Engelsfluch - Dämonenkuss von Maren Bonacker
Rezension von Christel Scheja
Maren Bonacker hat sich nach ihrem Studium der französischen und englischen Literatur ganz den Mythen und magischen Wesen verschrieben. Heute arbeitet die Mutter von drei Kindern als Drachenbeauftragte und Leiterin der Kinder-/Jugendbuchabteilung der Phantastischen Bibliothek Wetzlar.
Engel sind seit einigen Jahren wieder in aller Munde. Sie haben vor allem im Bereich der Literatur für Jugendliche die Stelle von Vampiren und Werwölfen eingenommen, sind halbmenschlicher Love-Interest der jungen Heldin und mal als persönlicher Schutzengel unterwegs, der sie vor den Unbilden der magischen Welt beschützen soll, dann wieder der gefallene Engel, der durch die Kraft der Liebe aus der ewigen Verdammnis errettet werden kann.
Maren Bonacker zeigt, dass viele dieser Vorstellungen ihre mythischen Wurzeln haben und es noch weitere Facetten zu entdecken gibt, die die modernen Unterhaltungsromane bisher verschwiegen haben.
Einige Autoren wie Terry Pratchett haben dies erkannt und bieten eine eigene – ziemlich schräge Interpretation – der Engelsmythen im Rahmen der Scheibenwelt. Aber auch ihnen dürften die Märchen bekannt sein, in denen die Engel zu göttlichen Boten bringen und ihren Schutzbefohlen das Glück schenken, wenn nicht auf der Erde, so doch in jedem Fall im Himmel, in dem ein kleines buckligen Mädchen zum Beispiel wieder mit ihrer Mutter vereint wird.
Neben Märchen der Gebrüder Grimm kommen auch moderne Geschichten von Oscar Wilde und Michael Ende zum Zuge, die andere Seiten der Engel zeigen. Und schließlich weiß die östliche und fernöstliche Folklore ganz andere Facetten der Himmelswesen zu zeigen, denen man sich hier im Westen nicht bewusst ist.
„Engelsfluch – Dämonenkuss“ ist eine kleine Zusammenstellung von Texten, die einmal nicht den modernen Klischees folgen, sondern eher deren Wurzeln aufzeigen. Natürlich dürfen renommierte Fantasy-Autoren wie Terry Pratchett und Michael Ende nicht fehlen, das Hauptaugenmerk liegt aber tatsächlich auf den Märchen und Mythen, die nicht so oft genutzt werden.
Sie zeigen die Engel als entrückte himmlische Boten, die Kindern und Erwachsenen das Glück schenken, wenn auch nicht unbedingt auf dieser Welt. Sie verraten aber auch einiges über den Listenreichtum, den manche an den Tag legen, wenn sie ihre ewigen Widersacher besiegen oder vertreiben müssen. Und nicht zuletzt gibt es die Engel, die gar nicht nett gegenüber den Sterblichen auftreten, sondern sie auch bestrafen oder in ihre Schranken verweisen.
Alles in allem haben die ausgewählten Texte nichts mit den Liebesbeziehungen zu tun, die normalerweise in den romantischen Fantasy-Geschichten zu finden sind. Aber sie zeigen, dass Engel auch ganz andere Seiten zeigen können und damit viel facettenreicher sind, als die Autoren die jungen Leser glauben machen wollen. Die im Titel genannten Dämonen tauchen eher selten auf, sind mehr in den fernöstlichen Mythen zu finden. Die Sammlung ist damit eine interessante Ergänzung für alle jugendlichen Engel-Fans, die bisher nur die romantischen Facetten der Himmelsboten kennen.
Alles in allem erweist sich „Engelsfluch – Dämonenkuss“ als interessante Sammlung von eher unbekannten Engelsmärchen und –mythen. Ob sie jedoch bei der angepeilten Zielgruppe Begeisterung finden werden, bleibt offen, da sich so gut wie nichts um Liebe und Romantik dreht.
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