Hall of Fame - Don Rosa 2
 
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Hall of Fame - Don Rosa 2

Reihe: Hall of Fame

Rezension von Karl-Georg Müller

 

Seit 2004 erscheint in der „Ehapa Comic Collection“ eine Reihe mit den besten Disney-Comics aus der Feder eines einzelnen Zeichners. Die Reihe betitelt sich nicht zu Unrecht „Hall of Fame“, und genauso angebracht war es, den ersten Band Don Rosa zu widmen. Zwischenzeitlich sind weitere Bände mit Geschichten und Zeichnungen von Vicar oder Jan Gulbransson erschienen. Mit Band 6 jedoch ist es wieder an der Zeit, Don Rosas Oeuvre in den Mittelpunkt zu stellen. Weil Rosas Werk chronologisch eingebunden wird, umfasst der vorliegende Band die Jahre 1988 – 1990.

 

Keno Don Hugo Rosa, wie Don Rosa bürgerlich heißt, wurde am 29. Juni 1951 in Louisville/Kentucky geboren. Schon früh begeisterte er sich für die „Ducks“ und ihre Geschichten, und sein Spaß an den Abenteuern führte dazu, dass er in jungen Jahren erste eigene Comics – natürlich mit den Disneyfiguren – zeichnete. Seine Lebensplanung aber lockte ihn weg vom Zeichnerdasein, und sollte Don Rosa künstlerische Ambitionen gehabt haben, dann musste er sie in seinem Beruf als Tiefbauingenieur verwirklichen: Er stieg in das Unternehmen seines Vaters ein, das ihm ein sehr solides Auskommen sicherte. Acht Jahre lang dauerte dies, dann tauschte er den Job als Geschäftsführer und Teilhaber mit dem Zeichenstift; der Erlös aus dem Verkauf dürfte ihm in der Folgezeit über manche Trockenphase im neu gewählten Beruf hinweggeholfen haben.

 

Don Rosa zeichnete die ersten Jahre in der Hauptsache für den amerikanischen Lizenznehmer Gladstone. Nach Querelen wegen der Rückgabe von Originalgemälden, die bis daton von den Zeichner weiter veräußert werden konnten, wurde Gladstone die Lizenz wieder entzogen. Fortan forcierte Don Rosa seine Mitarbeit bei Egmont, dem größten europäischen Lizenznehmer für Disney-Comics – und folgerichtig ist es auch der Egmont Verlag, der Disneygrößen wie Don Rosa ein ihrem Können entsprechendes Podium präsentiert. Und Reihen wie „Hall of Fame“ bieten genau das passende Ambiente, um die kleinen Kunstwerke aus dem Ruch der „billigen Comic-Heftchen“ herauszuhelfen ...

 

Auf 196 Seiten in einem großformatigen, sehr gediegen aufgemachten Hardcoverband werden mehr als zehn Geschichten aus der genannten Schaffensperiode Don Rosas feilgeboten. Es beginnt mit einer launigen Vorrede des Redakteurs Byron Erickson von Gladstone, der Don Rosa nach seinen eigenen Worten entdeckte und ihm 1986 beim Sprung in die Riege der Disney-Zeichner zur Seite stand. Zu jeder Geschichte im Band weiß Erickson eine kleine Anekdote zu berichten, und all das liest sich genauso kurzweilig wie Don Rosas anschließender Beitrag, in dem er auch in einigen Sätzen auf seinen nicht gerade risikolosen Berufswechsel eingeht – und einen tragischen Unfall, durch den er beinahe seine Zeichenfertigkeiten eingebüßt hätte.

 

Wer derartige Berichte, die das Schaffen eines Zeichners beleuchten, mit Genuss oder – wenn es mit unglücklichen Ereignissen einhergeht – Interesse liest, wird bei den „Hall of Fame“-Bänden belohnt: jeder Geschichte schickt Don Rosa erklärende Worte voraus, mal weniger umfangreich, mal sehr erhellend, wenn es um die Usancen der Comicindustrie (oder auch einmal speziell der Firma Disney) geht. Gleichwohl erfährt der Leser einiges über die Schwierigkeiten eines Zeichners, und mag er bei den Lesern noch so anerkannt und beliebt sein wie Don Rosa. Der hatte es nämlich beispielsweise beim holländischen Disneyableger nicht einfach, gefiel den Herrschaften seine Art des Zeichnens doch nicht sonderlich ... Ein ungläubiges Kopfschütteln ist dafür noch die verständnisvollste Reaktion.

 

Deshalb kann aber nicht verwundern, dass die vier in den Niederlanden bei Oberon erschienenen Geschichten, die Don Rosa auf der Grundlage ihm vorgelegter Skripte zeichnete, zu den schwächeren des Bandes zählen; sie sind nicht sehr umfangreich und von der Handlung her durchwachsen. Die „Segelpartie mit Hindernissen“ zumindest bringt es auf den Punkt, weil Donald seinen überschwenglichen Optimismus, diesmal wieder gepaart mit einem leichten Hang zur Überheblichkeit, am Ende doch wieder bereuen muss. Don Rosa merkt zur Geschichte an, dass die Neffen einen ihm fremden Hang zur Boshaftigkeit zeigen und Donald sogar erpressen (und ihr Gesichtsausdruck auf Seite 127 deckt sich so überhaupt nicht mit der unschuldigen Physiognomie, die Rosa ihnen einprägt), was seinen Vorstellungen vom freundlichen, hilfsbereiten und manchmal naiven Wesen der Drei ganz und gar nicht entspricht.

