Kroll selbst gab deutlich mehr Morde zu als die zwölf, die ihm letztendlich nachgewiesen werden konnten. Zu seinen faktisch feststehenden weiblichen Opfern im Alter von grad vier (!) bis einundsechzig Jahren dürften die Frauen hinzukommen, die zwischen 1956 und 1976 im Rhein-Ruhr-Gebiet vergewaltigt und (meist) durch Erwürgen ihren Tod fanden und die Kroll als »seine« ausgab.
Wahnsinn hat einen Namen – Mensch!
Damaris Wieser
Warum er Fleischstücke aus Hüfte und Gesäß seiner Opfer geschnitten hätte? Um zu probieren, wie menschliches Fleisch eigentlich schmecke, erklärte Kroll den Ermittlern. Zudem wäre er neugierig gewesen darauf, zu sehen, wie Menschen von innen aussehen. In Plastiktüten abgepackte Fleischstücke, ordentlich frisch gehalten im Tirfkühlfach, fand man bei der Durchsuchung seiner kleinen Dachgeschossgewohnung im Juli 1976 in der Friesenstraße im Duisburger Stadtteil Laar.
Die Inspektion erfolgte, weil ein Nachbar Krolls Polizeibeamten im Rahmen einer Großfahndung nach der kleinen Marion Klettner, die zwei Tage zuvor von einem Spielplatz spurlos verschwunden war, von verstopften Toilettenrohren erzählte. Kroll habe wohl ein Kaninchen ausgenommen und die Innereien abzuspülen versucht. So grotesk das klingt, es war diese banale Sache, die hellhörig machte. Und die zur Verhaftung des schon so lange gesuchten Serienkillers führte. Die Eingeweide im Toilettentopf waren keine tierischen, und auf Krolls Herd kochte ein Eintopf, bestehend aus Möhren, Kartoffeln und einer Kinderhand. Marion, der Kroll Schokolade versprochen hatte, um sie in seine Wohnung zu locken, sie dort zu missbrauchen, zu töten und Teile von ihr zu essen, war Krolls letztes Opfer.
Den Beamten, die Kroll verhörten, fiel es definitiv nicht leicht, mit dem einsilbigen, denkwürdig unaufgeregt scheinenden Mann irgendwie warm werden zu müssen, um detaillierte Geständnisse von ihm zu bekommen. Aber auf die vertrauliche Tour, – man zeigte sich fast kumpelhaft im Verlauf bei der Gespräche, duzte sich auch, um Krolls Vertrauen zu gewinnen, die Ehefrau eines Polizisten servierte ihm sogar, einzig der Sache dienend, sein Lieblingsgericht: Reibekuchen mit Rübenkraut –, schafften sie es, ihn recht unbekümmert gesprächig zu machen. Unbekümmert, da sichtlich und hörbar nicht sonderlich betroffen von seinem grauenvollen Treiben. Unzählige Male fuhr man mit Kroll zu den einzelnen Tatorten im Rhein-Ruhr-Gebiet, wo er sich recht detailliert erinnerte und sogar »Szenen« mit einer freiwilligen Beamtin nachspielte.
Kroll, der wahrhaftig dachte, er könne operiert werden, um »normal« zu funktionieren, und würde anschließend wieder freigelassen, wurde 1979 vom Landgericht Duisburg zu neunmal lebenslänglich verurteilt. Er starb im Juli 1991 an einem Herzinfarkt.
Während der jahrelangen Suche nach dem Kannibalen von Duisburg gab es drei zusätzliche Tote, die Kroll auf dem Gewissen hat. Gewissen? Nun … nein. Aber juristisch belangen konnte man ihn deswegen zumindest nicht. Die drei Toten waren Männer, die fälschlicherweise zu unterschiedlichen Zeiten und in unterschiedlichen Fällen als Verdächtige ins Visier genommen worden waren. Sie hatten sich anschließend selbst das Leben genommen.