Interview: Judith Vogt
 
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Interview mit Judith Vogt

geführt von Ralf Steinberg

 

Ihr SF-Roman Roma Nova wurde gerade erst für den Kurd Laßwitz Preis nominiert, sie engagiert sich für mehr Sichtbarkeit von SF-Autorinnen und ihre Phantastik-Werke mit ihrem Mann Christian erregen regelmäßig Aufmerksamkeit. Wir baten Judith Vogt um ein Interview:

 

Fantasyguide: Hallo Judith, Du bist in der Phantastik-Szene nicht unbekannt und dennoch konnten wir auf Twitter erleben, wie sich Dein Frust über die mangelnde Beachtung von »Roma Nova« Bahn brach. Wie sieht es heute aus, noch verärgert oder in Kampfeslaune?

 

Judith Vogt: Hehe, ja, ich musste das mal loswerden, auch wenn es offenbar ein bisschen missverständlich war: Ich habe keinen Frust über die mangelnde Beachtung meines speziellen Buchs. Ich sehe und höre gerade überall um mich herum, von Kolleg*innen, dass sie von den Verlagen im Stich gelassen werden. Die Verlage haben es im Moment nicht einfach, sie reagieren aber auch nicht auf neue Gegebenheiten und machen so weiter wie bisher. Wir schweigen uns alle darüber aus, schamhaft, weil wir denken, es liegt an uns, aber tatsächlich wird gerade die Fantasy und Science-Fiction sich selbst überlassen, die Budgets werden gekürzt und die Autor*innen vor die Tür gesetzt. Das hat mich gefrustet (und frustet mich immer noch), und ich denke, wir müssen uns Alternativkonzepte überlegen, wenn wir weiter schreiben wollen und vor allen Dingen gelesen werden wollen. Ich denke, auch die deutschsprachige SF hat Originäres zu sagen, und moderne SF spiegelt das Zeitgeschehen anders wider als Klassiker – es ist verrückt, diese Autor*innen und Titel nicht zu beachten, wegzukürzen und den Autor*innen dann zu sagen, es läge an ihnen und wir hätten in Deutschland halt keine literarische Relevanz …

 

Fantasyguide: Theresa Hannig motivierte die Diskussion um die Sichtbarkeit von deutschsprachigen SF-Autorinnen zu einer entsprechenden Liste in der Wikipedia, was mehr Aufmerksamkeit erregte, als die aufgelisteten Werke. Wird diese Liste etwas erreichen können?

 

Judith Vogt: Letztlich erreicht die Liste gerade, dass das generische Maskulinum der Wikipedia diskutiert wird. Wenn wir das erreichen könnten, würden vielleicht Journalist*innen folgen – und dann, so mein Traum, hätte deutschsprachige SF tatsächlich etwas Gesellschaftsrelevantes bewirkt!

 

Fantasyguide: Die Idee zu »Roma Nova« wurde Dir aus der Filmbranche herangetragen und zunächst sahst Du den Stoff eher als Serie. Dort scheint ja für SF-Serien auch gerade das größte Potential zu liegen. Was hindert Dich daran, etwa für Netflix Drehbücher zu schreiben?

 

Judith Vogt: Haha, ich weiß, ehrlich gesagt, nicht, wie man Drehbücher schreibt. Und ich habe keine Ahnung, wie man sich bei Netflix bewirbt! Es war schon schwer genug, Bücher zu veröffentlichen, aber Drehbücher? Keinen blassen Schimmer!

Auch »Roma Nova« wollte ich nicht als Drehbuch schreiben – aber es existieren englische Drehbuchentwürfe dafür. Ich sollte im Prinzip so eine Art Romanvorlage schreiben.

 

Fantasyguide: »Roma Nova« bringt das Römische Imperium in das Zeitalter der Hochtechnologie. Kein unbeackertes Feld in der SF. Was hat Dich daran gereizt, was wolltest Du anders machen und in wieweit kennst Du die Klassiker dieses Weltenbaus?

 

Judith Vogt: Ich kenne die Klassiker gar nicht, nur Anlehnungen an das Römische Reich wie in Star Wars und Warhammer 40K. Ich fahre mit der Strategie, mir ähnliche Bücher eher nicht vorher durchzulesen, eigentlich nicht schlecht, ich habe auch keinen Steampunk-Roman gelesen, bevor ich angefangen habe, Steampunk zu schreiben. Ich glaube, dann beeinflusst mich auch nicht der Gedanke, es ähnlich oder möglichst unähnlich machen zu müssen.