 

Gelungener als diese kleinen Ausflüge (im Mittelteil des Buches) sind Geschichten wie beispielsweise „Auf der Suche nach dem heiligen Krokodil“, in denen Don Rosa nicht nur zeichnerisches Können auf die Spitze treibt, sondern sein erzählerisches Talent zum Tragen kommt. Doch erst Rosas Einleitung deckt den Hintergrund der Geschichte richtig auf. Ein Titelbild von Carl Barks veranlasste den Verlag zur Bitte, dass Don Rosa dazu eine Geschichte schreiben sollte. Welche Gedanken sich Rosa wegen der abgebildeten Krokotasche machte, wie er alles in sein eigenes Verständnis vom Duck-Universum einbinden konnte, darüber gibt seine Schilderung Aufschluss – und gleichzeitig ist es die rechte Einstimmung, um mit den Ducks gemeinsam nach Afrika zu reisen.

 

Die Geschichte ist auch deswegen interessant, weil sie Don Rosas Fähigkeiten sehr gut wiedergibt: in der exotischen Umgebung kann er seinem Faible für detailreiche, manchmal überbordend vollgeladene Bilder (Seite 26 oder 27) hemmungslos nachgeben (was ihn in den Augen vieler Disneyfans zu einem der besten Barks-Erben macht). Und auf Bildern wie auf Seite 29, als unzählige Krokodile die Ducks belagern, wird seine Akribie und sein Fleiß transparent: die Bedrohnung wirkt sehr plastisch und wird auch für den Betrachter greifbar. Zudem kontrastiert die Szene wunderbar mit Donalds überheblichem Blick auf der Vorseite ...

 

„Zurück ins Land der viereckigen Eier“ ist sicherlich eine der bekanntesten Geschichten aus Don Rosas Feder – wobei natürlich eine Rolle spielt, dass Carl Barks die erste Reise der Ducks in das imaginäre Land schilderte. Don Rosas Erzählung ist nicht minder humorvoll, und ganz besonders faszinierend ist seine Sicht der Dinge: Die „Quadratköpfe“, wie Dagobert sie schimpft, haben sich ihren ehemaligen Besuchern in Sprache, Sitten und Kleidung angepasst und ihre guten Manieren vergessen. Na ja, und dass Onkel Dagobert und Mac Moneysac Eckenhausen geschäftsmäßig erschließen wollen, verwundert garantiert keinen ...

 

Bei dieser Geschichte passt einfach alles, wobei speziell die Eckenhausener mit ihrem Ernst alles auf die Spitze treiben: Sie konterkarieren ganz unbewusst all das, was Dagobert so viel wert ist, und letztlich gipfelt alles darin, dass sie die Geldscheine viereckig machen (wobei hier wie auch bei anderen Geschichten Don Rosas auf den amerikanischen Wortwitz hinweist, der nicht sinngetreut ins Deutsche übertragen werden konnte; seine Erläuterungen sind einmal mehr sehr hilfreich).

 

Neben weiteren Erzählungen wie „Der Fluch des Nostrildamus“, „Der magische Tunnel“ oder „Der Wert des Geldes“ sowie einer bislang unveröffentlichten, im SW-Original verkleinert abgedruckten Geschichte kommentiert Don Rosa zum Abschluss die von ihm gemalten (und natürlich im Band abgebildeten) Coverbilder. Doch daneben soll eine letzte Geschichte nicht unerwähnt bleiben: „Seine Majestät Dagobert I.“ Darin wird die Gründung von Entenhausen auf Don Rosas unnachahmliche Art geschildert, sein Interesse für historische Gegebenheiten in einen unterhaltsamen Kontext zu kleiden. Entenhausen nämlich existierte nicht plötzlich, sondern entstand durch einer Verkettung von Umständen, die schließlich darin gipfelten, dass sich Dagobert als König fühlen darf. Für einigen Stunden jedenfalls, denn wie Don Rosa Dagoberts Habgier in Luft auflöst, das ist höchst amüsant und unterhaltsam. Und endet schließlich mit einem Blick auf Dagoberts sentimentales, beinahe sogar feinfühliges Gemüt ...

 

Die ausgezeichnete Aufmachung wurde von mir bereits gelobt. Über die robuste Machart, die auch mehrmaligem Lesen standhält, erfreut die Aufmachung das Auge: die gesamte Reihe, die natürlich einheitlich gestaltet ist, ruft förmlich nach einer Platzierung im Bücherschrank, gar nicht verschämt, sondern selbstbewusst auch neben belletristischen Klassikern. Ein Band also zum Sammeln – aber zuallererst zum Lesen und zum Lachen!

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240425180347a8be613f
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Comic:

Don Rosa 2

Reihe: Hall of Fame

Autor: Don Rosa

Verlag: EGMONT vgs, Köln

Format: Hardcover

Sprache: Deutsch

ISBN-Code: 3770406850

Anzahl Seiten: 196

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Erstellt: 05.11.2005, zuletzt aktualisiert: 12.12.2015 08:20, 1494