den beiden Hauptprotagonisten der Geschichte – was uns direkt zu Punkt Nummer zwei bringt: Bunny und natürlich Skeeve, die wieder einmal hervorragend miteinander harmonieren, und von denen man sich nach wie vor irgendwie wünschst, dass sie doch noch über ihren Schatten springen und über ein freundschaftliches Verhältnis hinaus zusammen finden. Dann sieht man dieser Story zumindest hie und da durchaus an, dass sie nach dem Ende von »Den letzten beißen die Dämonen« (und damit dem vorläufigen Ausscheiden Skeeves aus der Chaos GmbH und dem Neubeginn seiner magischen Studien) spielt. Das bringt ein bisschen Kontinuität in die Sache, was für mich ja das größte Manko der letzten Bände seit dem Wiedereinstieg in die Reihe gewesen ist. Darüber hinaus ist die Auftaktstory last, but not least auch eine schöne Geschichte nach altbewährtem Rezept: Eine Unart unserer Zeit – in diesem Fall eine Schönheitswahl – wird größtenteils geschickt persifliert, die Figuren interagieren gut miteinander und die Dämonen/Dimensionsreisenden sind ebenso vielseitig wie zahlreich, und ganz zum Schluss gibt es dann eine Auflösung, wie sie typischer für den menschlichsten unter den gefürchteten Magiern – den Großen Skeeve! – nicht hätte sein können ...
Eine dämonische Fehlkalkulation, die zweite Geschichte des Büchleins, bleibt trotz der Tatsache, dass mit Mob-Spezialist Guido, sexy Trolllady Tanda und deren »mampfigen« Bruder Chumly gleich drei altbekannte (und geschätzte) Mitglieder von Skeeves Truppe ihren großen Auftritt haben, eher dem Titel und dem Motto der Fehlkalkulation treu. Denn Guido ohne Nunzio bzw. das gesamte Trio ohne Skeeve oder Aahz ist letztlich dann doch nur halb so gut, und auch wenn die Geschichte ein paar Nette Ansätze und ein oder zwei ebenfalls nette und lustige Szenen wie die Trollschaukämpfe oder die Anspielung auf die Kamerahersteller durch den »Photokäfer« hat, so leidet sie doch massiv unter dem schwachen Ende und dem in seiner Quintessenz eher lahmen Plot.
Dritte und letzte Story des Bandes, Eine dämonisch gute Partie, hat dann zumindest von der Grundidee her wieder mehr Vorteile auf ihrer Seite als das voran gegangene Abenteuer auf dem Basar von Tauf: Diesmal geht es nämlich der Fuchsjagd an den Kragen, wobei die Interpretation des Autoren-Duos ebenso kreativ wie spritzig ist. Dass dann noch Nunzio, Gliep, Masha und Aahz mit von der Partie sind, tut das übrige dazu, die nicht gar so gute zweite Story bis zu einem gewissen Grad zu kompensieren und die fallenden Tendenz immerhin teilweise abzufangen. Dennoch kommt man nicht umhin zu sagen, dass auch die dritte Story trotz ihrer Kürze einige Längen hat und ebenfalls klar hinter der ersten Geschichte zurück bleibt.
Das Cover-Recycling geht in die nächste Runde: Zwar stammt das Cover-Motiv wieder von Walter Velez, doch kennt es der geneigte Sammler humoristischer Fantasy-Bücher ebenfalls schon, da es wie auch schon das Titelbild zu »Ein Dämon lässt die Kühe fliegen« einst bereits Verwendung zu einem Buch von Craig Shaw Gardner gefunden hat und auch diesmal leider wieder mit Beziehungen zum Inhalt geizt. Zu allem Überfluss hat zumindest mein Exemplar des dünnen Büchleins dann auch noch ein paar Probleme mit dem Papier (das sich ungewohnt wellt) und dem Druck (der nicht immer ganz sauber ist), doch hoffe ich einfach einmal darauf, dass dies ein ärgerlicher Einzelfall ist. Doch wir wollen ja nicht nur meckern: Die den drei Kurzgeschichten voran gestellten Einleitungen von Jody Lynn Nye bzw. Robert Asprin, in denen recht humorvoll und auch sehr offen erläutert wird, wie die beiden dazu gekommen sind, ihre schriftstellerischen Fähigkeiten zusammenzuwerfen und letztlich auch gemeinsam neue Myth-Abenteuer zu schreiben, wiegen die oben aufgezählten Kritikpunkte mehr als nur auf, da so schon auf den ersten Seiten des Buches ein heimisches, familiäres Gefühl geschaffen wird, das es sonst bei keiner anderen Fantasy-Reihe in dieser oder einer anderen Dimension des Universums gibt ...
Fazit: Dafür, dass der Band mit seinen drei Geschichten eine Fingerübung war, ehe sich Robert Asprin und Jody Lynn Nye mit vollem Ernst weiteren Romanen der Myth-Serie widmen sollten, kann man wirklich nicht meckern. Eine, mit Abstrichen sogar zwei von drei Geschichten knüpfen an die besten Tage der früheren Episoden an, und so verkraftet man auch die vermeintlich schwächere, mittlere Story auf dem Basar von Tauf und die Längen bzw. Hänger in der dritten Geschichte.
Was der Myth-Serie trotzdem nach wie vor etwas abgeht, das ist eine klare (zeitliche) Struktur der neuen Abenteuer und stärkere Verzahnung der einzelnen Geschichten bzw. Bücher. Daran ist auch die deutsche Veröffentlichung nicht ganz unschuldig, wohlgemerkt, doch stehen die Aussichten für eine Besserung in absehbarer Zukunft ziemlich gut – was sowohl für die diesbezüglichen Kritikpunkte im Original, als auch die deutsche, fortan wieder chronologische Veröffentlichung angeht.
Das bringt uns schließlich zur Wertung und einem weiteren Ausblick: »Ein Dämon macht Geschichten« ist eine kurze, unterm Strich (und vor allem dank des ersten Abenteuers und eines dicken Nostalgie- und Fan-Bonus) aber doch einigermaßen passable Erweiterung der Myth-Series und vertreibt wenigstens die Wartezeit bis zur nächsten längeren Romanveröffentlichung. Die wiederum kündigt sich unter dem Titel »Als Dämon brauchst du nie Kredit« übrigens schon für März 2007 an ...
Fans der Serie können (und werden wohl sowieso) bedenkenlos zugreifen und werden mindestens mit einer der drei Kurzgeschichten um Skeeve, Gliep und Co. ihren Spaß haben und bereitwillig die Tür für diesen kurzen Besuch alter, liebgewonnener Freunde öffnen.
Wer ansonsten noch nichts von Asprin gelesen hat, dem seien die günstigen, ebenfalls von Bastei veröffentlichten Sammelbände mit den ersten Romanen der Serie empfohlen, wo man Stück für Stück miterleben kann, wie sich diese Buchreihe entwickelt hat.
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