Mich hat es gereizt, nicht Rom in die Zukunft weiterzudenken, sondern ein alternatives Rom (gewissermaßen in einer Galaxis weit, weit entfernt …) zu entwickeln, in dem sich Vieles wie im »echten« Rom entwickelt, die Geschichte sich also ähnlich schreibt. Es ist keine alternative history, sondern »Roma Nova« spiegelt die Antike, so wie viele SF-Romane den Wilden Westen spiegeln.

 

Fantasyguide: In einer anderen Twitterdiskussion ging es um Diversität bei Romanfiguren. »Roma Nova« scheint mir da eine Menge richtig zu machen. Siehst Du Deine eigenen Ansprüche erfüllt?

 

Judith Vogt: Ich hab »Roma Nova« 2012 geschrieben und viele Figuren würde ich heute anders schreiben, glaube ich. Ich finde, ich bin da noch einigen Klischees aufgesessen, uff. Aber ich versuche, gerade an dem Thema einfach immer weiter zu arbeiten.

 

Fantasyguide: Was würdest Du konkret anders schreiben?

 

Judith Vogt: Ich finde, es sind einige negative Klischees zu Homosexualität drin, und auch die Rassismen, die vor allem der Lanista Ianos gegenüber so hervorbringt – bin mir nicht sicher, ob ich das noch mal so machen würde. Ich frage mittlerweile Freunde bei Stellen, bei denen ich mir unsicher bin, das hab ich damals noch nicht getan.

 

Fantasyguide: »Roma Nova« ist Dein erster veröffentlichter SF-Roman, obwohl Du bereits einige in der Schublade hast, wie Du in Deinem Blog berichtest. Warum hat das so lange gedauert?

 

Judith Vogt: Das kann ich nur mutmaßen. Es wurde eine Zeitlang sehr wenig deutschsprachige SF veröffentlicht. Ich habe mehrere Cyberpunkromane und Space Operas geschrieben, von denen keine einen Verlag gefunden hat – Steampunk, das ja strenggenommen auch zu SF gehört, funktionierte immerhin eine Weile bei den kleineren Verlagen. Ich vermute, deutschsprachig und weiblicher Name in Kombination waren keine besonders guten Argumente. Ich war erstaunt, dass Bastei Lübbe den Roman tatsächlich nach sechs Jahren Suche veröffentlichen wollte, ich hatte den beinahe schon geistig abgehakt.

 

Fantasyguide: Für mich in Constantia die eigentliche Hauptfigur des Romans. Doch im Klappentext taucht sie überhaupt nicht auf. Hat der Verlag Dein Buch vielleicht falsch eingeschätzt und es deshalb nicht groß beworben?

 

Judith Vogt: Ehrlich gesagt: Der Verlag hat gerade massive Einschnitte in der Personalstruktur hinter sich (das ist kein Geheimnis, Lübbe hatte in den letzten Jahren finanzielle Probleme). Ich glaube, das Problem ist größer, die Wo*Manpower zur Vermarktung eines nischigen SF-Romans (und generell auch der anderen SF-Romane und nischigen Romane) war im vergangenen Jahr einfach nicht gegeben. Das ist schade, betrifft aber nicht nur mich.

 

Fantasyguide: Besonders faszinierten mich die vielen ganz unterschiedlichen Frauenfiguren. Dennoch befasst Du Dich mehr mit den Patrizierinnen als mit den Sklavinnen. Lag das an der Eindeutigkeiten ihrer Unfreiheit?

 

Judith Vogt: Hm, gute Frage! Ich glaube, es liegt auch daran, dass in meinen Fantasy-Antike-Romanen Herr der Legionen / Herrin des Schwarms schon eine Sklavin im Zentrum steht. Aber grundsätzlich beschäftigt sich »Roma Nova« eher mit der Unfreiheit der Privilegierten, das ist schon richtig. Selbst Morisa ist ja im Roman nur sehr kurze Zeit eine Sklavin, bevor sie zu einem Machtfaktor aufsteigt.

