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Flash Anthologie – 75 Jahre Abenteuer im Zeitraffer

Rezension von Ingo Gatzer

 

Rezension:

Flash ist neben Batman und Superman wohl der beliebteste Superheld des DC-Universums. Grund genug, dem schnellsten Mann der Welt zum Jubiläum mit „Flash Anthologie – 75 Jahre Abenteuer im Zeitraffer“ eine Würdigung im XL-Format zukommen zu lassen. Der 412 Seiten starke Sammelband enthält insgesamt 20 Storys, die zwischen 1940 und 2014 erschienen sind.

 

Einige Fans werden sicherlich die eine oder andere Geschichte vermissen – etwa das erste Auftreten von Professor Zoom alias Reverse Flash in The Flash 139 (1963). Die Auswahl der Storys ist jedoch insgesamt wirklich gut und repräsentativ, auch wenn die Geschichten aus dem letzten Vierteljahrhundert etwas überrepräsentiert sind.

 

Natürlich darf die Origin-Story aus dem Jahr 1940 von Gardner Fox mit den teils eher wie Skizzen anmutenden Zeichnungen von Harry Lampert nicht fehlen. Immerhin gelingt es Lampert passabel, die Mimik seiner Figuren darzustellen und die Lektüre macht Spaß, auch wenn gerade die Schurken („Die Fehlerfreien Vier“, „Satan“) und ihre Handlungen aus heutiger Sicht etwas naiv wirken.

 

Genau wie in der der ersten Geschichte ist auch bei der zweiten, neun Jahre später erschienen Story Jay Garrick der Held. Die von Robert Kanigher erdachte Handlung hat Charme, aber einige logische Defizite. Dafür stellen die Zeichnungen von Carmine Infanto, der die Darstellung von Flash lange prägen sollte, einen sichtbaren Qualitätssprung dar.

 

Das kreative Duo ist auch für die dritte Geschichte aus dem Jahr 1956 verantwortlich. Hier hat Kanigher einige innovative Ideen, die teilweise auch in aktuelleren Veröffentlichungen aufgegriffen werden. Infantos Arbeit gefällt vor allem durch die Veranschaulichung der Geschwindigkeit des Flash, bei dem es sich nun um Barry Allen handelt.

 

Vier Jahre später liefert John Broome eine Geschichte über Kid Flash alias Wally West, die wiederum Infantino bebildert. Die eher eindimensionale Handlung ist zwar recht unspektakulär, zeigt aber den Trend zu jugendlichen Helfern, den wahrscheinlich Batmans Sidekick Robin eingeläutet hat.

 

Ansprechender ist da die Story „Doppelte Gefahr für die Erde“ aus dem Jahr 1962 geraten, für die Gardner Fox und Carmine Infantino verantwortlich sind. Hier tauchen nicht nur Superschurken auf, mit denen sich moderne Flashs noch heute herumschlagen müssen. Auch damals noch recht frische Konzepte wie das DC-Multiversum finden sich hier bereits.

 

Vier Jahre später lassen John Broome und Carmine Infantino zwei Flashs gegeneinander kämpfen. Auch wenn der Körpertausch ein halbes Jahrhundert später etwas albern wirkt, gefallen doch die Zeitwechsel, die für erzählerische Dynamik sorgen und die etwas ausgeprägtere charakterliche Tiefe der Figuren.

 

In „Der Flash-Effekt“ aus dem Jahr 1977 zeigen Autor Cary Bates und Zeichner Iry Novick erstmals eine Miss Flash. Die Macher geben sich sichtlich Mühe, die Handlung wissenschaftlich zu fundieren und bieten ein furioses Finale.

 

Im Mittelpunkt der fünf Jahre später erschienen achten Geschichte des Sammelbandes steht der junge Kid Flash alias Wally West. Auch wenn Autor Marv Wolfman seine Schurken nicht sonderlich intelligent agieren lässt, gefällt doch der Blick auf die Superheldengruppe Teen Titans und die ungewöhnliche Erzählsituation. Gleichzeitig liefert Zeichner George Pérez solide Arbeit ab.

 

Auch die Erzählsituation von „Flash aus einer anderen Welt“ aus dem Jahr 1990 ist ungewöhnlich. Grant Morrison lässt die Geschichte nämlich vom achtjährigen Garfield Logan als Nacherzählung schildern und Zeichner Mike Parobeck bringt das ganze in das Format eines Comics, wobei er einzelne Illustrationen des Kindes einstreut.

 

Die im Jahr danach erschienene Story „Niemand stirbt“ besticht optisch durch den ansprechend inszenierten freien Fall des Helden durch Greg LaRocque. Allerdings hakt die von William Messner-Loebs erdachte Handlung durch einige unlogische Elemente und Entscheidungen.

