Jekyll – Blicke in deinen Abgrund (DVD)
 
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Jekyll – Blicke in deinen Abgrund

Filmkritik von Christel Scheja

 

Rezension:

 

Viele britische Serienperlen würden wohl gar nicht erst in den deutschen Raum kommen, wenn sich nicht Sender wie ARTE sich ihrer annehmen würden, weil sie das Ungewöhnliche und Bizarre suchen, das Unterhaltung auf hohem Niveau bietet, aber etwas anders erzählt wird, als es der durchschnittliche Fernsehzuschauer erwartet.

 

Dazu gehört auch „Jekyll – Blicke in deinen Abgrund“ aus dem Jahre 2007, produziert vom jetzigen Showrunner von „Dr. Who“, Stephen Moffat. Die sechsteilige Miniserie nimmt sich eines Romans an, der bereits im 19. Jahrhundert Furore macht und transportiert sie ins 21. Jahrhundert, ohne jedoch das Original zu verleugnen. Die Rede ist von „Die seltsame Geschichte von Dr. Jekyll und Mr,. Hyde“ der Novelle von Robert Louis Stevenson aus dem Jahr 1886.

Damals erzählte der Autor solcher bekannten Abenteuer wie „Die Schatzinsel“ vom Doppelleben des anerkannten und gutbürgerlichen Arztes Dr. Jekyll, der in Wirklichkeit ein Doppelleben führt. Hin und wieder - mit der Zeit jedoch immer öfter verwandelt er sich in den zügellosen und unmoralischen Mr. Hyde, der alle Regeln und Sitten der spätviktorianischen Gesellschaft mit Füßen tritt und schließlich dafür büßen muss.

Die Serie greift zwar Motive des Buches auf, sieht sich aber auch als direkte Fortsetzung der Geschichte. Was also wäre, wenn „Dr Jekyll“ und „Mr. Hyde“ wirklich gelebt haben und das ganze nicht nur eine literarische Fiktion wären. Was, wenn eine geheimnisvolle Firma schon seit Generationen darauf hinarbeitet, Dr. Jekyll zurück zu bringen, um ihm seine Geheimnisse zu entreißen und auch anderen Menschen zu Superwesen wie den fast unzerstörbaren Hyde zu machen, der nicht nur ohne Gewissen und Skrupel ist, sondern auch über herausragende Instinkte verfügt und dem Menschen in Punkto Stärke und Regeneration physisch-genetisch überlegen ist.

 

Dr. Tom Jackmann ist eigentlich ein ganz normaler Wissenschaftler und lebt glücklich mit seiner Frau und seinen zwei Söhnen zusammen. Doch seit etwa einem halben Jahr bemerkt er seltsame Entwicklungen an sich. Ganz offensichtlich ist er nicht mehr ganz er selbst, denn immer öfter überfallen ihn Blackouts, in denen er sich in die dunkle und animalische Seite seines Selbst verwandelt.

Dieses Wesen – Mr. Hyde – genannt, macht ihm Angst, auch wenn er anfangs noch extrem von ihm fasziniert ist und seinem anderen Ich erlaubt, den Körper unter bestimmten Voraussetzungen zu übernehmen. Um ihn zu beobachten und zu analysieren engagiert er die Psychatriekrankenschwester Katherine Reimer, die ihn während der Verwandlungen genau beobachten soll und trennt sich auch von seiner Frau Claire und den Kindern, damit diese nicht unter ihm leiden muss. Das lässt diese sich allerdings nicht gefallen und engagiert eine Privatdetektivin, die ihn observiert und schon bald feststellen muss, dass sie nicht die einzige ist. Doch wer sind die Unbekannten, die ebenfalls etwas von Dr. Jackmann wollen?

Derweil kämpft Tom mit seinem dunklen Ich, denn Hyde wird immer stärker und besucht seine Frau und seine Söhne. Auch ihm bleiben die heimlichen Verfolger nicht verborgen, denn eine alte Frau, die behauptet seine Mutter zu sein, warnt ihn vor ihnen und rät ihm zu fliehen. Denn nun könne er niemandem mehr vertrauen.

Doch alle Mühe ist vergeblich.

Durch ein riskantes Intrigenspiel locken die mit neuster Technologie ausgestatteten Verfolger Jackmann auch als Hyde in die Falle und bringen ihn schließlich in das geheime Labor von „Klein & Utterson“, der Firma, die schon seit über hundert Jahren darauf hingearbeitet hat, Dr. Jekyll zurück zu bekommen.

Nun endlich stellt sich Claire auf Toms Seite, als sie erkennen muss, dass sie von beider ältesten und treusten Freund so schmählich betrogen wurden. Sie versucht ihrem Mann aus dem Metallsarkophag zu befreien, in dem man ihn gesperrt hat, um seine Klaustrophobie auszunutzen. Die Jackman-Persönlichkeit soll sterben, damit Hyde allein weiterleben und zu Forschungszwecken weiter leben kann.

Claire hat erkannt, dass nicht alles, was ihren Mann ausmacht in Hyde gestorben ist. Denn ganz offensichtlich empfindet dieser – obwohl er sonst eine triebhafte Bestie ohne Moral ist – Liebe und das Bedürfnis, seine Familie zu schützen.

