Heldenwinter (Autor: Jonas Wolf)
 
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Heldenwinter von Jonas Wolf

Rezension von Ralf Steinberg

 

Verlagsinfo:

Tolkien nannte die Halblinge »Hobbits«. Für all ihre Fans erzählt Jonas Wolfs »Heldenwinter« nun ein neues Abenteuer der Halblinge: Jede Legende hat ihre Helden. Jeder Schüler hat seinen Meister. Und jeder Meister hat ein dunkles Geheimnis … Seit Jahrhunderten leben die Halblinge geborgen auf der von Gebirgszügen umringten Hochebene. So auch der junge Schmiedegeselle Namakan, der als Findelkind aufgewachsen ist. Als wie aus dem Nichts eine Kriegerhorde erscheint, nahezu alle Halblinge ermordet und die Hochebene verwüstet, nimmt Namakan das Schicksal gemeinsam mit seinem Meister in die Hand. Aber der Meister verbirgt eine gefährliche Wahrheit vor Namakan. Und ihre Feinde, der grausame König Arvid und der Krieger in Weiß, sind übermächtig. Zum Wohl seines Volkes zieht Namakan in das größte Abenteuer, das die Halblinge je gekannt haben …

 

Rezension:

Jonas Wolf ist das Pseudonym eines Hamburger Autoren, der bisher mit eher abgedrehter Fantasy punkten konnte und nun mit einer mehr klassischen Trilogie ein weiteres Mal seine Vielfalt innerhalb der Phantastik unter Beweis stellen möchte.

Dabei klingt sein Plan für die drei Romane aus der Welt des Skaldat auch wieder nach einem exzentrischen Experiment. Während Heldenwinter die Genre-Väter J. R. R. Tolkien und Robert E. Howard ehrt, geht es nach eigenen Aussagen im nächsten Roman mehr in Richtung Dashiell Hammett.

Doch kann Jonas in »Heldenwinter« die Fantasy-Epigonen auch entsprechend ehren?

 

Das Buch beginnt mit einer Gräueltat, durch die die jugendliche Halbling Namakan fast seine gesamte Familie verliert. Einzig sein Ziehvater überlebt ebenfalls und schwört Rache an den Mördern und seinem Auftraggeber, einem fernen König. Erstaunt muss Namakan erkennen, dass Dalarr ,jener Mann, den er als strengen Vater und Lehrmeister kannte, deutlich mehr ist. Zusammen begeben sie sich auf eine Queste durch seltsame Lande, um sich ihrer Bestimmung zu stellen und neue Freunde zu finden.

 

Wolf schreibt von Anfang an mit offenem Visier. Die Ähnlichkeiten zu den verehrten Vorvätern sind klar als Reminiszenzen zu erkennen, denn Wolf weicht immer wieder von den zitierten Mustern ab. Schnell wird deutlich, dass man zwar bestimmte Sujets wiedererkennen soll, sich aber darauf gefasst machen muss, dass sie keineswegs auch bekannten Bahnen folgen.

Dieses Gegen den Strich bürsten geschieht mit jeder Menge Humor, dessen Tonart je nach Figur von zynisch bis deftig geht. Ganz besonders die kräftige und sehr bildreiche Sprache Dalarrs prägen weite Teile der Dialoge und bringen eine Lebendigkeit hinein, die für Fantasy nicht unbedingt selbstverständlich ist.

 

Überhaupt beweist Wolf (erneut) ein Händchen für vielseitige Figurenbündel. Neben dem Polterer und Alleswisser Dalarr und dem jungen Tollpatsch Namakan schließen sich der Gruppe noch eine heißblütige Hexe, ein verfluchter Edelmann samt Matrone und eine leicht gestörte Halbelfin an. Selbstverständlich darf beim Zwergenfan Wolf auch der tolle Zwerg nicht fehlen. So sehr die Heldengruppe auch einer klassischen Rollenspielgruppe ähnelt, so untypisch gestaltet sich ihr Einsatz im Feld. Auch hier weicht Wolf das bekannte Schema F auf und fügt es fröhlich neu zusammen. Heraus kommt dennoch keine satirische Fantasy, es bleibt im eigentlichen Sinne episch, nur in ein modernes Gewand gekleidet. Dabei werden sowohl Sex, als auch Gewalt nicht in provokative Grenzwerte getrieben, sondern auf einem normalen und nie peinlichem Level gehalten. Sie bilden Bestandteile der Handlung ohne zum Selbstzweck zu werden. Und wann hat man schon mal ein so unbelastetes Wort wie Gondull gelesen?