 

Fantasyguide: Morisa hat als missbrauchte Frau jedes Recht, sich rächen zu wollen, doch ihre Entscheidung, diese Rache auf die gesamte Mariner-Familie auszudehnen, bringt mich als Leser dazu, diese Rache nicht mehr zu legitimieren. Morisa verliert gleich zu Beginn die eindeutige Zuschreibung, eine Gute zu sein. Ist so eine moralische Beschneidung nicht riskant?

 

Judith Vogt: Morisa ist im Prinzip das Gegenstück zu Constantia. Sie fängt von einem moralisch erhabeneren Punkt an und manövriert sich in die dunkle Ecke, währen Constantia als selbstsüchtiges Gör in der dunklen Ecke anfängt und zur integeren Figur wird. Ich weiß nicht, ob das riskant ist, vielleicht!

 

Fantasyguide: Sowohl Lilia als auch Vedea sind letztlich ihrer Herrschaft gegenüber loyal bis hin zur Selbstaufopferung, wobei Du beiden keine andere Wahl gelassen hast. Wie gehst Du an die Schaffung dramatischer Szenen und Figuren heran, schreiben sie sich schwerer?

 

Judith Vogt: Ich leide immer sehr dabei, aber gleichzeitig leide ich auch irgendwo gerne. Gerade Lilias Machtlosigkeit ist so absolut, es gibt für sie im Prinzip keinen eigenen Handlungsspielraum.

 

Fantasyguide: Wie tief bist Du in die historischen Quellen und Forschungen zu Rollenverhältnissen in Sklavenhaltergesellschaften eingestiegen? Gibt es Schwerpunkte im Verhältnis zwischen Mann/Frau und Herr/SklavIn die Dir bei der literarischen Bearbeitung wichtig sind?

 

Judith Vogt: Ich hab mich vor allen Dingen mit der Frau in der römischen Antike beschäftigt und mit dem Status und Leben von Gladiator*innen. Was mir dabei aber wichtig war, war, eine Balance zu finden, sodass im Buch nicht nur die römische Antike wiederzufinden ist, sondern auch viel von unserer heutigen Zeit. Ich glaube, Menschen unterscheiden sich nicht grundlegend, und unsere Zivilisation und die der römischen Antike haben sowohl sehr krasse Unterschiede als auch sehr fundamentale Gemeinsamkeiten. Das Spannungsfeld hat mich interessiert.

 

Fantasyguide: Vor allen in den Szenen im Ludus nutzt Du eine derbe und deftige Sprache, es geht ständig um Sex – wie groß ist die Gefahr, hierbei zu übertreiben oder ist gerade die volle Ladung Männerumkleideatmosphäre wichtig für die Beziehung der Gladiatoren?

 

Judith Vogt: So was schreibe ich immer frei nach Schnauze und höre nachher auf die Meinung der Testleser*innen und Lektorin. Wie eben schon gesagt, gibt’s da dieses Spannungsfeld zwischen Antike und Gegenwart, und was wir definitiv mit den Römern gemeinsam haben, ist die Vorliebe für Pimmelwitze und sexuelle Anspielungen!

 

Fantasyguide: Ein großes Thema unter den Männern ist schwuler Sex. Auch hier dachte ich mir an einigen Stellen, dass Dir da nicht jeder Leser gern folgen mag. Welche Motivation überwog für Dich beim Schreiben dieser Dialoge? Der Wunsch nach Diversität, Provokation, das Bemühen, den Umgangston möglichst realistisch zu gestalten, oder etwas ganz anderes?

 

Judith Vogt: Na ja, in Rom war Homosexualität auf andere Weise geduldet, als es lange Zeit hier der Fall war. Es unterlag trotzdem sehr starren Regeln, auf die ja auch im Roman eingegangen wird, aber letztlich war es weit geläufiger, dass Männer Sex mit anderen Männern hatten. Auch hier hat mich interessiert, was passiert, wenn man gegen diese Regeln verstößt, wie sehr man also in der Achtung der Massen sinkt, wenn bekannt wird, dass man auf die falsche Weise mit dem falschen Mann schläft (das ging im antiken Rom ja so weit, dass Patrizier Suizid begingen, wenn das bekannt wurde!). Und was Oenomaus’ Umgangston angeht: Er ist ein Satyr, das ist die Art und Weise, wie er sich gibt. Ich denke, das erwartet man so von ihm, und seine Art, gegen die Erwartungshaltung der Massen aufzubegehren, ist dann, dass er sich in der »falschen« Position filmen lässt. Wer mir da nicht folgen will, okay, das ist eine heutige heteronormative Perspektive, die wir dann als SF- und Fantasy-Autor*innen aber vielleicht häufiger herausfordern sollten, damit Leser*innen sie nicht immer als Standard hinnehmen.

