Ein Dämon schafft noch keine Ordnung (Autor: Robert Asprin; Die Dämonenreihe)
 
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Ein Dämon schafft noch keine Ordnung von Robert Asprin

Rezension von Christian Endres

 

Jeder neue Band von Robert Asprins Myth-Series (hierzulande als Dämonen-Reihe bekannt geworden) weckt in mir große Erwartungen und schier grenzenlose Vorfreude. Leider hat mich seit Ein Dämon wollte Hochzeit machern (das vor annähernd zehn Jahren zum ersten Mal auf Deutsch erschienen ist) keiner der neuen Bände der Serie um Skeeve den verhinderten Meisterzauberer, seinen kratzbürstigen Mentor Aahz und die anderen Mitglieder der berüchtigten Chaos GmbH so richtig vom Hocker gehauen oder überhaupt nur die Qualität der früheren Geschichten erreicht. Viel zu selten blitzte in den letzten beiden Bänden, die Asprin nach seiner langen Pause wohl schlichtweg zur Akklimatisierung benötigte, das typische Feeling der früheren Bände auf, das mich damals erst zum Fan dieser Reihe hat werden lassen. Die humoristische Komponente war in besagten beiden Bänden ebenfalls eher spärlich angesiedelt, manchmal sogar ein bisschen plump, und die Geschichten selbst waren stellenweise zäh wie ein rosaroter Kaugummi, den man von einem zwielichtigen Händler auf dem Basar von Tauf angedreht bekommen hat, nachdem dieser einfach seinen abgelaufenen Stiefelabsatz gekocht und das gute Stück später als Feng Shoe Gum an den ahnungslosen Käufer gebracht hat.

 

Der vorliegende Band nun ist das dritte Buch, das Robert Asprin gemeinsam mit Jody Lynn Nye geschrieben hat, und bereits das zweite, das sich um die beliebten Figuren der erfolgreichen Myth-Reihe dreht. Bei Bastei Luebbe – Asprins erstem Verleger im Ausland, der dem Autor aus New Orleans erfreulicherweise trotz dessen vorrübergehenden Schreibpause die Treue hielt – hat man sich dazu entschieden, das zweite Buch (orig.: Myth Alliances) Asprins und Nyes vor ihrer ersten Zusammenarbeit an dieser Serie zu veröffentlichen – wahrscheinlich ganz einfach deshalb, da beagte erste Zusammenarbeit (Myth-told Tales) ‚lediglich’ eine Kurzgeschichtensammlung ist und man nach den wenig rumhreichen ersten beiden Abenteuern neueren Datums endlich wieder einmal ein langes, gutes Werk veröffentlichen wollte, um zu beweisen, dass in Asprin und seiner Serie noch viel Potential steckt (doch keine Bange: in den redaktionellen Anmerkungen zu Ein Dämon schafft noch keine Ordnung wurde bereits angekündigt, dass man den ausgelassenen Kurzgeschichten-Band in absehbarer Zukunft als Ein Dämon macht Geschichten bei Bastei genießen werden kann). Ob das die richtige Entscheidung war und ob Asprin – einmal mehr mit Co-Autor ausgestattet – dieses Mal endlich wieder die Erwartungen erfüllen und damit erstmals wieder an den einstigen Erfolg dieser außergewöhnlichen Fantasy-Reihe anknüpfen konnte, das muss letztlich die Lektüre des neuesten Myth-Abenteuers beweisen ...

 