Nach und nach werden die Verbindungen zu Dr. Jekyll aus dem 19. Jahrhundert deutlich. Aber ist Tom wirklich nur ein Klon des Mannes, der damals alle Grenzen übertrat? Und was ist mit der Medizin, die er einnahm um sich zu verwandeln?

Oder sieht die Wirklichkeit nicht vielleicht sogar ganz anders aus? Dieser Frage muss sich schließlich auch Hyde stellen, der nach dem scheinbaren „Tod“ von Tom durch die Klaustrophobie, nun ganz auf sich alleine gestellt ist.

Denn ganz offensichtlich ist auch Claire enger mit ihm verknüpft als er denkt und trägt ein Geheimnis mit sich herum, von dem sie selbst nichts weiß...

 

Und das ist nur eine der Überraschungen, die man beim Betrachten von Jekyll erlebt. Duie Geschichte wird nämlich nicht stringent erklärt. Immer wenn es passt, gibt es Rückblicke in die Vergangenheit, um dem ganzen Muster ein weiteres Mosaikstein hinzu zu fügen. So erfährt man nach und nach das Geheimnis von Dr. Jekyll und dem ersten Mr. Hyde und die wahre Geschichte hinter der Novelle. Auch die Bedeutung des Dienstmädchens Alice Cameron für das Drama wird nach und nach deutlicher – und ihre besondere Beziehung zu Claire.

Warum Tom Jackmann zwar eine Wiedergeburt von Jekyll sein könnte, auch wenn er weder ein Klon noch ein direkter Nachfahre ist wird ebenso geklärt, wie der Grund der ganzen Verwandlungen und die Ähnlichkeiten, die trotz aller Unterschiede bestehen. Mehr als einmal wird der Zuschauer überzeugend auf eine falsche Fährte geführt, nur um kurze Zeit später darüber aufgeklärt zu werden, dass die Annahme doch nicht richtig ist. Die ganze Wahrheit erfährt man erst am Schluss.

Die ungewöhnliche Erzählweise erzwingt aber auch Aufmerksamkeit vom Zuschauer, denn tatsächlich erweist sich jede Szene, auch die in den Raum geworfenen als wichtig. Versteckte Hinweise fügen sich in der letzten Folge zu einem interessanten Gesamtbild zusammen.

Alles in allem laufen die Episoden auf weiten Strecken eher ruhig ab. Dennoch kommt die Action nicht zu kurz, da die Verfolgungsjagd in den ersten Folgen – und der Kampf gegen die Organisation dafür Sorgen, dass sich Jackman/Hyde und seine Frau auch ihrer Haut erwehren müssen. Und die Gewaltsausbrüche von Hyde, die unkommentiert im Raum stehen bleiben tun ihren Teil dazu, um die Serie erst für ein Publikum ab 16 Jahren zu empfehlen.

Alles in allem ist „Jekyll“ eine anspruchsvolle Serie, die den Zuschauer heraus fordert mitzudenken und Schlüsse zu ziehen, wachsam zu bleiben und dem eigenen Instinkt zu folgen. Das Verwirrspiel ist gelungen und tiefgründiger als man es von anderen Verfimungen her kennt. Die Spannung resultiert nicht aus dem, was man sieht, sondern mehr aus dem, was sich in den zentralen Figuren tut, da nicht nur Dr. Jackman und Claire sehr vielschichtig dargestellt werden, auch Mr. Hyde zeigt nach und nach immer mehr Intelligenz und den Anflug eines Gewissens – gerade als ihn Claire, als seine Familie anerkannt hat.

Auch die Aufmachung kann sich sehen lassen. Bild und ton sind von ansprechender Qualität, die Extras bieten interessante zusätzliche Informationen zur Vorlage, Figuren und Verfilmung.

 

 

Fazit:

 

Gerade Genrefans, die den klassischen Grusel schätzen und sehen wollen, wie interessant man ein Werk der viktorianischen Schauerliteratur ins 21. Jahrhundert übertragen kann, sollten „Jekyll – Blicke in deinen Abgrund“ in Betracht ziehen, denn die komplexe Geschichte ist eine wahre Serienperle, die man sich nicht entgehen lassen sollte.

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 202403281636573a724273
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DVD:

Jekyll – Blicke in deinen Abgrund

6-teilige Fernsehserie, GB 2007

Regisseur(e): Douglas Mackinnon, Matt Lipsey

Komponist: Debbie Wiseman

Sprache: Deutsch (Dolby Digital 2.0), Englisch (Dolby Digital 2.0)

Bildseitenformat: 16:9 - 1.77:1

Anzahl Disks: 2

FSK: Freigegeben ab 16 Jahren

Studio: Polyband & Toppic Video/WVG

Erscheinungstermin: 29. Januar 2010

Produktionsjahr: 2007

Spieldauer: 300 Minuten (6 Folgen a 50 min)

ASIN: B002JN8CR4

Erhältlich bei: Amazon

 

Extras:

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Anatomie einer Szene

Die Geschichte der Geschichte

Extras in engl. Sprache mit dt. UT

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Darsteller:

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James Nesbitt

Gina Bellman

Denis Lawson

Michelle Ryan

Meera Syal

Matt King

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Erstellt: 09.04.2010, zuletzt aktualisiert: 07.02.2024 17:01, 10296