 

Fantasyguide: Neben Action und soziologischen Themen nimmt auch die Liebe einen wichtigen Platz ein. Es gibt zwei tragische Liebespaare, die riesige Hürden überwinden müssen, um zu einander zu finden. Das klingt nach einem riesigen Klischee für ein Buch von einer Autorin. Oder nach einem Shakespeare-Drama. Warum hast Du Dich dafür entschieden?

 

Judith Vogt: Ich hatte wenige Vorgaben von Philip, der das Buch in Auftrag gab. Eine war der Spartacus-Aufstand, eine, dass es dreckig sein solle, und eine, dass eine Liebesgeschichte eine Rolle spielen solle. Ich habe mich gefragt, was ich selbst am interessantesten finden würde, und dann kam die Idee, dass diese Liebesgeschichte nur entsteht, weil sie übernatürlich von außen initiiert wird und beide sich nicht dagegen wehren können. Das passt meiner Meinung nach gut zu der mythologischen Komponente und diesen großen Themen antiker Sagen.

 

Fantasyguide: Du schreibst in Deinem Blog, der Spartacus-Aufstand als Dreh- und Angelpunkt der Geschichte sei eine wesentliche inhaltliche Vorgabe gewesen. Dennoch beginnt der Aufstand erst sehr spät im Roman und sein Umfang hat mich enttäuscht. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass Du ihn mit Absicht hast kleiner erscheinen lassen, als es sein historischer bzw. popkultureller Ruf erwarten ließ. Wie wolltest Du den Spartacus-Aufstand nutzen?

 

Judith Vogt: Wir wissen ja alle, wie der Spartacus-Aufstand verlief und ausging. Ich wollte ihn als Aufhänger für planetenweite Unruhen und eine Odyssee im Mare Nostrum nehmen, aber hier nicht zu historisierend werden.

 

Fantasyguide: Mit Rom als planetenumspannende Stadt hast Du einen riesigen Cyberpunk-Handlungsort geschaffen. Trotzdem gehst Du eher in die Tiefen der Stadt, als ihre horizontalen Weiten auszuloten. Wozu diese riesige Stadt?

 

Judith Vogt: Das »Worldbuilding« ist ja, wie eingangs erwähnt, nicht unser Planet mit einem ausufernden Rom, sondern ein eigener Planet, etwa so groß wie unser Mond. Alle Orte und Länder rund ums Mittelmeer sind ja in irgendeiner Variante »in space«. Die gesamte Landmasse des Planeten wird von der Stadt eingenommen, sodass die Römer ihr Weltraum-Imperium auch aus Platzmangel eroberten. Es gibt aber einen Ozean, Pole und sieben Gebirgsketten, die nicht vollständig bebaut sind. Geographisch ist der Planet nicht so vielfältig wie die Erde, er ist halt auch sehr viel kleiner. Beim Aufstand bewegen sich die Rebellen und die, die sie jagen, auch über Teile dieser Landmasse, aber ja, mich haben die vielen, immer dunkler und ärmlicher werdenden Ebenen mehr gereizt.

 

Fantasyguide: Während Du High-Tech in alle Bereiche des römischen Lebens integrierst, wird es mit der Seherin und der Furie, die den Mitglieder der Mariner-Familie begegnet, metaphysisch. Auch der Einfluss von Göttinnen und Göttern wird als real dargestellt. Prompt las ich, dass Dein Roman als Space-Fantasy abgestempelt wurde, was danach riecht, dass man »Roma Nova« für keine ernsthafte SF hält. Liebst Du Genre-Überschreitungen?

 

Judith Vogt: Ja. Ich bin ja riesiger Star-Wars-Fan, außerdem haben mich Filme wie Das Fünfte Element geprägt, und ich liebe Bücher, die sich nicht ganz einordnen lassen wie Zerrissene Erde.

