Indiana Jones und der Große Kreis (PC)
 
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Indiana Jones und der Große Kreis

Rezension von Cronn

 

Behutsam steige ich die alten Steinstufen zur Krypta hinab, in einer Hand die blakende Fackel. Ihr Licht reicht nur wenige Meter weit. Alles, was sich dahinter befindet, liegt in pechschwarzer Finsternis.

Mich begleiten die Hieroglyphen an den Wänden; eine Bemalung aus altvorderer Zeit. Schatten tanzen in den Fugen der in Stein geritzten Zeichen, erfüllen sie mit unwirklichem Leben.

Von der Decke rieselt Staub und ich frage mich, ob die Tragkraft der Nekropole ausreicht, oder ob ich demnächst unter Tonnen von Sand und Gestein begraben werde, während ich versuche die Steinstelen von Gizeh zu finden.

Plötzlich öffnet sich ein unterirdischer Raum. Durch die Decke fällt ein Lichtstrahl herein und genau auf ein Podest. Dort fehlt eine Statue.

Ich sehe mich in dem Raum um. Hier liegen Kanopen herum, dort vereinzelte Amphoren (bereits umgefallen verstreuen sie ihren sandigen Inhalt). Ah, hier ist etwas: Ein Durchgang, versperrt von einem Gitter und ihm Raum dahinter liegt ein Steinbüste. Die könnte ich brauchen. Nur dumm, dass das Gitter mir den Weg versperrt.

Aber halt! Direkt neben dem Gitter auf meiner Seite ist ein Schalter. Na, den muss ich wohl drücken, damit sich das Gitter hebt!

Gesagt, getan. Und schon … fährt die Bodenplatte unter mir weg! Instinktiv packe ich die Peitsche und lasse sie um einen Deckenbalken in der Höhe über mir wickeln. Dann halte ich mich fest, während der Boden unter meinen Füßen weggleitet.

Ich sehe hinab. Unter mir gähnt ein Abgrund, an dessen Boden spitze Metallspieße sich mir entgegenrecken. Na gottlob bin ich so geistesgegenwärtig gewesen, die Peitsche zu benutzen.

»He, hast du das gehört?«, ruft da eine Stimme von hinten. »Lass uns mal nachsehen, was da unten los ist!«

Ich schwinge mich zurück auf sicheren Boden und gehe hinter einer umgefallenen Säule in Deckung. Schon sehe ich das Licht von zwei Fackeln, die von Nazi-Schergen getragen werden.

Nazis – ich hasse die Kerle!

 

Indiana Jones und der Große Kreis ist erschienen und die Entwickler dahinter können mit Fug und Recht stolz auf das Ergebnis sein. Die schwedischen Entwickler von MachineGames sind bekannt für die modernen Wolfenstein-Spiele. Die Erfahrung konnten sie mit einbringen in das neueste Projekt. Und es ist sehr gut gelungen, das kann man schon mal durchblicken lassen. Publisher Bethesda Softworks wird es freuen. Doch was genau macht »Indiana Jones und der Große Kreis« zu einem großen Wurf?

Hintergrund

Die schwedischen Entwickler haben verstanden, was eine gute Indiana-Jones-Story ausmacht: Ein archäologisches Mysterium im Kern, rundherum sympathische Charaktere, fiese Nazis-Gegner und die richtige Mischung aus Action und Humor.

 

All das findet man auch hier in »Indiana Jones und der Große Kreis«. Beginnend im Marshall-College in Conetticut wird Indiana Jones durch den Raub einer Katzenmumie in ein Abenteuer gezogen, das ihn quer über den Globus führt. Mit dabei ist u. a. Italien, wo Indy im Vatikan nach Geheimnissen sucht und auch Gizeh in Ägypten, wo er in der Nähe der berühmten Pyramiden unterwegs ist. Weitere Orte sollen nicht verraten werden.

 

Als Partnerin bekommt er die italienische Journalistin Gina Lombardi zur Seite gestellt. Im Gegensatz zu Indy ist ihre Motivation eine persönliche: Sie sucht ihre Schwester, die von den Nazis beauftragt wurde, mehr über das Mysterium des »Großen Kreises« herauszufinden. Und ja, auch die Nazis sind wieder dabei – wie in einigen der besten Indiana-Jones-Filme – und sie sind Karikatur-Bösewichter wie gewohnt. Der Oberschurke Voss ist eine perfekte Mischung aus dem Major Arnold Toht aus Jäger des verlorenen Schatzes und SS-Standartenführer Vogel aus Der letzte Kreuzzug.

 

Gina Lombardi ist eine moderne Frau, die sich nicht herumkommandieren lässt, ähnlich zu Marion Ravenwood. Es gibt viele Parallelen der Charaktere zu den Filmcharakteren und das ist gut so. Auch die Story ist perfekt ausbalanciert zwischen Humor und ersten Momenten.

Gameplay

Auch hier schlägt sich »Indiana Jones und der Große Kreis« sehr gut. Bei der ersten Ankündigung eines Indy-Spiels aus der Ego-Sicht war der Zweifel bei der Fanbase groß: Kann das gut gehen, wenn man so einen ikonischen Charaktere nie sieht?

 

Hier kann Entwarnung gegeben werden. Die Macher von MachineGames haben die perfekte Balance hinbekommen: Auf der einen Seite steckt man meist im Körper des berühmten Archäologen, solange man forschend und kämpfend unterwegs ist. Auf der anderen Seite sieht man ihn von außen, wenn man klettert und schwingt. Das ist ein prima Kompromiss und bietet eine tolle Immersion. Schon kurz nach Spielbeginn fühlt man sich selbst als Indiana Jones und das ist v. a. der Ego-Sicht zu verdanken. Doch mehr noch als das.

