Druckversion: Fafhrd und der Graue Mausling

Fafhrd und der Graue Mausling

Rezension von Oliver Kotowski

 

Rezension:

Fafhrd und der Graue Mausling ist die Comic-Adaption von Fritz Leibers Kurzgeschichten um jenes heroische Schurkenduo. Neben sieben Geschichten, die den Sammlungen Ill Met in Lankhmar (dt. Der unheilige Gral) und Lean Times in Lankhmar (dt. Die Herren von Quarmall) entnommen sind, gibt es noch ein Vorwort von Howard Chaykin, ein Nachwort von Mike Mignola und eine Vorstellung von Autor und Werk durch Christian Endres.

 

Fafhrd ist ein großer, muskelbepackter Berserker aus dem eisigen Norden, mit dessen Barbarenehre es nicht weit her ist, denn der Rotbart säuft, spielt und stellt Frauen nach; seinem engen Freund, dem Grauen Mausling, gegenüber ist er aber sehr loyal. Der wiederum ist ein kleiner, quirliger Typ (vermutlich) aus der Südstadt Tovilyis, der aber ein Seelenverwandter des Nordlings ist: Er teilt dessen eher lockeren Lebenswandel. Dieser ist kostspielig. Die zwei schelmischen Schwerenöter setzen Leib und Leben ein um Wein und Weib finanzieren zu können; bluten müssen zumeist allerdings die Anderen.

So durchstreifen sie mit ihren bizarren Abenteuern und gewagten Diebereien mal auf eigene Faust, mal im Auftrage der mächtigen und mysteriösen Magier Schilba und Ningaubel die exotischen Länder Nehwons und besonders die verderbte Stadt Lankhmar.

 

Die Geschichten im Einzelnen:

Eine Schicksalhafte Begegnung in Lankhmar (46 S.) führt Fafhrd und den Grauen Mausling erst zusammen. Beide planen zufällig denselben Kurier der Diebesgilde auszurauben – sie sind einander sofort sympathisch. Fafhrds Freundin Vlana hat noch eine Rechnung mit der Gilde offen und gemeinsam mit des Mauslings Freundin Ivrian treibt sie das schurkische Paar an ihre Rache blutig auszuführen.

Den dramatischen Folgen versuchen die beiden Spitzbuben dadurch zu entgehen, dass sie die Stadt verlassen, aber Schilba mit dem blinden Antlitz rät ihnen in der Stadt zu bleiben, schließlich liegt auf den beiden Der Fluch der Wiederkehr (14 S.). Doch es treibt sie fort und so treiben sie ziellos durch die Länder Nehwons.

Der heulende Turm (32 S.) liegt dabei auf ihrem Weg durch eine Einöde in der Menschen verschwinden. Es wird vermutet, dass das gespenstische Heulen von Wölfen stamme, doch der Führer der zwei Gauner hat noch nie einen Wolf gesehen – oder mit jemanden aus der Gegend gesprochen, der einen getötet hätte. Doch es heißt, dass es einen einsamen Turm gäbe, wo das schreckliche Heulen am lautesten sei; am nächsten Morgen ist ihr Führer fort.

Der Preis des Vergessens (20 S.) ist hoch: Zurück in Lankhmar treibt die beiden immer noch die Tragödie der Vergangenheit um. Man bittet Schilba bzw. Ningaubel um eine Lösung des Problems. Die wird natürlich gewährt – wenn man die Maske des Todes raubt. Es folgt eine Reise ins Reich des düsteren Schnitters, an deren Ende die beiden Diebe mit einander konfrontiert werden.

Skandal! Ein Händler eröffnet den Basar des Bizarren (28 S.) auf dem Platz der dunklen Freuden – doch die Waren sind so erlesen und so spottbillig zu haben! Während der Mausling dem finsteren Zauber verfällt, halten Schilba und Ningaubel Fafhrd an den kleinen Dieb (und Nehwon) zu retten, denn die Verschlinger sind gekommen. Diese holen jeden echten Wert aus einem Markt heraus und geben dafür nur wertlosen Tand – und sie gieren nach dem neuen Absatzmarkt Nehwon.

Es brechen Schwere Zeiten in Lankhmar (29 S.) an, denn was sonst könnte die Unzertrennlichen trennen? Während Fafhrd den weltlichen Genüssen entsagt, sein Schwert zerbricht und ein Jünger des leidenden Gottes Issek vom Kruge wird, schließt sich der Mausling der Erpresserbande von Pulg an: Man bietet den Religionsgemeinden auf der Strasse zwischen Zitadelle und Marschtor Schutz – den Schutz vor Pulgs Bande. Fafhrd, der ein ausgebildeter Skalde ist, erzählt Geschichten, die bei den Gläubigen gut ankommen, und somit rückt die Gemeinde näher an die Zitadelle; als schließlich Geld ins Spiel kommt, muss der Mausling sich etwas ausdenken, damit er (im Namen Pulgs) dem Nordling nichts ernsthaftes antun muss.