 

Fantasyguide: Nach diesem großen Weltenbau, der laut Deinem Blog schon etliche Jahre alt ist, stellt sich die Frage, ob Du Potential für weitere Geschichte in diesem Rom siehst?

 

Judith Vogt: Wir hatten schon direkt zu Beginn verschiedene Szenarien im Kopf. Mal sehen, vielleicht wird aus dem einen oder anderen ja noch was. Auch der Planet Rom befindet sich ja noch zur Republikzeit, da könnte man schon noch einige Aufhänger finden …

 

Fantasyguide: Das Buch ist mit über 600 Seiten für ein SF-Solitär extrem umfangreich geworden. Ich kenne etliche SF-Fans, die problemlos Trilogien verschlingen, aber so dicke Einzelromane meiden. Stand das Thema Mehrbänder für Dich überhaupt zur Debatte?

 

Judith Vogt: Nicht wirklich, das war immer als einzelner Teil gedacht.

 

Fantasyguide: In Deinem Blog finden sich viele großartige Zeichnungen von Figuren und Schiffen. Warum finden wir sie nicht im Buch?

 

Judith Vogt: Die meisten Zeichnungen sind vor meiner Schreibarbeit entstanden – Philip hatte bei Ulrich Zeidler Artwork in Auftrag gegeben und bei mir den Roman. Drei Bilder sind dann noch nach Szenen von mir angefertigt worden, das war sehr cool. Ulrich arbeitet als Concept Artist mittlerweile für Game of Thrones und Ready Player One – ich bin schon sehr froh, mal mit ihm zusammengearbeitet zu haben! Sie sind nicht im Buch, weil Farbseiten in einem Roman sehr aufwändig (und somit teuer) sind.

 

Fantasyguide: Gratulation zur KLP-Nominierung! Sind Dir solche Nominieren überhaupt wichtig?

 

Judith Vogt: Danke! Klar freue ich mich über so was! Ich hatte in letzter Zeit echt ne Menge Glück und hab den Deutschen Rollenspielpreis, den RPC-Jury-Award und eine Seraph-Shortlist-Nominierung eingeheimst – und jetzt die KLP-Nominierung: Das ist schon sehr cool. Natürlich sehe ich auch, dass der KLP seit 1981 verliehen wird und einen eklatanten Überschuss an männlichen Preisträgern aufweist (im Sinne von: Er ging zweimal an Frauen) – ich bin wie beim Seraph auch wieder die einzige nominierte Frau in der Kategorie. Deshalb gibt’s gleichzeitig zu den Nominierungen auch immer irgendwie Anlass zu Debatten und Diskussionen, besonders in meiner Twitter-Timeline, deshalb wirkt es vielleicht so, als wäre mir das nicht wichtig. Ich glaube, es muss sich grundsätzlich was an der Wahrnehmung deutschsprachiger SFF ändern, aber das wiederum ändert nichts daran, dass ich mich freue; ich glaube, dieser scheinbare Widerspruch ist irgendwie auch normal.

 

Fantasyguide: Du bist bereits sehr erfolgreich in Second Live aufgetreten. Wie fühlte sich für Dich diese virtuelle Lesung an und wann wird man Dich dort wieder antreffen?

 

Judith Vogt: Virtuelle Lesungen sind immer eine Umstellung, weil man die Reaktion des Publikums nicht sieht oder hört (die Mikros sind ja abgestellt). Aber die Lesungsfestivals, die Thorsten Küper organisiert, sind immer großartig: Interessierte Zuhörer*innen, fantastische Kulissen, nette Unterstützung von allen Seiten. Generell lese ich ja regelmäßig im Second Life, wann immer sie mich wieder haben wollen, bin ich wieder anzutreffen!

 

Fantasyguide: »Roma Nova« ist ja nicht Dein aktuellstes Projekt. Gerade erschien Die dreizehn Gezeichneten – Die Verkehrte Stadt, Band 2 der Fantasy-Saga Das Geheimnis der Zeichen, die mit Deinem Mann Christian zusammen entstand. Worum geht’s da?

