Freispruch für den Hund der Baskervilles (Autor: Pierre Bayard)
 
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Freispruch für den Hund der Baskervilles von Pierre Bayard

Hier irrte Sherlock Holmes

Rezension von Christian Endres

 

Sherlock Holmes – literarische Ikone, deduktiv-kriminalistischer Mythos. Der große Detektiv aus der Baker Street und seine Abenteuer haben über »seinen Tod« ebenso wie über das Ableben seines unwilligen geistigen Vaters Sir Arthur Conan Doyle (1859-1930) hinaus ein denkwürdiges Eigenleben entwickelt. Nicht nur, dass unzählige Autoren den großen Sherlock Holmes immer wieder in neuen Abenteuern aufleben lassen. Auch gibt es weltweit Dutzende Clubs uns Gesellschaften, die sich tiefgründig mit der Analyse und Betrachtung von Sherlock Holmes beschäftigen oder das geistige Erbe von Conan Doyle auch in Hinsicht auf die eben bereits erwähnten Pastiche verwalten.

 

Dabei hat die fachliche Beschäftigung mit dem fiktiven Meisterdetektiv eine lange Tradition: Bereits 1902 wurde in der Cambridge Review ein offener Brief an »Doktor Watson« (alias Sir Arthur Conan Doyle, wenn man so möchte) abgedruckt, in dem es um einige Datums-Differenzen und -Diskrepanzen in Doyles berühmtestem Sherlock Holmes-Roman »Der Hund der Baskervilles« geht.

 

Mit diesem legendären Holmes-Roman hat sich auch Pierre Bayard beschäftigt. Allerdings beschränkt sich der Literaturprofessor und Psychoanalytiker aus Paris nicht nur auf eine reine Betrachtung: Bayard fordert direkt im Titel seines Werkes »Freispruch für den Hund der Baskervilles« und legt im Untertitel sogar noch nach: Hier irrte Sherlock Holmes...

 

Zunächst bietet Bayard eine Übersicht und Zusammenfassung der Handlung von Conan Doyles Roman. Dem folgt eine Analyse von Holmes detektivischen Methoden, die darauf abzielt, die Fehlbarkeit der legendären Deduktion des mystifizierten Meisterdetektivs aufzuzeigen. Doch Bayard meckert nicht nur – er stellt mit der Kriminalkritik auch ein eigenes Gegenmodell vor, anhand dessen er nicht nur für den Freispruch des schwarzen Bluthundes eintritt, sondern den Fall am Ende sogar so interpretiert, dass es der »Mord« an Stapleton [sic!] ist, zu dem Sherlock Holmes und Watson indirekt beitragen, indem sie sich zu Spielfiguren machen lassen und den Insektenforscher ins nebelverhangene Moor jagen...

 

»Der Hund der Baskervilles« ist trotzdem immer noch ein furioser S.H.-Roman, sodass auch Bayards gut durchdachtes Büchlein die Geschichte am Ende nicht entzaubern kann – falls Bayard das überhaupt möchte. Nichtsdestotrotz macht sein intellektuell-analytisches Gedankenspiel großen Spaß und hat seinen eigenen Reiz, ebenso die gelungene Betrachtung der schwierigen Beziehung Doyle/Holmes und wie diese sich auf den ersten Roman nach Holmes von den Lesern durchgesetzter Wiederauferstehung ausgewirkt haben mag.

 

Ein anregender und wissenschaftlich fundierter, manchmal höchstens etwas zu dozierender und »kluger« Blick auf Sherlock Holmes’ berühmtesten Fall. Für Fans anspruchsvoller Gedankenspiele um den Londoner Ermittler - echte »Sherlockians« also – dennoch eine höchst interessante und unterhaltsame Angelegenheit.

 

Wie viel Bedeutung man dem von Bayard neu hervor gebrachten Fakten nun wirklich zumisst, muss dagegen jeder Leser für sich selbst entscheiden.

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 2024032821105447de0d99
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Buch:

Freispruch für den Hund der Baskervilles

Hier irrte Sherlock Holmes

Autor: Pierre Bayard

Hardcover, 205 Seiten

Kunstmann, September 2008

ISBN: 3888975298

Erhältlich bei Amazon


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Erstellt: 16.09.2008, zuletzt aktualisiert: 25.12.2023 15:02, 7369