Fegefeuer (All in One)
 
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Fegefeuer

Rezension von Christel Scheja

 

Es gibt Geschichten, die eigentlich Mainstream sind, dann aber doch so phantastisch, dass sie auch den Genrefan interessieren könnten. „Fegefeuer“ von Christophe Chabouté gelingt dieser Spagat zwischen Anspruch und Unterhaltung, nachvollziehbarem Realismus und magischer Fantasy.

 

Benjamin Tartouche ist ein Verlierer auf voller Linie und merkt es zunächst nicht einmal, weil er zu unschuldig in die Welt blickt und erst einmal davon ausgeht, dass alle Menschen nur sein Bestes wollen.

Zuerst verliert er seine Familie und seine Arbeit, ohne das zu verstehen, dann brennt auch noch in einer chaotischen Nacht sein Haus ab und er steht komplett ohne Papiere und Geld da, denn alles, was er besessen hat, ist zu Asche geworden.

Nun muss er auch feststellen, dass die Versicherung, die er gerade erst abgeschlossen hat, auch nicht die Versprechen hält, die ihm gemacht wurden. Zwar bleiben der Chef und seine Leute, der Sachverständige und die restlichen Angestellten freundlich – aber sie helfen ihm nicht wirklich, so wie es vollmundig versprochen wurde. Die Mühlen der Bürokratie sorgen für den Rest.

Schon bald ist Benjamin obdachlos und irrt auf den Straßen umher. Er klammert sich immer noch an Hoffnungen, die aber ein jähes Ende finden, als er schließlich von einem achtlos auf der Straße daher rasenden Straßenkreuzer erfasst und überfahren wird.

Er findet sich schließlich in einer dunklen Ebene wieder und wird aufgeklärt, dass er sich im „Fegefeuer“ befände, weil noch nicht darüber entschieden sei, ob er in den Himmel oder die Hölle gehen soll. Nachdem ihm seine Sünden vor Augen geführt worden sind, wird er noch einmal auf die Erde zurück geschickt, um sich zu bewähren. Er soll als substanzloser und farbloser Geist zum Gewissen eines Menschen werden und diesem helfen, Fehler zu bereinigen oder nicht erst zu begehen. Wann und wie die Prüfung endet ist offen, denn er muss diese ganz bestimmte Person erst einmal finden ...

 

„Fegefeuer“ erzählt sicherlich keine neue Geschichte, denn die Parabel von dem gutherzigen Simpel, dem erst nach dem Tod die Augen aufgehen und er erst dann erkennt, was alles nicht mit seiner Umwelt stimmt und mit Idealismus aber nur geringen Möglichleiten daran geht, die Welt zu verändern, wird nicht zum ersten Mal erzählt.

Was die Geschichte aber auszeichnet ist die Warmherzigkeit und Liebe, die der Künstler dem Geschehen entgegen bringt. Oft genug sprechen die Bilder einfach nur für sich – es braucht keine Worte um zu erklären was da vor sich geht, denn die Mimik der Figuren, kleine Gesten und Details sagen schon genug aus. Benjamin ist von Anfang an sehr sympathisch und bleibt es auch nach seinem Tod.

Dadurch dass auch er sich kleine Sünden erlaubt hat, die sich zu Lawinen für andere ausgeweitet haben, wird er sehr menschlich und man fühlt und bangt mit ihm, bewundert aber auch seine Langmut, die ihm dabei hilft, sein Schicksal anzunehmen und durchzuhalten. Deshalb freut man sich um so mehr über das Ende.

Gleichzeitig nutzt der Künstler die Geschichte aber auch, um ein wenig Gesellschaftskritik anzubringen, sich satirisch zu gewissen Zuständen zu äußern und den Menschen einen Spiegel vorzuhalten.

Das ist alles sehr spannend und lebendig, so dass man gar keine Action braucht, um mitzufiebern. Denn allein die Figuren sind so intensiv dargestellt, das man sie entweder hasst oder liebt und freut, wenn die fiesen Gestalten eines auf den Deckel kriegen.

Gerade weil man die Geschichte in einem lesen kann, kann man ihr volles Ausmaß ermessen.

Da macht es auch nichts aus, dass der phantastische Element eher gering ist.

 

Alles in allem mag „Fegefeuer“ vielleicht ein actionreicher Fantasy-Comic sein, ist aber dennoch ein Leseerlebnis, da die phantasievolle Parabel das Herz zu berühren weiß.

 

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 202404251146156206782d
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Fegefeuer

Autor und Zeichner: Christophe Chabouté

Aus dem Französischen von Marcel Le Comte

Purgatoire, Frankreich 2009

Comic, Hardcover, 191 Seiten

Ehapa Comic Collection, Köln, erschienen April 2010

ISBN-10: 3770433513

ISBN-13: 978-3770433513

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 26.06.2010, zuletzt aktualisiert: 11.04.2024 08:09, 10634