 

Sprache erlangt eine große Bedeutung in »Heldenwinter« . Wie aus der Umgebung des Autors zu vernehmen war, wollte Wolf nicht auf Neuschöpfungen verzichten, sie aber in Grenzen halten. Als Vorbild dienten nordische Sprachen, die eine Fülle passender Silben und Wörter bieten, um die Welt des Skaldat ausreichend zu vertonen und ihr einen eigenen sprachlichen Duktus zu verleihen, quasi eine Pflichtübung, wenn man in den Fußstapfen Tolkiens hüpft. Allerdings hatte der Autor nie vor, eine komplett neue Sprache zu erfinden, oder gar gleich mehrere davon.

Worin er sich aber übte, ist die Ausgestaltung der Welt mittels schriftlicher Zeugnisse, die vor den Kapiteln stehen. Sprüche, Zitate, Lieder und Gedichte, darunter sogar Verse in der Form klassischer Skalden, wie passend in Reich des Skaldats.

 

Das deutet schon daraufhin, dass dem Autor die Ausschmückung der Questgeschichte sehr wichtig war. Stilistisch bleibt Wolf weiterhin sicher und vor allem vielseitig. Seine Sprache ist verspielt, wo es angemessen ist und quillt über von neuen und ungewöhnlich treffenden Metaphern, die stets dem Handlungs- und Figurenumfeld angepasst sind. Das ist nicht nur beim Lesen eine Freude, man erwischt sich selbst auch ständig dabei, die bunten und deftigen Ausdrücke zu lernen.

 

Eine weitere Besonderheit bildet die Verwendung von Binnenerzählungen. Immer wieder werden Teile der Geheimnisse durch eingestreute Geschichten enthüllt, wobei dadurch, dass sie von einer beteiligten Figur vorgetragen werden, nicht unbedingt die Wahrheit ans Licht kommt. Wolf erinnert den Leser daran, stets wachsam zu lesen, indem er Namakans zunehmend skeptischere Gedanken notiert. Der erfahrene Fantasyleser erwartet natürlich sowieso an jeder Ecke Intrigen und Verrat, aber der Neuleser muss das erst einmal genau so lernen, wie Namakan auch. Da geht es ihm, wie vielen Zauberlehrlingen.

 

Und schlussendlich ist auch das Finale keine Überraschung, aber eben wiederum nicht hundertprozentig das Typische. Die zugrundeliegende Rachestory demontiert sich selbst, um in einer kollektiven Anstrengung zu einem Ende zu finden. Ja, zu einem Ende. Nach nur einem Roman. Großartig.

 

Das Finale bietet im Übrigen dann auch den lange vermissten inhaltlichen Bezug zum Cover Alan Lathwell, was aber nichts daran ändert, dass es ein 0815-Fantasy-Abziehbild ist. Aber so was scheint notwendig zu sein, damit der geneigte Genre-Fan seine Lieblingslektüre in den Bücherbergen identifizieren kann.

 

Fazit:

»Heldenwinter« bietet kurzweilige, intelligente und vor allem amüsante Fantasy-Lektüre. Geeignet für Fans der Hochfantasy ebenso, wie für Einsteiger. Diesen Wolf sollte man sich merken.

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20241205054056536c7eb7
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Buch:

Heldenwinter

Autor: Jonas Wolf

Taschenbuch, 508 Seiten

Piper, Februar 2012

Cover: Alan Lathwell

Karte: Tobias Mannewitz

 

ISBN-10: 349226719X

ISBN-13: 978-3492267199

 

Erhältlich bei: Amazon

 

Kindle Edition ASIN: B006WNSM36

 

Erhältlich bei: Amazon Kindle Edition


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Erstellt: 16.02.2012, zuletzt aktualisiert: 19.11.2024 16:04, 12373