Unvermittelt stehe ich auf dem Vorplatz eines großen Gebäudes, von dessen Zinnen mich geflügelte Gargoyles anstarren, von flackernden Feuerschalen beleuchtet.
Donner rollt, Blitz erhellen die Landschaft, wo kahle Bäume stehen. Der Wind treibt Blätter um mich her. Ich fröstele unwillkürlich im Herbstwind.
Eine Treppenstufe laufe ich hoch zu einem überdachten Gebäudetrakt, wo auf einer Säule ein weiterer Gargoyle steht, der auf mehrere Säulen schaut, die das Dach tragen. Der Ruf einer Eule begleitet mich, als ich an einem Pflanztopf vorbeilaufe und die Glasfront des eigentlichen Gebäudes betrachte. Dort erkenne ich die Darstellung von vier Kämpfern.
Aber bevor ich zur zentralen Tür gehen und das Hauptgebäude betreten kann, ertönt ein Growlen und ein doppelköpfiges Orkmonster mit gepanzerten Schultern und Morgenstern in der Hand läuft auf mich zu. Seine Absichten sind klar.
Ich habe nichts weiter, um mich zu wehren, außer meine Rechte, die in einem Eisenhandschuh steckt. In einem Tanz, der sich um die richtige Distanz und das Ausweichen der Schläge dreht, strecke ich das Monster nieder, wobei die Glasfenster zu Bruch gehen und die Splitter zu Boden fallen. Anschließend stehe ich triumphierend über einem toten Fleischberg und überlege meine nächsten Schritte.
So ähnlich fühlt sich das erste Level in Hexen an, einem Spiel, das 1995 erschienen ist. Und der Grund, warum ich das jetzt schreibe, ist die Tatsache, dass über Nacht je ein Remake von »Hexen« und Heretic erschienen ist. Und das ist eine fabelhafte Angelegenheit. Ein Grund, um nochmals die Spiele anzuschauen und zu berichten, was sich an Neuem getan hat.
Die Grafikengine ist nun durchschaltbar zwischen Direct-3D und Vulcan und erlaubt hohe Auflösungen bis hin zu 4k. Auch bemerkt man, dass die Verpixelung nicht mehr so stark ist. Das Sichtfeld kann man verändern, das Kopfwackeln beim Laufen und vieles andere mehr. Es ist allgemein ein löbliches Zeichen, dass man so viele Elemente anpassen kann.
Auch hier kann man viele Anpassungen vornehmen, wie beispielsweise das Fadenkreuz verändern oder das Immer-Laufen-Element anschalten. Auch Cheats kann man sich freischalten und bequem dann im Game aktivieren.
Zudem kann man nun mittels Maus nach oben oder unten schauen und zielen.
Ein 8-Spieler-Multiplayer ist auch dabei. Am coolsten ist die Split-Screen-Variante und die Tatsache, dass man seine Kumpels und Kumpelinen in Hühner verwandeln kann. Immer noch eine witzige Sache.
Hier zeigt sich die Liebe zum Detail von den Entwicklern bei Nightdive. Es ist nicht nur der Original-Soundtrack enthalten, sondern auch ein Remix. Zudem Midi-Synth und eine FM-Synthese-Variante. Das ist echt nerdy.
Ein sehr lobenswertes Feature ist die Implementierung von Barrierefreiheit-Optionen für eingeschränkte Gamer und Gamerinnen. Hier kann man beispielsweise die Sichtbarkeit von Text verbessern, sich den Chat vorlesen lassen oder einen Sprachchat-Transkript erstellen lassen. Viele weitere Dinge lassen sich Einstellen, auch z. B. für Menschen mit Rot-Grün-Problemen.
Solche Hilfen sollten alle Games bereitstellen!
Für Fans, die hinter die Kulissen schauen wollen, ist die Abteilung »Raven Vault« gedacht. Hier finden sich Konzeptzeichnungen mit Hintergrundinfos zu den Gegner·innen, den Held·innentypen und vieles mehr. Ein sehr schönes Feature!
Das Doppelpaket »Heretic« und »Hexen« allein wäre schon ein Kaufgrund. Aber dass noch die Erweiterung sowie zwei neue Episoden dazukommen ist gepaart mit den neuen Features ein echtes Highlight. Und heute noch spielen sich die beiden Games wunderbar flüssig. Einzig die Einschränkung muss gesagt werden, dass manche Level sehr verwirrend sind und man sich trotz Automap böse verfranzen kann.
In Summe ist der Re-Release eine gelungene Sache und sollte von jedem angenommen werden, der auf Boomer-Shooter steht. Und wer damals dabei war, der hat die Titel eh schon auf seiner Festplatte und erhält das Update kostenlos – ein schöner Zug von Bethesda.
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