Druckversion: Freaks (Dorian Hunter 6)

Freaks

Reihe: Dorian Hunter 6

Hörspiel

 

Rezension von Oliver Kotowski

 

Rezension:

Der FBI-Agent Tim Morton nimmt Dorian Hunter mit nach New York. Er will dem Engländer seine Verbündeten vorstellen: die Freaks von Manhattan. Die Freaks sind auf den ersten Blick grässlich verunstaltete Menschen, doch Morton weiß mehr – es sind die Ausgestoßenen der Schwarzen Familie. Zwischen den Freaks und den Dämonen herrscht ein instabiler Waffenstillstand, bei dem beide Seiten auf einen Fehltritt der anderen lauern, um dann über diese herfallen zu können. Und eben diesen inszeniert der Dämon Frank Leary, als er den beliebten Freak Jimmy Boy brutal mit einem Eisenrohr zu Brei schlägt. Was bezweckt er mit diesem Mord? Und was bezweckt er damit, dass er den Leichnam vor der Tür Dorian Hunters, des erbarmungslosen Dämonenjägers, deponiert? Schließlich wird niemand Dorian anrühren, so lange Tim Morton für ihn bürgt.

 

Freaks ist im Wesentlichen ein Thriller mit vielen Elementen des Flucht-Plots, denn – der Hörer ahnt es schnell – Tim Mortons Protektion wird nicht ewig währen. Entsprechend gibt es zunächst ein paar Rätsel, dann ein paar Situationen direkter Bedrohung, die durch defensive Kämpfe und Fluchten aufgelöst werden. Hinzu kommen ein paar komische Momente wie etwa der Umstand, dass der Engländer Dorian als einziger Bourbon trinkt – alle New Yorker trinken Scotch – oder Dorians bekannter Sarkasmus. Ungewöhnlich sind jedoch die Erzählperspektiven – es gibt zwei. Da sind zunächst Dorians Szenen, die aus einer Mischung aus objektiver und personaler Perspektive erzählt werden und dann Frank Learys, in denen der Blickwinkel eine Mischung aus Ich-Erzählung (mit einigen inneren Monologen) und personaler Perspektive ist. Das Ergebnis ist leider recht durchwachsen. Es ist zwar erfrischend, einen Fall aus der Sicht des Bösewichts zu verfolgen, aber da durch sind einige Fallen keine Überraschungen mehr. Es wäre vielleicht besser gewesen, sich noch stärker auf die Perspektive Franks einzulassen und die Spannungsquellen entsprechend 'umzudrehen'.

Das führt zu den anderen Strängen: Wieder wird das Geschehen um das Henkersschwert, welches Dorian in der Folge Das Henkersschwert erhielt, vorangetrieben und am Ende gibt es noch einen doppelten Ausblick. Damit und mit Telefongesprächen werden einige Figuren, die in England geblieben waren, in der Reihe gehalten. Mittlerweile nehmen diese Plänkeleien allerdings einigen Raum ein und das wirkt sich gerade am Ende negativ auf das Verhältnis von dramatischem Höhepunkt und realem Hörspielende aus: Nach dem Höhepunkt werden noch einige Fragen bezüglich der Freaks beantwortet und dann gibt es zwei Ausblicke, die zudem noch durch einige Sekunden Stille gedehnt werden.

 

