Glühender Stahl (Autor: Richard Morgan)
 
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Glühender Stahl von Richard Morgan

Rezension von Christel Scheja

 

Was passiert, wenn ein Autor, der sich bisher nur im Bereich des Cyberpunk herum getrieben hat, sich auch einmal an Fantasy probiert? Richtig: Man sollte kein Buch erwarten, dass dem gängigen Massengeschmack entspricht und eine Mischung aus Abenteuer, Action und altbekannten Handlungsmustern bietet, sondern etwas, das die Stilmittel der Fantasy auf den Kopf stellt.

In seinem neusten Buch „Glühender Stahl“ zeigt Richard Morgan, der in Deutschland durch Romane wie „Profit“ oder „Heiliger Zorn“ bekannt wurde, dass man die Stilmittel des Cyberpunk durchaus auch auf die Fantasy übertragen kann.

 

Ringil und seine Kampfgefährten Archeth und Egar sind Veteranen der Echsenkriege. Alle drei gehen inzwischen ihren eigenen Weg und versuchen irgendwie weiter zu leben, auch wenn sie die Schlachten und Kämpfe nicht vergessen haben.

Der herausragende Schwertkämpfer vertreibt sich seine Tage mit blutigen Schaukämpfen, um die Lust der Menge zu befriedigen, die sich noch an seine Taten als Kriegsheld erinnern, ersäuft seine Depressionen in heruntergekommenen Tavernen und sucht das Vergessen in den Armen hübscher junger Männer, die allerdings nicht mehr tun, als seine Geldbörse auszunehmen. Doch wirklich zufrieden ist er nicht. Und das liegt nicht daran, dass seine sexuellen Neigungen in der Gesellschaft verachtet würden, sondern eher an der Langeweile, die ihn erfüllt.

So kommt es ihm irgendwie doch recht, als ihn seine Mutter in den Palast zitiert und bittet, eine Kusine wieder zu finden, die in die Sklaverei verschleppt wurde.

Derweil hat Archeth mit dem Dienst am Hofe des Imperators zu kämpfen, der sie auch nicht ausfüllt und irgendwie falsch wirkt. Dann aber zeigt sich, das Vorkommnisse an den Grenzen einen ganz anderen Grund haben als befürchtet.

Auch Egar hat es als Häuptling seines Stammes nicht leicht, da er nicht so schalten und walten kann, wie er gerne möchte. Davor hat das Schicksal einen sturen Schamanen gesetzt.

Alle drei finden – wenn auch aus unterschiedlichen Gründen, wieder zusammen. Sie entdecken aber schließlich die Gefahr, die hinter allem steckt: Wesen aus ferner Vergangenheit, die lange vergessenen Göttern huldigen und nun wieder an die Oberfläche drängen, um die Welt für sich zu erobern.

 

Tatsächlich ist das Setting ganz anders, als man es selbst von der Heroic Fantasy gewohnt ist, nämlich noch ein wenig schmutziger und düsterer. Die Helden sind psychische und emotionale Wracks, die von ihren Kriegserinnerungen und Traumata aus der Kindheit gezeichnet wurden und deshalb nicht ganz so sympathisch wirken, wie man es sich erst erhofft.

In vielen kleinen Details erweckt Richard Morgan seine Welt zum Leben. Und genau das ist es leider auch, was den guten Eindruck etwas schwächt. Der Autor ist so damit beschäftigt, seine Helden zu inszenieren, das die Handlung eher wie eine Nebensache wirkt und dementsprechend dünn ist. Man erfährt zwar insgesamt sehr viel über die Helden, der eigentliche Hintergrund – die politischen und kulturellen Elemente, die Feinde und der sich anbahnende Konflikt bleiben sehr verschwommen, obwohl diese eigentlich sehr interessant sind und realistischer zu sein scheinen als in manch anderem Fantasy-Roman.

Es ist nichts dagegen zu sagen, dass Ringil homosexuell ist und auch seine Gefährten ein eher seltsames Sexleben führen, aber er treibt es einfach zu weit mit ihren Befindlichkeiten und vergisst auszuarbeiten, warum Priester den alten Gottheiten verfallen oder sowieso schon lange ein falsches Spiel treiben und was die Feinde im Hintergrund nun wirklich wollen. Dazu kommt, dass die immer wieder eingeblendeten Erinnerungen das Gefühl erwecken, es gäbe schon einen Roman, der vor diesem spielt.

Alles in allem passt die vulgäre und derbe Sprache ganz gut zu dem Setting, auch wenn sie zunächst etwas irritiert und schafft Atmosphäre. Nur ob die jedem Leser liegt bleibt fraglich.

 

Hätte sich Richard Morgan in „Glühender Stahl“ mehr auf die Handlung als auf seine Helden konzentriert, würde der Roman noch spannender sein. So zeigt er interessante Ansätze, die vor allem die Fans harter und realistisch düsterer Fantasy ansprechen, aber leider auch Schwächen über die nicht durch Action und Spannung hinweg getäuscht werden kann.

 

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Glühender Stahl

Autor: Richard Morgan

broschiert, 574 Seiten

Heyne, München, erschienen Februar 2010

Übersetzung aus dem Englischen von Alfons Winkelmann

Titelbildgestaltung von Nele Schütz Design & Motiven von shutterstock

ISBN-10: 3453525914

ISBN-13: 978-3453525917

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 26.05.2010, zuletzt aktualisiert: 03.12.2024 18:45, 10488