Garfield 1984 bis 1986 von Jim Davis
Garfield Gesamtausgabe Bd. 4
Rezension von Christian Endres
Der vierte Band der wunderbar aufgemachten Garfield-Werkausgabe im querformatigen Hardcover kommt etwas langsamer in Schwung als seine drei Vorgänger. Sind die ersten 50 Seiten mit ihren etwas müden Gags aus dem Sommerloch von 1984 allerdings erst einmal überwunden, präsentiert sich der fettfaulfilosofische Kater wie gewohnt von seiner besten – oder schlechtesten – Seite. Das liegt auch daran, dass Garfield-Schöpfer Jim Davis etwa ab diesem Zeitpunkt wieder ein bisschen bastelt und das alltägliche Reportoire an Gags erweitert, während das charakteristische Artwork des Strips sich bis auf ein paar neue Perspektiven schon längst gefunden hat und permanent auf hohem, wenn auch schlichtem Niveau agiert.
So gesellen sich zu »Garfield-Klassikern« wie den Strips rund ums Essen, Garfields fruchtlose Diäten, John und seine ebenso fruchtlosen amourösen Versuche in Sachen Tierärztin Liz, oder Garfields Montagsphobie bereits zum Jahreswechsel 1984/85 ein paar neue Schemata hinzu. In der Folge lernen wir Garfields Mutter kennen, erfahren, was aus dem italienischen Restaurant wurde, in dem der gefräßige Pasta-Freak aufgewachsen ist und seine Vorliebe für Lasagne kultiviert hat, und sehen überdies ein paar neue Episoden aus Garfields Leben als mehr oder minder erfolgreicher Mäuseschreck vom Dienst. Darüber hinaus ändert sich die Einstiegsgrafik in die Sonntagsseiten-Strips: Ein neuer, etwas dynamischerer Schriftzug und eine stets zum Strip passende Zeichnung sind auf Dauer (und gerade wenn man mehrere Wochen und somit auch Sonntage am Stück liest) wahrlich schöner.
Schon diese behutsamen Neuerungen genügen allerdings, um das Vergnügen am vierten Band der Gesamtausgabe deutlich zu steigern. Zwar sind das unterm Strich alles eher kleine Modifikationen, die Davis vornimmt, um das bewährte Konzept nicht zu gefährden. Doch damit folgen er und sein Kultkater lediglich den Gesetzen des Marktes und den Ansprüchen, die ein Zeitungscomic und dessen tägliche Leserschaft zwischen dampfendem Morgenkaffee und Toast mit Marmelade stellen: Routine, feste Muster und ein Held, mit dem man sich trotz aller Anthropomorphisierung immer wieder ein Stück weit identifizieren kann – und für den man vor allem auch Sympathie hegt.
Doch Sympathie hin oder her: Freilich zündet inzwischen nicht mehr jeder Gag oder wirkt so frisch und knackig wie beim ersten Mal. Doch Hand aufs Herz: Garfield, das ist einfach eine Figur, die man ins Herz schließt, ein verfressener Faulpelz mit einer zuweilen unglaublich spitzen Zunge, der das Verhältnis Katze-Mensch gern gehörig umkrempelt und regelrecht auf den Kopf stellt. Und der einem vor allem auch in der düstersten Stunde immer ein Lächeln oder wenigstens doch ein Schmunzeln abringen kann.
Deshalb überzeugt in der Summe auch der vierte Band der Werkausgabe, wenngleich die Übersetzung sich hie und da wieder als etwas steif und sperrig entpuppt und gelegentlich ruhig etwas lockerer sein könnte. Das Vorwort über Orsons Farm indes ist eine deutliche Steigerung zum letzten Band – keine Gedichte, keine Selbstweihräucherung, sondern einfach nur gut geschriebenes Infotainment. Und wer weiß: Vielleicht spendiert Ehapa der Leserschaft von Garfield beim aktuellen Trend zu Hardcover-Gesamtausgaben ja irgendwann einmal auch tatsächlich ein paar Bände mit Jim Davis’ kurzlebiger Serie über die Farm von Schwein Orson?
So lange bleiben wir aber bei Garfield. Dessen vierter Band seiner Werkausgabe ist immerhin ein weiterer grundsolider, herrlich aufgemacht und prall gefüllter Comicspaß mit feinster Garfield-Unterhaltung – mit einem Inhalt, der wie gewohnt zwischen niedlich und bitterböse schwankt, und einer Buchrückengestaltung, die sich im Schrank neben den anderen Bänden mittlerweile schon prächtig anschauen lässt.
So oder so: Als dringend notwendiger Aufmunterer zwischendurch, perfekter Start in den Tag oder als Entspannungslektüre nach der Arbeit, ist diese schmucke Gesamtausgabe geradezu Pflicht!