Rezension von Carina Schöning
Die Erstveröffentlichung der Fantasy-Parodie „Hauen und Stechen“ (original „Slay and Rescue“) liegt mittlerweile schon gut 15 Jahre zurück. Der amerikanische Autor John Moore zeigt in seinem Debüt seine ganz eigene Interpretation der bekannten Grimmschen Märchen. Nun hat der Piper Verlag den Roman in seiner Boulevard-Reihe noch einmal als Taschenbuch neu aufgelegt.
Prinz Charming hat es schon nicht leicht. Nachdem er mehrere Stunden vor der Burg des bösen Zauberers Simpel auf den richtigen Augenblick gewartet hat und pünktlich kurz vor der Opferung der jungfräulichen Prinzessin Gloria durch die Tür im Turmzimmer hinein gestürmt war, ist sein Dank wieder einmal nur ein flüchtiger Kuss auf die Wange. Dabei träumt der junge Teenager-Prinz doch von einer richtigen Frau mit richtigem Sex und so. Bis jetzt hat es trotz seines Thronerben-Status und dem viel gerühmten Charme nicht so wirklich geklappt. Gemeinsam mit seinem jungen Knappen Wendell ist er ständig im Auftrag des Königs und den Bewohner von Illyria unterwegs, um allerlei Drachen zu erschlagen und Prinzessinnen in Not zu retten. Neben dem Zeitmangel ist es auch seine berühmte Tugendhaftigkeit und Ehre, die es ihm verbieten einfach so die nächstbeste Milchmagd mit ins Bett zu schleppen.
Kaum im Thronsaal angekommen wartet auch schon die nächste Rettungsmission auf ihn und Wendell. Der Geheimdienst-Minister Norville schickt beide ins Nachbarland Tyrovia, wo laut den Hof-Spitzeln die liebliche Prinzessin Anne von ihrer bösen Stiefmutter gefangen gehalten wird. Dort angekommen stellt Prinz Charming jedoch fest, dass die Hexe in Ausbildung ein richtig heißer Feger ist. Doch statt des erhofften Sex gibt es nur die nächste Aufgabe zu erledigen: in Alacia ist angeblich eine holde Prinzessin durch böse Magie in einen langen Schlaf gefallen und eine riesige Dornenhecke drumherum hat bisher jeden Rettungsversuch scheitern lassen. Irgendwo dort muss auch der heilige Gral versteckt sein, der dem Land wieder zu neuer Fruchtbarkeit verhelfen könnte.
„Hauen und Stechen“ ist nicht nur eine seichte Fantasy-Parodie auf die bekannten Märchenklassiker der Gebrüder Grimm sondern auch auf den klassischen Heldenmythos und veralterten Moralvorstellungen. Wie auch in seinen späteren Romanen „Handbuch für Helden“ und „Blödprinz Charlie“ verarbeitet der amerikanische Autor John Moore bekannte Märchen wie „Aschenputtel“ und „Dornröschen“ zu einem bunten Fantasy Gemisch. Dazu kommt noch das bekannte Apfel-Wettschießen von Willhelm Tell, die Suche nach dem heiligen Gral und auch der Zauberspiegel aus „Schneewitchen“ spielt eine nicht ganz unwichtige Rolle in dem vergnügten Roman. Der Humor variiert dabei von recht einfacheren und albernen Slapstick bis hin zu bösen Sarkasmus, wobei nicht jeder Witz gelingt und es sich häufig weit unterhalb der Gürtellinie abspielt. Leider sind die Figuren allesamt recht einfach gehalten und auch die Handlung bietet wenig Überraschendes oder Originalität. Dennoch macht Prinz Charmings Suche nach dem heiligen Gral und der Entjungferung Spaß. Durch den einfachen und klaren Erzählstil ist der kurzweilige Roman schnell und flüssig zu lesen und eignet sich daher bestens als Urlaubslektüre oder für Zwischendurch. Besonderen Tiefgang oder Komplexität sollte man als Leser jedoch nicht erwarten.
Insgesamt ist „Hauen und Stechen“ trotz seines Alters immer noch gut zu lesen. Die vergnügliche Fantasy-Parodie ist zwar nicht so anspruchsvoll und abwechslungsreich wie die bekannten Scheibenwelt-Romane von Herrn Pratchett, aber bei dem günstigen Preis kann man als Fan der humorvollen Fantasy ruhig zuschlagen.