 

Im Game gibt es die Hauptaufgabe, aber immer auch noch Nebenaufgaben, die optional sind. Es macht Spaß, die sehr großen Levelareale auf eigene Faust zu erkunden. Dabei belohnt das Spiel durch Abenteuerpunkte (für Entdeckungen, für Fotos, etc. pp.). Damit (und mit zusätzlicher Ingame-Währung) kauft man sich Boni, die das Spiel erleichtern, beispielsweise mehr Leben, Ausdauer, längeres Festhaltenkönnen der Gegner u. v. m. Diese Progression ist bemerkbar und belohnend.

 

Dass Indy kein Rambo ist, wird auch schnell klar. »Indiana Jones und der Große Kreis« ist kein Ego-Shooter. Der Einsatz von Waffen führt schnell dazu, dass die halbe Nazi-Wachmannschaft einem auf den Fersen ist. Und Indy verträgt nicht viel. Deshalb ist Schleichen die bessere Option. Oder Nahkampf mit Fäusten … oder Bratpfannen … oder Gitarren. Es gibt eine Vielzahl an Möglichkeiten, und viele davon sind humorvoll umgesetzt. In welchem Spiel hat man schon Nazis mit Klo-Pümpel oder Rücken-Badebürsten außer Kraft gesetzt?

 

Die Aufgaben fühlen sich dabei stets nach Indiana-Jones-Aufgaben an. Die Rätseldichte ist dabei erfreulich hoch und niemals sind die Rätsel überfordernd. Sie sind auch nicht banal. Die Ausgewogenheit zählt. Auch findet das Spiel stets den richtigen Rhythmus aus Action, Forschen und Rätseln.

Grafik und Sound

Es muss erwähnt werden, dass »Indiana Jones und der Große Kreis« eine tolle Grafik bietet, die aber ihren Preis hat. So ist es beispielsweise nicht möglich, das Spiel mit einer Grafikkarte unter einer Nvidia Geforce RTX 2060 Super (8 GB VRAM) zu zocken. Ich habe es mit einer Nvidia Geforce RTX 2060 (6 GB) versucht und wurde mit regelmäßigen Abstürzen bestraft. Nun läuft in meinem Rechner eine Nvidia Geforce 4070 und alles passt.

 

Das liegt daran, dass Raytracing hier always on ist und die Engine viel VRAM benötigt.

 

Aus künstlerischer Sicht ist es schön, dass unter der Haube des Spiels die id Tech 6-Engine werkelt. So toll wie die Unreal-Engine auch ist: In gefühlt jedem Game ist sie zu sehen und die Effekte der Spiele sehen dadurch doch alle ähnlich aus. Das ist hier nicht der Fall. Die id Tech7-Engine bietet sehr gelungene Licht-Schatten-Effekte, die viel Atmosphäre auf den Bildschirm zaubern.

 

Ein großes Lob an die Macher der Musik. Immer wieder klingen original Indy-Musikthemen an, sie unterstützen das Game unglaublich gut. Die deutschen Sprecher machen ihren Job exquisit – es ist gar nicht hoch genug zu betonen, wie toll es ist, einen neuen Indy-Sprecher gefunden zu haben und nicht sich einfach auf eine KI-Version des alten Indy-Sprechers zurückzugreifen. Der neue Sprecher Florian Clyde hört sich frappierend exakt so an wie der junge Wolfgang Pampel, der früher Harrison Ford synchronisierte. Auch alle anderen Sprecher sind hervorragend ausgewählt und überzeugen auf ganzer Linie.

 

Die Zwischensequenzen sind meist sehr gut gelungen und humorvoll umgesetzt. Allerdings schwankt die Darstellung von Indiana Jones etwas. Überwiegend ist sie passend, aber manchmal wirken die Animationen etwas hölzern.

Fazit

»Indiana Jones und der Große Kreis« nimmt den Spieler ernst und auch das Setting. Dies geht soweit, dass die Wandbemalungen in den Katakomben sogar historisch korrekt sind und unterschiedliche Einflüsse griechischer und römischer oder mittelalterlich-christlicher Kultur zuzuordnen sind, wie in echt auch. Als historisch vorgebildeter Rezensent war es mir ein großes Vergnügen, durch die Level zu laufen und mir alles genau anzuschauen, dabei die Hintergründe analysierend. Und da merkte ich, wie sehr ich im Indy-Modus versunken war.

Das Spiel lässt einen auch die Zeit dafür. Es hetzt den Spieler nicht durch Aufgaben mit Zeitdruck. Es überfordert nicht durch immerwährende Action. Es findet die exakte Balance. Und stets ist ein Augenzwinkern dabei oder eine Hommage an die Filme.

All das macht »Indiana Jones und der Große Kreis« zu einem hervorragenden Spiel und ist die beste Form, wie man derzeit eine Indiana-Jones-Story genießen kann.

 

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PC-Game:

Indiana Jones und der Große Kreis

Entwickler: MachineGames

Publisher: Bethesda Softworks

Veröffentlichung: 9. Dezember 2024

USK: 16

 

Erhältlich bei: Steam


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Erstellt: 03.01.2025, zuletzt aktualisiert: 03.01.2025 15:32, 24084