 

Judith Vogt: »Die 13 Gezeichneten« ist eine Gunpowder-Fantasy-Trilogie, das heißt, die fiktive Welt befindet sich in einer Zeit, die der Napoleon-Ära ähnelt. (Generell reizen mich andere Zeiten als das Mittelalter für Fantasy und offenbar auch für die Science-Fiction.) Nur die Handwerker der Stadt Sygna können mit in Werkstücke eingeprägten Glyphen Magie wirken. Ähnlich wie die Besetzung der Städte im Rheinland durch Napoleon ist diese Stadt nun am Anfang des ersten Bands von der Großen Armee der benachbarten Nation besetzt – aber manche Ideen und Ideale der Besatzer haben auch bei den weniger privilegierten Bewohner*innen der Stadt Fuß gefasst, die jetzt nicht nur die Fremdherrschaft abwerfen, sondern eine neue, gerechtere Ordnung in Sygna herstellen wollen. Da geht’s übrigens ganz tatsächlich und absichtlich viel um Marginalisierung, Privileg, Widerstand und das Ändern des Status Quo.

 

Fantasyguide: Als Team seid ihr bereits mit mit dem DPP ausgezeichnet worden. Gestaltet sich die Arbeit an einem Solo-Text anders, oder ist Christian als kritischer Testleser sowieso immer dabei?

 

Judith Vogt: Christian ist immer Testleser, das ist richtig, aber wenn nur mein Name auf dem Cover steht, hat er »nur« testgelesen (und im Fall von »Roma Nova« physikalische Schwarzes-Loch-Beratung gemacht). Wenn wir zusammen schreiben, schreibe ich als hauptberuflich Schreibende, ca. 80% – Christian sucht sich dann Szenen heraus, die er besonders gern schreiben würde. Wir plotten allerdings im Detail zusammen und redigieren einander, bis es sich hoffentlich wie aus einem Guss liest.

 

Fantasyguide: Was steckt eigentlich hinter Roll Inclusive?

 

Judith Vogt: Roll Inclusive ist ein Essayband, der sich mit den Möglichkeiten guter medialer Repräsentation im Pen&Paper-Rollenspiel beschäftigt. Es geht viel um Weltenbau, um Darstellung, um Klischees und Stereotype, um »historische Korrektheit« – grundsätzlich mit dem Fokus Rollenspiel, aber ich denke, dass es auch darüber hinaus lesenswert ist.

 

Fantasyguide: Gibt es weitere Projekte, die Dich momentan umtreiben? Auf welchen Cons und Lesungen können wir Dich in nächster Zukunft treffen?

 

Judith Vogt: Christian und ich haben kurz vor der Buchmesse Wasteland bei Droemer Knaur abgegeben – das ist eine Art »Mad Max Utopie« in einem postapokalyptischen Deutschland und erscheint im Herbst. Außerdem schreiben wir gerade an einem Rollenspielsetting und einem Roman mit dem Arbeitstitel »Aces in Space« – das ist so etwas wie Sons of Anarchy meets Battlestar Galactica meets Instagram: kriminelle Bikergangs, die auch Social-Media-Influencer sind, aber in Space. Und nächstes Jahr erscheint der Abschluss von »Die 13 Gezeichneten«, der aber schon fertig geschrieben und abgegeben ist. Außerdem haben wir einen Patreon für Kurzgeschichten und Erzählspiele gestartet, der will ab jetzt auch monatlich gefüttert werden!

Lesungen stehen erst mal keine an, da muss ich mich demnächst mal wieder an die Planung machen. Wir sind dieses Jahr auf der FeenCon, auf dem BuCon und der DreieichCon – und sicher noch einigen anderen Veranstaltungen, die aber noch nicht alle ganz fest sind. Vielleicht sieht man sich mal! Vielen Dank für die interessanten Fragen!

 

Fantasyguide: Vielen Dank!

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Buch:

Roma Nova

Autorin: Judith Vogt

Taschenbuch: 622 Seiten

Bastei Lübbe, 27. Juli 2018

Cover: Arndt Drechsler

 

ISBN-10: 3404209141

ISBN-13: 978-3404209149

 

Erhältlich bei: Amazon

 

Kindle-ASIN: B0774VL5RY

 

Erhältlich bei: Amazon Kindle-Edition


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Erstellt: 02.04.2019, zuletzt aktualisiert: 16.10.2023 21:13, 17495