Glosse: Der Kölner Dom steht in Frankfurt!
Redakteur: Torsten Scheib
Eins gleich vorweg: Ich liebe Filme. Im Kino, auf DVD oder Blu Ray. Ist ein Film gut, dann verzeihe ich auch so manchen Patzer. Letzten Endes sind wir alle nur Menschen. Auch der Regisseur eines abendfüllenden Spielfilms – mit dem man sicherlich nicht immer gerne tauschen möchte. Die Schauspieler, die Effekte, die Kameraleute, das millionenschwere Budget – nein, in den Schuhen von Peter Jackson und Co. möchte ich nicht wirklich stecken. So viele Bereiche, die es da abzudecken gilt – da kann einem durchaus mal die eine oder andere Kleinigkeit entgehen. Und offen gestanden ist in meinen Augen selbst der perfekteste Film alles andere als vollkommen. Irgendwo gibt es dann doch eine Winzigkeit, ein kleines Detail, das ins Auge fällt.
Ist alles halb so wild.
So lange ich als Zuschauer nicht für dumm verkauft werde … AUGENBLICK!
Denn in letzter Zeit BIN ich für dumm verkauft worden – und mit mir unzählige andere. Wie bereits erwähnt, drücke ich gerne mal ein Auge zu, aber wenn Regisseur und/oder Drehbuchautor schon IM VORFELD vergessen haben, ihre Hausaufgaben zu machen, dann werde ich stinksauer. Und besonders gerne gerät mein Blut in Wallung, wenn man der festen Überzeugung ist, mir und anderen ein X für U vormachen zu können – und glaubt, damit durchzukommen. Die Seite moviemistakes nennt dies »Geographical Error«. Wie ich es nenne, verschweige ich besser. Schließlich lesen auch Minderjährige mit.
Bestes Beispiel Das A-Team. Ein Film, dessen sinnlose Handlung zwar nur sehr schwer, aber vielleicht irgendwie doch zu verschmerzen wäre, hätten die Filmemacher dem debilen Treiben nicht noch eine schillernde Krone aufgesetzt – in Form des Kölner Doms. Und wo steht dieses bedeutende Bauwerk? Und bitte, sage jetzt keiner Köln. Schließlich ist der Dom nur einen Steinwurf vom Frankfurter Hauptbahnhof entfernt. Falsch, sagt ihr? Aber ich habe es doch mit meinen eigenen Augen gesehen – im »A-Team«!
Nix da mit »Mer lass d’r Dom en Kölle«, der steht ab sofort in der hessischen Mainmetropole. Und wo wir gerade dabei sind – warum ändern wir nicht auch gleich noch die Nummernschilder. FF statt dem einfachen F, das merkt doch keiner. Ist doch auch schnurz, ob Frankfurt/Oder oder Frankfurt/Main. Und die hübschen gelben New Yorker Taxis lassen wir auch drin. Sehen ja auch wirklich gut aus.
Meine Herren. Schlimmer kann es ja wohl kaum noch werden, oder? ODER?
Von wegen: Das man Mannheim eine Airbase andichtet (die gute sechzig Kilometer westlich in Ramstein liegt), das verkrafte ich ja auch. Wenngleich besagte Airbase und das dazugehörige Areal aussehen wie etwas, dass, sagen wir mal in Kalifornien lokalisiert ist – und nicht in Mannheim. Hey, ich muss es ja wissen, schließlich bin ich schon gefühlte tausend Mal an den Mannheimer US-Kasernen vorbeigefahren. Doch es kommt noch besser. Denn seit neuestem beherbergt der Odenwald eine Wüste. Zumindest wenn es nach den Machern des »A-Teams« geht, deren Wissen über Deutschland wohl zusammengegoogelt wurde – mit schlechten Suchwörtern. Spätestens nach so viel latent vorgetragener Dummheit fällt es danach auch kaum noch ins Gewicht, dass für Regisseur Joe Carnahan jeder deutsche Rentner einen Großteil seiner Zeit mit Dynamitfischen am Gletschersee verbringt, während seine Ehefrau (natürlich mit Kopftuch) zu Volksmusiklängen, die selbst einen Hansi Hinterseer in die Flucht treiben würden, Sauerkraut und Bratwurst für die bessere Hälfte zubereitet. Das die Darsteller des rüstigen Rentnerpärchens Karl und Anne Maier heißen, verbuche ich in diesem Fall als Zufall – oder sind es letzten Endes doch nur Künstlernamen?
Kommen wir zu Fall Nummer 2, der locker-flockigen Agentenkomödie Knight and Day. Tom Cruise (ich weiß) und Cameron Diaz, die zur Zielscheibe des CIA und einmal rund um den Globus gejagt werden. Ganz nett und dass man sich bereits im Vorfeld die eine oder andere geographische Freiheit erlaubt (aus Pamplona wird Sevilla, wobei ich mir ziemlich sicher bin, dass dies den Spaniern auch nicht unbedingt gefallen hat) – Schwamm drüber. Schließlich bekommt man nicht immer automatisch eine Drehgenehmigung für jene Orte, an denen man filmen MÖCHTE. Dann ist eben Improvisation gefragt. Oder halt eine überzeugende Ersatzkulisse. Wenn man allerdings seinen Streifen unter anderem in Salzburg spielen lässt UND dafür auch eine Genehmigung erhalten hat, warum hetzt unser Held dann über die Dächer von Sevilla? Und weshalb sind die Hinweisschilder des Salzburger Hauptbahnhofs alle in Spanisch verfasst?
Den Vogel abgeschossen haben die Macher dieses Films jedoch mit ihrer höchst eigenwilligen Lokalisierung der Ramstein Air Base, die nun nicht mehr im Südwesten Deutschlands (in der Nähe von Kaiserslautern) zu finden ist, sondern vielmehr irgendwo im Süden nahe der Alpen! Wobei ich äußerst erstaunt war, dass unser Held an ein Schild mit der Aufschrift Schwedelbach vorbeifährt. So einen Ort kann es nicht geben? Von wegen. Schwedelbach ist real – und befindet sich nur einen Steinschlag von Ramstein entfernt. Und ja, die Gegend dort ist durchaus ein wenig hügelig. Aber nicht bergig! Und von den schneebedeckten Gipfeln will ich erst gar nicht reden!
Wie bereits erwähnt, habe ich überhaupt nichts dagegen, wenn Filmemacher die Welt zugunsten ihrer Elaborate ein wenig zurechtbiegen. Wenn aber bewusst das eigene Unwissen eingebracht wird und man davon ausgeht, dass der Zuschauer das schon schlucken wird, dann werde ich stinkig. Denn im Grunde bedeutet dass nichts anderes, als das wir, die zahlenden Kunden – ganz genau – für dumm erachtet werden.
Und da hört der Spaß für mich auf.
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