Gespräch: Kate Forsyth im Otherland am 18.09.2014
 
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Kate Forsyth im Otherland am 18.09.2014

von Ralf Steinberg

Die australische Kinderbuch- und Fantasyautorin Kate Forsyth besuchte aus Recherchegründen Berlin und nahm die Gelegenheit zu einem Gespräch mit Fans in der Genre-Buchhandlung Otherland wahr.

 

Recherche in Berlin?

 

Ja, Kate setzt ihre Romanreihe über die Märchen der Gebrüder Grimm fort. Diesmal geht es um Die Schöne und das Biest, beziehungsweise die deutsche Fassung Das singende springende Löweneckerchen. Das Tier lebt natürlich im Tiergarten, Handlungszeit: Berlin zur Nazizeit …

 

Berlin hat sie sehr beeindruckt, erzählte sie. Australische Großstädte könne man in wenigen Stunden durchqueren, aber in Berlin liefe man und liefe und die Stadt hört einfach nicht auf. Außerdem sei alles so riesig, ein Ort für Giganten. Ständig müsse man den Kopf nach oben drehen und staunen.

Auf das Buch können wir also gespannt sein.


Von Beginn an plauderte sie munter drauf los. Wie sie zum Schreiben gekommen sei und sich selbst versprach, vor ihrem 30. Geburtstag einen Vertrag für ein Buch zu unterzeichnen, oder das Schreiben sein zu lassen. Sie schaffte es zwei Tage vor dem Termin.

Ein ganzes Jahrzehnt widmete sie den Die Hexen von Eileanan und Rhiannon, epische Fantasy-Reihen. Obwohl sie immer nach Fortsetzungen gefragt würde, schreibt sie derzeit Anderes. Das läge vor allem daran, dass sie nur jene Bücher schreiben möchte, zu denen es sie drängt, von denen sie nachts träumt, um morgens mit dem unbedingten Wunsch aufzuwachen, es nieder zu schreiben. Und im Augenblick dreht sich bei Kate alles um Märchen. Sie wird darüber auch in Kürze ihren Doktor ablegen.

Das entsprechende Fachwissen, ganz besonders über ihre Lieblingsfigur, dem Rapunzel, kann sie wohl ewig und voller Begeisterung referieren. Über die italienischen Wurzeln und die eigentliche Bedeutung des herabfallenden Haares.

Sie lieferte auch die Erklärung, warum ihr das Schicksal von Rapunzel so nah ging, das sie in ihrem Roman Bitter Greens aufnahm.


Als siebenjähriges Mädchen wurde sie von einem Hund angefallen und schwer am Kopf verletzt, sodass sie mit abgedecktem linken Auge lange im Krankenhaus liegen musste. Die Verletzungen heilten schlecht, immer wieder kam es zu Rückfällen und erneuten Klinikaufenthalten. Als sie einmal mit lebensbedrohlichem Fieber eingeliefert wurde, drückte ihre Mutter ihr eine illustrierte Ausgabe der Grimmschen Hausmärchen in die Hand und in ihrer fiebrigen Lektüre wurde der Grundstein für die Liebe zu diesen alten deutschen Märchen gelegt.

Besonders aber Rapunzel sprach sie an. Das eingesperrte Mädchen war auch allein, musste unverschuldet ihre Kindheit fern von zu Hause verbringen. Dass Rapunzel mit ihren Tränen den geblendeten Prinzen heilen konnte, gab ihr zudem die Gewissheit, dass auch ihre Schmerzen geheilt werden würden. Im Gegensatz zu vielen anderen Mädchen aus den Märchen ist Rapunzel keine Prinzessin, sondern das Kind armer Eltern.