Wir erinnern uns alle an das schockierende Ende von Den letzten beißen die Dämonen: Skeeve löst die Chaos GmbH auf und verkündet, sich mit seiner schönen Assistentin Bunny, Schlachteinhorn Butterblume und Hausdrache Gliep in seine Heimatdimension Klah zurückzuziehen, um dort in dem Gasthof, den er und sein Mentor Aahz einst von dem wahnsinnigen Magier Isstvan erobert und für kurze Zeit bewohnt haben, seine magischen Studien von Grund auf wieder aufzunehmen um diesmal Schritt für Schritt – und ohne die Schützenhilfe seiner erfahrenen Freunde – das Magiker-Handwerk zu erlernen. Doch die erhoffte Ruhe währt nicht lange: Eines Tages bittet ihn ein Gesandter der Wuhs – Bewohner einer idyllischen Dimension voller schafsähnlicher Wesen, denen es deutlich an Initiative und Entscheidungskraft mangelt – um Hilfe, da der Ruf des Großen Skeeve auch in die Dimension der ruhigen Herdentiere gedrungen ist. Diese wird seit einiger Zeit von den Perfekten Zehn – zehn Perversen, pardon, Perfekten – in Angst und Schrecken versetzt, die das Leben der friedsamen Wuhs zur Hölle machen. Nach einigem Zögern siegt Skeeves menschliche Seite schließlich über das Bedürfnis nach Ruhe, woraufhin er sich gemeinsam mit seiner sexy Assistentin Bunny, der nicht minder attraktiven Mörderin Tanda, seinen Maskottchen Gliep und Kobold-Bestsellerautor Zol in die Dimension der Wuhs aufmacht, um den tyrannischen Perfekten den Krieg zu erklären. Zu spät erkennt er jedoch, dass die Wuhs wirklich in jeder Beziehung Schafe sind und die zehn Damen aus Perv vielleicht doch gar nicht so tyrannisch und auf den eigenen Vorteil bedacht sind, wie es den Wuhs und zunächst auch Skeeve erscheint ...

 

Asprin und Nye präsentieren uns im ersten Band der neuen Reihe Myth-Adventures – der Fortsetzung der ursprünglichen Myth-Series – einen interessanten Roman, der sich flüssig liest und vom Charme her annähernd an die von mir so geliebten früheren Bände um Skeeve anschließen kann. Seitenhiebe auf Wirtschaft, Medienwelt, Pop-Psychologie und Technik gibt es diesmal endlich wieder zu Hauf – und das ist gut so! Immerhin haben unter anderem genau Anspielungen dieses Kalibers der Serie früher immer gehörig Pluspunkte eingefahren und mitunter ihren Zauber und ihre Einmaligkeit ausgemacht. In diesem Band sind es vor allem Wirtschafts- und Medienwelt, Computer-Freaks, die Konsum- und Sensationssucht unserer Zeit und übervorsichtige Zeitgesellen samt langatmiger Dienstwege, die ihr Fett ab kriegen. Nebenbei stimmt auch der Humor wieder, der die Serie stets ausgezeichnet hat, und auch das Interagieren der Figuren untereinander ist trotz einiger neuer Charaktere wieder durchwegs stimmig.

 

Drei Dinge muss ich jedoch bemängeln: Erstens vermisse ich ein wenig die Verknüpfung zu den Geschehnissen im letzten Band. Sicher, dieser war gewissermaßen ein Abschluss der ersten Staffel, und der jetzige Band ist zweifelsohne ein Neubeginn – aber ein paar Handlungsstränge hätten sich – und sei es nur in kurzen Rückblenden oder Gesprächsfetzen – durchaus zwecks wie auch immer gearteter Weiterverfolgung angeboten. Das ist alles in allem ein bisschen schade, und selbst Glieps Entwicklung tritt bis auf ein oder zwei Gelegenheiten, die arg konstruiert und notgedrungenermaßen eingeschoben wirken, ebenfalls auf der Stelle. Zweitens – und das tut mir besonders weh – vermisse ich meinen Liebling Aahz. Er hat am Anfang der Geschichte und im Epilog nur zwei kurze Auftritte – was uns auch schon direkt zu Kritikpunkt drei bringt: Denn der Cliffhanger, mit dem der Band endet, ist wirklich unverschämt und lässt den geneigten Leser wieder Höllenqualen durchleiden, bis der Folgeband erscheint. Wenn man nun noch eins und eins zusammen zählt und dabei berücksichtigt, dass wahrscheinlich zunächst die Kurzgeschichtensammlung auf Deutsch erscheinen und sich das Erscheinen der direkten Fortsetzung hierzulande dadurch noch weiter verzögern wird ...

