Reihe: Y-The Last Man Bd. 1
Rezension von Christel Scheja
„Y-The last Man“ ist nicht die erste Vision einer Welt, in der alle Männer überraschend sterben. Es hat bereits Romane, Filme und auch andere Comics gegeben, die sich bereits mit diesem Thema beschäftigten und es unterschiedlich auslegten. Die Serie von Brian K. Vaughan und Pia Guerra fügt dem ganzen nur eine neue Facette hinzu.
Alles auf der Welt geht seinen gewohnten Gang. In den politischen Etagen werden Intrigen auf Kosten der schwächeren und unbedeutenderen Abgeordneten gesponnen, Polizisten, Soldaten und andere gehen ihrer Arbeit nach. Und jeder kennt seinen Platz in der Gesellschaft, auch wenn er aufbegehren möchte. Die meisten Frauen haben sich in ihr gesellschaftliches Schicksal gefügt, nur wenige denken darüber nach, was wäre, wenn...
Dann gibt es gibt erste beunruhigende Hinweise, das etwas vor sich geht. Die Sterblichkeitsrate bei männlichen Kindern und Säuglingen steigt an. Noch stört das keinen so richtig, vor allem nicht die Männer, die in erster Linie an sich denken.
Dann jedoch kommt der Tag, der alle männlichen Lebewesen innerhalb weniger Stunden auf einmal dahin rafft. Alle bis auf einen. Allein der verträumte Lebenskünstler Yorick und ein Kapuzineräffchen, dessen er sich angenommen hat, überleben.
Auf der Erde bricht das Chaos aus, denn die Schlüsselstellungen in Politik und Gesellschaft sind vakant. Soldatinnen und Polizistinnen sind nun auf sich allein gestellt, ebenso die Handwerkerinnen. Die Kommunikation und das öffentliche Leben brechen zusammen. Einige Frauen wählen den Freitod, andere sehen in der Entwicklung eine Strafe der Natur, die sie zur herrschenden Spezies gemacht hat.
Yorick versucht indessen zu überleben und sich nach Washington durchzuschlagen, wo sich seine Mutter zuletzt aufgehalten hat. Als er es erreicht, erlebt er eine Überraschung, denn sie ist zu nichts weniger als der Präsidentin der Vereinigten Staaten geworden.
Und sie stellt das Wohn der Gemeinschaft über das ihres eigenen Kindes. In Begleitung der geheimnisvollen Agentin „355“ soll er sich zu einer bekannten Wissenschaftlerin begeben, um herauszufinden, warum gerade er überlebt hat und ob es noch Hoffnung für die Menschheit geben kann...
„Y-The Last Man“ setzt das Thema modern um. Die sattsam bekannten Klischees aus den früheren Romanen und Filmen haben sich verändert und weiter entwickelt, sie sind nicht mehr länger eindimensional und negativ, Yorick auch nicht unbedingt der willensstarke und hochintelligente Held. Er weiß zwar was er nicht unbedingt will - aber er hat auch nicht immer die Kraft, sich gegen die Willkür der Frauen zu wehren. Das macht ihn menschlich und liebenswert und ein wenig ausgereifter als die meisten Frauencharaktere. Neben ihm und „355“ sind die meisten Figuren auf wenige Charakterzüge reduziert. Das geht aber auch nicht anders, um den dynamischen Erzählstil nicht zu behindern. Die Geschichte wirft ein paar interessante Fragen auf und löst sie unterhaltsam, Autor und Zeichnerin nehmen sich auch die Zeit, um darzustellen, wie die einzelnen Personen mit der Veränderung zurecht kommen, und was das für sie bedeutet. Dabei wird nicht polemisiert, sondern differenziert. Es gibt Menschen, die mit ihrem Schicksal hadern und daran zerbrechen, andere versuchen das Beste daraus zu machen und an die Zukunft zu denken, während die letzte Gruppe überschnappt und in ihrem Größenwahn nur noch mehr Schaden anrichtet.
Insgesamt bietet „Y-The last Man“ einen kurzweiligen Auftakt der Reihe, der neben einer spannenden Handlung auch noch sympathische Charaktere und eine differenzierte, moderne Sichtweise des Themas bietet. Es lohnt sich deshalb auch aufgrund der hochwertigen und realistischen Zeichnungen einen Blick in die Graphic-Novel zu werfen.