Frostnacht (Autor: Arnaldur Indridason)
 
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Frostnacht - Arnaldur Indridason

Rezension von Börn Backes

 

Inhalt:

Als der kleine Sohn einer thailändischen Migrantin blutüberströmt und leblos in einer kleinen Siedlung der isländischen Hauptstadt gefunden wird, reagieren Erlendur und seine Mannschaft mit tiefstem Entsetzen. Der kleine Elias und sein Halbbruder Niran ware kuz zuvor noch gemeinsam gesehen worden; nun ist Elias tot und Niran spurlos verschwunden.

Die Beamten wenden sich alsbald an Sunee, die ratlose Mutter der beiden Kinder, die jedoch kategorisch alle Verdachtsmomente für absurd erklärt. Ein Mord mit rassistischem Hintergrund hält sie für ebenso unwahrscheinlich wie die Tatsache, dass der verschwundene Niran in die Vorfälle verstrickt ist.

Erlendur, Sigridur Oli und Elinborg ermitteln im näheren Umfeld der beiden Kids, erfahren von bedenklichen Entwicklungen im Lehrerkollegium, vernehmen einen alten Straftäter, der ebenfalls aus dieser Gegend stammt und finden schließlich auch Niran. Doch die Familie des Opfers ist währenddessen nicht kooperationsbereit und versteckt Elias’ älteren Bruder wieder. Und als wäre dies nicht schon Rätsel genug, bekommt Erlendur ständig Anrufe von einer verzweifelten Frau, hinter der er eine seit Monaten vermisste, nun womöglich doch noch aufgetauchte Dame vermutet. Doch auch der Hauptkommissar irrt sich bisweilen…

 

 

Rezension:

Seine Reputation als bester und erfolgreichster Autor im Bereich des Island-Krimis hat Arnaldur Indridason in den vergangenen Jahren gleich mehrfach auf eine harte Probe gestellt. Denn auch wenn der eigenwillige Schreiber immer wieder Akzente und Glanzpunkte setzen konnte, sind nicht alle Fälle seines Steckenpferds Erlendur das, was man herausragende Kriminalliteratur nennen darf. „Todesrosen“ zeigte zuletzt noch, dass Indridason sich manchmal auch im Ödland verschanzt und seinen Geschichten nicht immer die nötige Spritzigkeit verpassen kann – und genau das soll bei „Frostnacht“ nicht passieren.

 

Der insgesamt siebte Fall des bekannten, starrsinnigen Hauptakteurs gestaltet sich entgegen aller Befürchtungen jedoch wieder als angenehm lesenswert, vor allem was die Atmosphäre der Erzählung anbelangt. Indridason stellt eine herrliche Verknüpfung zwischen den kühlen Emotionen der Isländer, den Eigenheiten von Kultur und Landschaft, die diese Emotionen erst prägen, und schließlich dem eigentlichen Kriminalfall auf, in deren Rahmen sich die Ereignisse in ordentlichem Tempo aneinanderreihen. Dabei hat der Autor natürlich die Schockmomente auf seiner Seite und spielt diese bei der stillen, aber dennoch sehr beklemmenden Inszenierung des Todesfalls aus. Ohne Ausschweifungen, aber trotzdem beängstigend intensiv wird die Geschichte eingeleitet und über mehrere, teils auch bewusst irreführende Wendungen fortgeführt, ohne dass sich Indridason in irgendeiner Form die Blöße gibt. Selbst der zwischenzeitliche Selbstmitleidstrip Erlendurs wird sehr harmonisch in die Handlung eingeflochten und mit vielen gekonnten Parallelen in einen Nebenstrang geschoben, der die starke Atmosphäre noch kühler auskleidet.

Andererseits zehrt der Autor natürlich auch davon, dass die meisten Akteure alte Bekannte sind und man sich als bekennender Fan des Island-Krimis nicht mehr in die eigensinnigen Charaktere hineindenken muss. Aber gerade deswegen ist es ein echter Gewinn, dass man an dieser Stelle auch etwas mehr über die Vergangenheit der Beamten erfährt – einerseits, weil sich die Gelegenheit kaum deutlicher aufdrängen könnte, andererseits aber auch, damit die diesbezüglichen Zeichnungen und Profile mal wieder etwas mehr Farbe bekommen. Genau diese war ihnen nämlich in den letzten Ausgaben kontinuierlich abgeblättert.

 

Bei der Auflösung der Story überlässt man schließlich auch nix dem Zufall. Zwar ist die Endsequenz im Vergleich zu den spannenden Kapitelaufbauten ein wenig dröge und kurzatmig, doch alles in allem findet der Krimi einen runden, überzeugenden Abschluss, mit dem man sich als Leser weitaus zufriedener geben kann als beispielsweise noch in „Todesrosen“ – wobei diese Messlatte für „Frostnacht“ definitiv viel zu gering ist. Das aktuelle Taschenbuch hat nämlich weitaus mehr Potenzial, sowohl stilistisch als auch inhaltlich!

 

 

Fazit:

„Frostnacht“ gehört auf jeden Fall zu den besseren Island-Krimis aus Indridasons Feder und verdient im Gegensatz zu einigen anderen Romanen des Bestseller-Schreibers wieder die Empfehlung ‚äußerst lesenswert’.

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240420012503c2ce1ec6
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Frostnacht

von Arnaldur Indridason

Broschiert: 400 Seiten

Verlag: Lübbe; Auflage: 1., Aufl. (17. März 2009)

Sprache: Deutsch

ISBN-10: 3404159802

ISBN-13: 978-3404159802

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 26.05.2009, zuletzt aktualisiert: 24.08.2023 21:35, 8782