Emilys Tagebuch
Autorin: Christine Guthann
Homepage: Tanuriell
Der Roman kann hier bezogen werden: novum Verlag
Novum Verlag | ca.200 Seiten |Januar 2003 |ISBN 3-902324-00-7
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Leseprobe:
„ Er kann sie wohl nicht finden“, sagte der Mann zu mir. Ich blickte ihn angewidert an. Aus seinem Tonfall ging ganz deutlich hervor, dass er wusste wo sich Billi befand. Ich spürte wie mein Blut vor Wut in Wallungen geriet am liebsten hätte ich mich wutschreiend auf diesen Mann mit seinem Ohrfeigengesicht gestürzt, aber am Ende war es dann noch ich, der wegen Körperverletzung eine Klange bekommen würde.
„ Vielleicht ist sie in den Garten gegangen, oder in den Wald, oder vielleicht ist sie in ihr Auto gestiegen und wieder nach Hause gefahren“, erklärte der Mann als Don Antonio ergebnislos im Vorzimmer erschien und sein Handy aus der Manteltasche zog um nun die Polizei zu verständigen.
„ Die werden sie auch nicht finden“, sagte der Mann.
„ Sie wissen doch wo sie ist“, sagte ich, „ Was wollen sie von uns. Was sollen wir ihnen geben, dafür dass sie uns sagen, wo sie ist.“
„ Denken sie wirklich das wäre so einfach?“, der Mann lachte abgehackt und so seltsam, wie ich noch nie einen Mann habe lachen hören. Es klang fast ein wenig unmenschlich, so als käme das Geräusch gar nicht aus seinem Mund sondern irgendwo von der Decke herab. Irritiert blickte ich nach oben.
Unterdessen rief Don Antonio die Polizei, seltsam war nur, dass der Mann überhaupt keine Angst zu haben schien. Er blieb völlig gelassen und sagte:
„ Glauben sie wirklich es könnte etwas geben, dass sie haben und ich nicht? Glauben sie mir, von ihnen will ich wirklich gar nichts haben.“
„ Und warum haben sie das dann getan?“
„ Was?“
„ Ich weiß nicht, irgendetwas mit Billi.“
„ Das hat doch keinen Sinn“, ging Don Antonio dazwischen, „ Die Polizei wird gleich hier sein und sich darum kümmern.“
Ich war mir nicht ganz sicher ob das wirklich eine so gute Idee war. Vielleicht würde ihr etwas geschehen, sobald die Polizei hier auftauchte. Der Mann hatte irgendetwas im Blick, etwas, gegen das ich völlig machtlos war.
Ein paar Minuten standen wir uns schweigend gegenüber, nur der Schein aus dem erleuchteten Zimmer legte sich über uns und ich dachte nur darüber nach wie schön es wäre, wenn nun schon alles vorbei wäre, ich in meinem Bett liegen könnte, abschalten könnte, die ganze Nacht durchschlafen könnte und in der Früh lange ausschlafen könnte.
Dann klopfte es unten an der Türe und ich riss mich aus meiner Erstarrung und sprang schnell die Treppe hinunter um der Polizei aufzumachen.
Den Polizisten kannte ich nun schon, er machte ein säuerliches Gesicht.
„ Was ist nun schon wieder?“, sagte er.
„ Dieser Mann“, sagte ich, „ Der mich gestern niedergeschlagen hat, dieser Herr Koller ist ins Haus eingedrungen und hat möglicherweise jemand entführt oder schlimmeres getan.“
„ Natürlich, das klingt ja auch ganz logisch“, sagte der Polizist hinter ihm drängte sich ein Kollege heran, der mich neugierig musterte.
„ Wenn sie mir nicht glauben wollen, der Mann ist oben bei meinem Freund. Sie können ihn gerne selbst befragen.“
„ Das werden wir gerne tun, aber um diesen Herrn Koller kann es sich nicht handeln.“
„ Nicht? Aber das ist derselbe Mann, den ich...“
„ Hören sie, es ist ja meine eigene Schuld, ich hätte schwören können die Papiere selbst gesehen zu haben und jenen Herrn Koller hat es auch wirklich gegeben und er arbeitete auch tatsächlich in dieser Anstalt, aber wissen sie, der Mann ist seit zehn Jahren tot. Wen immer sie dort oben festgenommen haben ist sicherlich nicht dieser Herr Koller.“
Der Polizist lächelte und trat an mir vorbei ins Haus um sich ein wenig unwohl umzusehen, der Kollege grüßte mich und trat hinterher.
„ Aber“, sagte ich, „ Das ist wirklich der Mann, wer soll es denn sonst sein?“
„ Es gibt viele Landstreicher, die sich ein warmes Plätzchen in leerstehenden Häusern suchen und sich für alle möglichen Leute ausgeben nur um ein Dach über dem Kopf haben zu können“, erklärte der Polizist, „ Und es kommt auch vor, dass sie anderen Leuten ordentlich eins über die Rübe hauen, wenn es sein muss“, er nickte mir zu und begann dann die Treppe hinaufzusteigen.
Ob seiner Größe machte er darauf ein ziemliches Getöse.
„ Geht das Licht hier unten nicht?“, fragte mich sein Kollege.
„ Ja, sieht so aus“, sagte ich und folgte den beiden hinauf.
Oben fanden wir Don Antonio allein auf dem Flur stehen.
„ Wo ist er?“, fragte ich.
„Er sagte, ich solle noch einmal gründlich in diesem Zimmer nachsehen“, er wies auf das erleuchtete Rechteck der Türe , „ Und als ich herauskam, war er verschwunden.“
Oh nein, heulte ich im Geiste auf.
„ Aber wir hätten ihn doch die Treppe herabkommen sehen müssen“, sagte der Polizist.
„ Richtig“, entgegnete Don Antonio lahm, er sah sichtlich verwirrt aus und ich machte wohl auch keinen gesünderen Geisteseindruck.
„ Hören sie“, sagte der Polizist, „ Sie sollten sich ein bisschen Ruhe gönnen, sie alle beide. Ich glaube ihnen ja, dass das aufregend ist und jener Herr Koller, der tatsächlich ein Freund der Familie gewesen ist und hier früher ein und aus gegangen sein muss kommt sicherlich als einziger als Mörder dieser jungen Frau in Frage. Aber er ist nun längst tot und Tote kann man nicht einsperren.
Wir konnten die Identität der Frau bestimmen. Ihre Eltern leben nicht mehr. Sie wurde damals als vermisst gemeldet. Mehr wissen wir leider nicht über sie. Ich würde sagen sie sollten das alles am besten vergessen.“
Der Mann nickte uns aufmunternd zu, verabschiedete sich mit seinem Kollegen und trabte die Treppe wieder hinunter.
„ Wie konnte er denn nur entkommen?“, sagte ich zu Don Antonio.
„ Hast du nicht gehört, dass der Mann sagte, jener Herr Koller wäre gar nicht mehr am Leben, er kann gar nicht entkommen sein, weil er gar nicht hier war.“