Es gibt zwar eine recht große Anzahl von Sprechrollen – dreizehn werden benannt – doch viele von ihnen haben nur wenige Sätze. Über die Stammbesatzung muss nur wenig gesagt werden: Thomas Schmuckert (Dorian Hunter), Claudia Urbschat-Mingues (Coco Zamis), Hasso Zorn (Norbert Helnwein) etc. machen ihre Sache gewohnt gut, da gibt es nichts zu mäkeln. Marco Göllner war in der Rolle des FBI-Agenten Tim Morton schon in Der Griff aus dem Nichts zu hören gewesen; ob er noch öfter in dieser Rolle zu hören sein wird, bleibt abzuwarten. Bleiben noch fünf wichtigere Sprecher zu erwähnen, bei denen Schwergewichte und eher Unbekannte sich die Waage halten. Hans-Werner Bussinger (Jan Tenner, John Sinclair, Gruselkabinett etc.) und Eva Michaelis (Animorphs, TKKG – und witzigerweise hat sie in der Nocturna Audio-Fassung von Im Zeichen des Bösen die Anja gesprochen) sind Veteranen, die ihre Rolle gut ausfüllen – Bussinger dreht als manischer Sado-Masochist Frank Leary richtig auf, doch auch Michaelis überzeugt als unauffälligere Lilli. Auch hier gibt es nichts zu kritisieren. Gordon Piedesack (Dreamland Grusel, Leon Traumgänger etc.) spricht den Vampir-Paten. Er klingt deutlich wie ein Film-Pate – das klingt mir etwas zu kitschig. Bleiben zwei eher unbekannte Sprecher: Costa Meronianakis, der bisher vor allem aus Dreamland-Produktionen wie Tony Ballard oder Andi Meisfeld bekannt ist, und Lennardt Krüger, der bisher eher in Krimi-Hörspielen wie Die drei ??? kids oder Wallander zu hören war, aber doch ein paar mehr Produktionen auf dem Buckel hat. Apropos Buckel: Beide sprechen Freaks (But Lintock bzw. Sidney Morton). Da der Hörer deren Verunstaltungen natürlich nicht sehen kann, hat man beschlossen, sie und die anderen Freaks durch Sprachfehler, eine bizarre Stimmlage oder dergleichen zu kennzeichnen. Das klingt zwar wirklich nach Freak-Show, aber dennoch wäre hier meines Erachtens weniger mehr gewesen – es nervt schon.

 

Regisseur Marco Göllner bleibt sich treu und inszeniert abwechslungsreich und modern. Das beginnt mit dem Vermeiden von Erklärungen, die über die Szene hinaus greifen, und dem geschickten Einsetzten von inneren Monologen. Bei den Musiken und Geräusch-Effekten geht es weiter. Die Titelmusik und Stücke, die zur Überleitung von Szenen verwendet werden, erinnern an Industrial, wenn die Musik zur Unterstreichung der Dramaturgie verwendet wird, wird sie durch Hall-Effekte und ähnlichen verzerrt und kann kaum mehr von einer melodiösen Geräuschkulisse unterschieden werden. Die Geräusche selbst werden ähnlich vielfältig eingesetzt: Mal stehen sie für sich alleine, mal unterstreichen sie einzelne Handlungen. So werden weite Teile mit einem Klangteppich unterlegt – und dann wiederum gibt es wieder Momente völliger Stille.

 

Fazit:

Frank Leary ermordet Jimmy Boy, womit er den Waffenstillstand zwischen Dämonen und Freaks ins Wanken bringt. Den Leichnam deponiert er vor Dorian Hunters Tür – Zufall? Mit Freaks geht die Reihe Dorian Hunter in die sechste Runde. Es ist zwar die bisher schwächste Folge, da einiges zu überzogen ist und die an sich interessante Perspektive Frank Learys leider einige Spanungsquellen ausbremst, doch nicht zuletzt aufgrund der sehr gelungenen Inszenierung ist sie immer noch hörenswert.

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 202404192049497a9afb26

Hörspiel:

Freaks

Reihe: Dorian Hunter 6

Produzent: Dennis Ehrhardt

Vorlage: Der Teufelskreis von Ernst Vlcek

Label: Zaubermond Audion

Erschienen: Juli 2009

Umfang: 1 CD, ca. 74 min.

 

Asin: 3936558663

 

Erhältlich bei: Amazon

 

Sprecher (Auswahl):

Thomas Schmuckert

Hans-Werner Bussinger

Marco Göllner

Costa Meronianakis

Lennardt Krüger

Gordon Piedesack

Eva Michaelis

, zuletzt aktualisiert: 28.12.2023 19:05