Der Boden in Lankhmar ist wieder einmal zu heiß geworden und die Beiden machen sich mit einer frisch in Besitz genommenen Schaluppe auf und davon. Fafhrd entdeckt einen magischen Tunnel, der in die Tiefen der See führt, und erinnert sich daran, dass In Abwesenheit des Königs der Meere (19 S.) dessen Konkubinen sich sterbliche Geliebte suchen. Da Fafhrd nun schon seit einiger Zeit keine Frau mehr hatte und der Geldbeutel auch sehr schmal geworden ist, steigt er ins Meer hinab. Der Mausling, voller böser Vorahnungen, folgt ihm zögernd – was, wenn der König zurückkommt?

 

Howard Chaykin (Texte) und Mike Mignola (Zeichnungen) liefern eine gute Adaption von Leibers Geschichten. Dennoch gibt es zwangsläufig Einschnitte. Die Figuren sind weniger vielschichtig – es fehlen Dinge wie der innere Kampf, die eigenwillige Gebrochenheit des hoch gebildeten Berserkers Fafhrd oder des abergläubischen Atheisten Mausling. Es werden die komischen Seiten des tragisch-komischen Duos betont. Die Zwiespältigkeit geht jedoch nicht zur Gänze verloren, sondern bleibt erahnbar. Auch bei den Geschichten werden die offensichtlichen Elemente betont und die psychologischen nur angedeutet. Das wird bei dem Humor am deutlichsten: Statt feiner sardonischer Bemerkungen gibt es Situationskomik. Wiederum gilt, dass die Ironie Leibers nicht total gestrichen, aber wesentlich reduziert wurde.

Leiber greift mit spitzer Ironie Größen des Fantasy-Genres, vor allem Conan, auf um sich spielerisch von ihnen abzusetzen und kontrastiert historische Vorbilder mit bizarren Fabulationen. Mignolas Zeichenstil versucht dieses einzufangen, in dem er expressionistische Elemente, wie deren Dynamik, mit solchen der Pop-Art, wie deren Prägnanz, vermengt. Die düsteren Farben untermalen die ebenso düsteren Themen der Geschichten.

 

Die drei Zusatztexte sind durchwachsen; während Chaykins Vorwort (2 S.) mehr von seinem Verhältnis zum Pulp als von dem zu Leibers Geschichten verkündet, hat Mignola eine längere Beziehung zu den Schurken und zeichnet diese wechselhafte Beziehung im Nachwort (2 S.) nach. Viel Interessantes hat keiner von Beiden zu sagen, aber Mignolas Erzählstil ist immerhin ganz amüsant. Christian Endres Text (8 S.) stellt dann Fritz Leiber und dessen Werk knapp vor. Hier gibt es für den Eingeweihten zwar nichts Neues, dafür aber stellt Endres kenntnisreich und pointiert die verschiedenen Schnipsel zusammen, so dass ein Neuling einen stimmigen und zusammenhängenden Überblick erhält und ein Kenner die wichtigsten Punkte noch einmal nachlesen kann.

 

Fazit:

Der hünenhafte Berserker Fafhrd und der knabenhafte Dieb Grauer Mausling erleben sieben pikareske Abenteuer an den ungewöhnlichten Orten der Welt Nehwon. Comic-Freunde, denen Leibers Schurkenduo unbekannt ist, werden mit diesem Comic eine wunderbare Sammlung von Sword & Sorcery-Geschichten erhalten, die Lust auf mehr machen dürfte. Wer Leibers Geschichten schon kennt, sollte sich darüber im Klaren sein, dass eine Adaption immer auch eine Interpretation ist; Chaykins und Mignola entscheiden sich dazu, das Schnelle, Vordergründige und Komische der Geschichten zu betonen, ohne das Hintergründige und Tragische komplett fallen zu lassen. Es ist eine gute Adaption der hervorragenden Geschichten Leibers – aber eine Interpretation.

Nach oben

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240328095122c4c510ef

Fafhrd und der Graue Mausling

Text: Howard Chaykin

Zeichnungen: Mike Mignola

Tusche: Al Williamson

Cross Cult (September 2007)

Hardcover, 205 Seiten

ISBN-10: 3936480613

ISBN-13: 978-3936480610

Erhältlich bei: Amazon

, zuletzt aktualisiert: 24.03.2024 10:42