 

„Keine Zeit mehr“ aus dem Jahr 1994 ist zwar kein visueller Leckerbissen, da Mike Wieringo immer wieder einige Elemente in seinen Zeichnungen mehr andeutet als darstellt. Dafür ist die Storyline von Mark Waid innovativ und thematisiert auch das Innenleben des Superhelden.

 

Bei der nächsten Geschichte - „Kid Flash, Tag zwei“ - ist es genau anders herum. Die Gestaltung der Charaktere mit ihrer ausdrucksstarken Mimik durch Humberto Ramos ist absolut sehehenswert. Dafür ist die Handlung aber nicht besonders fesselnd und eher für jüngere Leser interessant, die sich mit dem jungen Kid Flash identifizieren können.

 

„Ruhige Kugel in hektischen Zeiten“ ist ein echtes Highlight der Anthologie. Die Ausnahmeautoren Mark Millar und Grant Morrision werfen einen herrlichen komisch-melancholischen Blick auf Flash sowie andere Pro- und Antagonisten. Die stimmige visuelle Umsetzung, obliegt Paul Ryan, der gekonnt seine Figuren gestaltet und mit Schatten spielt sowie visuell immer wieder auf den Film noir verweist.

 

„Umzug mit Tücken“ von Autor Geoff Johns und Zeichner Scott Kolins wirkt als Kontrapunkt dazu schrill und bunt. Die Handlung wirkt leider nicht besonders stimmig und die Gags zu sehr gewollt. Immerhin ist die optische Umsetzung passabel.

 

„Flash“ aus dem November 2002 von Paul Dini umfasst nur eine Doppelseite und ist mehr eine Origin-Story im Kompaktformat, bei dem Alex Ross´ realistischer Stil zu gefallen vermag.

 

Eine weitere Perle der Anthologie ist „Schneller als der Tod“. John Loeb gelingt eine spannende und actionreiche Story, die Ed McGuiness ansprechend bebildert.

 

Sogar noch besser ist „Mit vollem Tempo“ aus dem Jahr 2006. Das liegt nicht nur an der guten Story von Dwayne McDuffie, sondern vor allem an der genialen visuellen Gestaltung von Ethan van Sciver. Nicht nur das Design des Superhelden, sondern auch verschiedene weiterer Elemente wie Flammen oder Haare sind beeindruckend gezeichnet. Die detailreichen und aufwendigen Zeichnungen sind hier echte Hingucker.

 

Dagegen fällt „Flash Comics“ aus dem Jahr 2009 zeichnerisch leider ab. Illustrator Brenden Fletcher wählt ein unpraktisches Hochformat, mit kleinen Panels und setzt immer wieder auf eine unschöne Rasterung. Die von Karl Kerschl stammende Geschichte ist manchmal etwas verwirrend, aber nicht ohne Reiz.

 

Dafür ist die folgende titellose Flash-Geschichte wieder sehr ansprechend. Autor Francis Manapul montiert aktuelle und frühere Ereignisse aus der Geschichte des Blitzes sehr gut und Zeichner Brian Buccelato setzt den Wechsel zwischen den Zeit- bzw. Vorstellungsebenen visuell sehr gut um.

 

Der Abschluss „Alte Namen, neue Helden“ ist passabel geraten, allerdings nicht mehr. Durch das erst in der nächsten Folge aufzulösenden Ende ist die von einem Autoren-Trio erdachten Story auch nicht unbedingt die beste Wahl für eine Anthologie.

 

Der Sammelband besticht durch eine edle Aufmachung im Hardcover. Zudem werden alle Geschichten durch kurze Texte perfekt eingeordnet. Auch an interessante Artikel zu den einzelnen Epochen der Flash-Historie haben die Macher gedacht. Sehr gut.

 

 

Fazit:

Noch kein Weihnachtsgeschenk für einen Comic-Fan? Dann ist „Flash Anthologie – 75 Jahre Abenteuer im Zeitraffer“ angesichts der hochwertigen Aufmachung und vieler guter sowie einiger herausragender Geschichten ein heißer Tipp.

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Comic

Flash Anthologie – 75 Jahre Abenteuer im Zeitraffert

Autoren: Gardner Fox, Robert Kanigher, Mark Millar, Grant Morrison, John Loeb, Dwayne McDuffie, Francis Manapul

Zeichner: Carmine Infanto,Paul Ryan, Humberto Ramos, Ed McGuiness, Brian Buccelato

Erscheinungsdatum:

Panini, November 2016

Hardcover, 412 Seiten

 

ISBN-10: 3957989965

ISBN-13: 978-3957989963

 

Erhältlich bei: Amazon

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240418082004d91c0d47
, zuletzt aktualisiert: 07.04.2024 09:00