 

Und auch die Aufmachung muss einmal kritischer beäugt werden: Was mir an der an sich schnörkel- und tadellosen Aufmachung von Bastei im vorliegenden Fall nämlich überhaupt nicht gefällt, ist das Cover-Recycling. Sicherlich ist Walter Velez (gemeinsam mit Phil Foglio, von dem aber nur das Cover zum zehnten Band stammt und der sich sonst eher um die Comics zur Serie gekümmert hat) charakteristisch für das Artwork der Serie, doch ist das für mich kein Grund, dem vorliegenden Band das gleiche Velez-Cover zu verpassen wie dem ehemaligen neunten Band (Ein Dämon auf Achse) der Reihe vom 1993. Bedenkt man, das schon dem ersten der neuen Bände (Ein Dämon lässt die Kühe fliegen) ein nichtssagendes, eher unpassendes Velez-Cover verpasst worden ist, das auch schon in den frühen 90ern Verwendung als Cover (zu einem Buch von Craig Shaw Gardner, um genau zu sein) gefunden hat, dann schmeckt mir das, obwohl ich Velez’ Artwort prinzipiell sehr schätze und obwohl Velez meine Vorstellung von Skeeve, Gliep und Co. natürlich stark geprägt hat, ehrlich gesagt überhaupt nicht. Aber da man es selbstredend mit allem übertreiben kann und besagtes Original-Cover ausnahmsweise keinen Schönheitspreis gewonnen hätte, werde ich mich hüten, dem Band oder dem Verlag hieraus einen Strick zu drehen ...

 

Fazit: So stelle ich mir einen waschechten Myth-Roman vor: Schrullige Charaktere, viele Anspielungen auf unsere (Medien-, Wirtschafts, Politik-, Mode-)Welt, ein versöhnliches, pointiertes Ende und die ein oder andere interessante Wendung oder Überraschung auf dem für unsere Helden meistens ziemlich steinigen Weg dahin. Wenn im nächsten Band Aahz nun wieder in die Riege der Hauptprotagonisten zurück kehrt – wonach es unter Berücksichtigung des offenen Endes von Ein Dämon schafft noch keine Ordnung zweifelsohne aussieht –, das Niveau dieses Bandes wenigstens beibehalten, wenn nicht sogar gesteigert werden kann und man sich bei Bastei Luebbe des Original-Velez-Covers bedient, dann steht dem neuerlichen Siegeszug dieses Dauerbrenners der humorvollen Fantasyliteratur nichts mehr im Wege ..

 

Neuleser, die gerne in die Reihe einsteigen würden, sind mit den kürzlich erschienenen drei Sammelbänden und den darin enthaltenen ersten neun Ausgaben der Dämonen-Reihe besser bedient als mit Ein Dämon schafft noch keine Ordnung, da ein paar Anspielungen und vor allem die Beziehungen der einzelnen Hauptdarsteller samt deren Charakterisierung sich nun mal bis zu diesem Status entwickelt haben und im vorliegenden Band nicht weiter erklärt werden. Außerdem ist es schöner, gerade Skeeves Entwicklung von Beginn an zu verfolgen. Allen anderen, die Asprins und seiner Myth-Serie trotz magerer Jahre und den letzten Ausrutschern bis hierhin die Treue gehalten haben, dürfen sich endlich wieder auf eine würdige Fortsetzung der Abenteuer von unserem sympathischen Meistermagiker Skeeve freuen und gemeinsam mit mir den nächsten Bänden entgegenfiebern ...

 

Robert Asprin und Jody Lynn Nye haben sich mit diesem Band meine Dankbarkeit verdient: Auf ewig werde ich es ihnen hoch anrechnen, dass sie meine Lieblings-Serie wieder zu alter Größe und Qualität geführt haben. Ab und dann hatte die Story zwar einen kleinen Durchhänger, doch wurde das in der Regel schon auf den Folgeseiten kompensiert. So oder so ist man auf dem richtigen Weg, und ich bin zuversichtlich, dass man das jetzige Niveau halten, wenn nicht sogar noch einmal steigern wird.

 

Weiter so, Bob! Danke, Jody!

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20241202125351de2b5633
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Titel: Ein Dämon schafft noch keine Ordnung

Reihe: Die Dämonenreihe

Autor: Robert Asprin und Jody Lynn Nye

Verlag: Bastei Lübbe

Seitenzahl: 317

ISBN: 3404205235

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 19.10.2005, zuletzt aktualisiert: 30.10.2024 19:35, 1416