Die Märchen der Gebrüder Grimm habe sie seitdem nicht mehr losgelassen. Sehr spannend klang auch die Vorstellung eines Buches, dass sich explizit mit den Grimms und den Wurzeln ihrer (Märchen-)Leidenschaft beschäftigt. Allerdings steht eine Frau im Zentrum der Handlung. Eine Märchenerzählerin, von denen viel zu viele vergessen seien, wie Kate bedauernd feststellte. Und oft sind auch ihre Märchen für immer verloren

Das soll mit Henriette Dorothea Wild nicht geschehen. Sie ist die Titelfigur in The Wild Girl. Dortchen, wie sie im Original heißt, liebt Wilhelm Grimm und ist mit ihm auf der Spur einer magischen Märchensammlung. Europa liegt im Chaos der Napoleonischen Kriege, zu den äußeren Umständen kommen auch private Misslichkeiten, denn Dortchens Vater ist gegen die Beziehung. Doch aus dieser Liebe entstehen die Hausmärchen. So ist der Roman ein Märchen über die berühmteste Märchensammlung der Welt, wie Kate überschwänglich erzählte.

Solch sympathischer Werbung kann ich nicht widerstehen, »The Wild Girl« ist quasi gekauft.


Kate bezeichnete sich selbst als Geschichtenerzählerin und erklärte auch gleich, woran man das erkenne, etwa an ihrer lebhaften Gestik. Sie kam gerade von einem Schreib-Workshop und versprühte den enthusiastischen Zauber und der Lust am Erzählen. Sie beschrieb ihren Arbeitsplatz und ihren Tagesablauf. Feste Schreibzeiten ohne Störungen, ganz besonders das strenge Abschalten von Internet und Sozialen Netzwerken.

Dabei nutzt sie beides intensiv und hält viel vom engen Kontakt mit den LeserInnen, aber eben nur zu bestimmten Zeiten des Tages. Der außerdem vom Schulleben ihrer drei Kinder geprägt ist und den entsprechenden Hausarbeiten.

Der Abend aber gehört den Büchern. Sie ist leidenschaftliche Leserin und es schmerzt sie sehr, wenn andere AutorInnen angaben, kaum bis gar nicht zu lesen. Für sie gehört das Lesen zu den wichtigsten und schönsten Dingen ihres Lebens.

Sie sammelt auch Bücher, signierte Erstausgaben oder noch besser Bücher aus der Bibliothek von ihren LieblingsautorInnen. Sie mag das Gefühl, dieselben Seiten umzublättern.


Glücklich war sie über die doch recht große Menge an Büchern australischer AutorInnen im Otherland. Denn internationaler Erfolg sei für sie außergewöhnlich. Was wohl vor allem an fehlenden Mythen und Historie läge. Viele AustralierInnen sehen sich immer auch ein bisschen als Eindringlinge, Invasoren. Ihre literarischen Wurzeln sind britisch oder amerikanisch. Oder deutsch, was die Märchen anbelangt.

Die Aborigines-Kultur wird mit großem Respekt behandelt und da deren Traumgeschichten religiösen Charakter besitzen, eignen sie sich nicht dafür, als Grundlage von Fantasy zu dienen. Es wäre falsch, würde nicht passen. Die wenigen Aborigines-AutorInnen, die in ihrer Richtung schrieben, behandeln vor allem die australische Landschaft und deren Verbindung zu den Menschen. Es sind keine Abenteuergeschichten.


Der Abend verging viel zu schnell, Kate signierte zum Abschluss mit Verve noch ihre Bücher, getreu ihres Hinweises, dass jedes signierte Buch eine Investition für die Zukunft sei.

Von Berlin fliegt sie direkt nach Malaysia um sich dort mit ihrer Tochter zu treffen. Und natürlich trifft sie sich auch dort wieder mit ihren Fans.

Eine bezaubernde Autorin.


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Der Turm der Raben

Autor: Kate Forsyth

Reihe: Rhiannons Ritt, Bd.1

broschiert, 573 Seiten

Blanvalet, München erschienen Juni 2009

Übersetzung aus dem Englischen von Karin König

Titelbild von Kadri Umbleja

ISBN-10: 3442244501

ISBN-13: 978-3442244508

Erhältlich bei: Amazon

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Erstellt: 19.09.2014, zuletzt aktualisiert: 16.10.2023 21:13, 13704