Joker Anthologie: Die größten Schurkenstücke des Verbrecherclowns
 
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Joker Anthologie: Die größten Schurkenstücke des Verbrecherclowns

Rezension von Ingo Gatzer


 

Rezension:

Sherlock Holmes und James Moriarty, Superman und Lex Luthor - fast jeder Held, hat einen besonderen Gegenspieler als Antipoden. Bei Batman ist das fraglos der Joker. Der Clownprinz des Verbrechens erblickte bereits 1940 – und damit nur ein Jahr nach dem dunklen Rächer selbst – das Licht der Welt. Anlässlich dieses 75-jährigen Jubiläums hat Panini nun die „Joker Anthologie: Die größten Schurkenstücke des Verbrecherclowns“ veröffentlicht, die achtzehn Geschichten aus acht Jahrzehnten auf 372 Seiten bietet, bei denen der Joker im Mittelpunkt steht.

 

Den Anfang machen natürlich die ersten Joker-Geschichten überhaupt, nämlich „Batman vs. Joker“ sowie „Der Joker kehrt zurück“, die jeweils aus dem Jahr 1940 stammen. Beide sind von Bill Finger erdacht und von Jerry Robinson sowie dem Batman-Schöpfer Bob Kane gezeichnet. Die hier gezeigten Anschläge des Jokers auf reiche Bürger werden sich für spätere Geschichten als stilbildend erweisen. Vor allem aber die Hintergründe sind jedoch recht einfach – dafür oft bunt – gestaltet. Zudem fehlt es der zweiten Story an neuen Ideen – wieder tötet der Joker Millionäre, bis er von Batman und Robin gestoppt wird.

 

Dass Bill Finger deutlich kreativer sein kann, beweist er mit der 1944 erschienen Geschichte „Das Joker-Double“, die von Dick Sprang in Szene gesetzt wurde. Hier macht Joker Jagd auf einen Trittbrettfahrer, der seine Identität missbraucht und scheut dabei nicht davor zurück, mit den dynamischen Duo zusammenzuarbeiten. Zeichnerisch gefallen besonders die ausdrucksstärkere Mimik des Jokers und die realistischeren Hintergründe.

 

1946 illustrierte Jerry Robinson die Episode „Der Joker zieht nach“, in der der irre Verbrecher die Verbrecherwelt Gothams mit seinen Erfindungen – analog zu Batmans bekannten Gadgets – unterstützt. Aus der guten Grundidee hätte man – der Verfasser ist unbekannt – noch etwas mehr machen können. Dennoch macht die Story Spaß.

 

„Der Mann unter der roten Maske“ von Bill Finger und Lew Sayre Schwartz aus dem Jahr 1951 ist so etwas wie die erste Origin-Story über den Joker und darf schon deshalb in dieser Zusammenstellung nicht fehlen, auch wenn der Clownprinz des Verbrechens selbst etwas zu kurz kommt. Dafür regt Batman als Gastdozent zum Schmunzeln an.

 

Ließ Bill Finger den Joker mehrere von Batmans Erfindungen kopieren, konzentriert sich Autor David Vern Reed auf den berühmten Gürtel des Dunklen Ritters. Als Illustrator der 1952 erschienen Story „Jokers Spezialgürtel“ agiert ein weiteres Mal Dick Sprang. Die Story ist ideenreich und Sprang liefert zudem einige – im wahrsten Sinne des Wortes - hintergründige Gags.

 

In „Jokers verrückte Eskapaden“ nehmen Autor John Broome und Zeichner Carmine Infantino gekonnt die Filmwelt mit auf die Schippe. Der Clownprinz des Verbrechens macht das Dynamische Duo zu Statisten seiner filmisch erfassten Verbrechens, wobei er in die Rolle berühmter Komiker schlüpft. Cineasten dürfen sich in dieser komischen und absolut gelungenen Geschichte aus dem Jahre 1965 über berühmte Figuren wie den Tramp oder Buster Keaton freuen, die Infantino perfekt illustriert.

 

„Jokers fünffache Rache“ aus dem Jahr 1973 zählt fraglos zu den Highlights der Anthologie. Autor Dennis O´Neil gestaltet Batman hier bewusst düsterer und verletzlicher, was fast schon wie eine Vorwegnahme von Frank Millers späterer Bearbeitung des Dunklen Ritters wirkt. Zudem sollte sich die Restaurierung der Figur des Jokers als stilbildend erweisen. Gleichzeitig wird das Geschehen von Neal Adams hervorragend und in sehr modern wirkender Optik überaus gekonnt in Szene gesetzt. Hier passt einfach alles.

 

Damit kann die fünf Jahre später erschiene Geschichte „Der lachende Fisch“ nicht mithalten. Weder erreicht Zeichner Marshall Rogers die Klasse von Neal Adams noch überzeugt die Storyline von Steve Engleheart. Jokers angekündigte Attentate sind ein alter Hut und seine Initiative, sich den Jokerfisch patentieren zu lassen, wirkt nicht komisch, sondern schlicht albern.

 

Kreativer ist da im Vergleich „Miesen Geburtstag, lieber Joker“ (1980) geraten. Autor Len Wein lässt den düsteren Clown dieses Mal Batmans Verbündete entführen und würzt die Geschichte mit einer guten Portion von Jokers makabren Humor. Auch wenn die Hintergründe von Zeichner Walter Simonson manchmal etwas lieblos wirken, kann er durch die ausdrucksstarke Mimik seiner Figuren Pluspunkte sammeln.

 

Wie schon der Titel verrät, ist auch in der 1982 erschienene Geschichte „Totgelacht“ Humor Trumpf. Dieses Mal hat sogar der Dunkle Ritter im von Gerry Conway erdachten Plot etwas zu lachen. Auch wenn der Schluss diese Story etwas konstruiert wirkt, weiß sie – vor allem wegen der an „Denkmalsucht“ leidenden Hauptfigur – dennoch zu gefallen.

 

Das Lachen gehört zum Joker wie das Batmobil zum Dunklen Ritter. Kein Wunder, dass die von Mike W. Barr erdachte und von Alan Davis 1987 in Szene gesetzte Story „Wer zuletzt lacht“ heißt. Die abwechslungsreiche Story – die allerdings nicht zum ersten Mal den Weg in eine Anthologie findet - bietet diverse gute Gags und kann auch durch Davis´ Gestaltung des Clownprinzen überzeugen.

 

Richtig stark ist „Mächtige Symbole“ (1990) von Alan Grant und Norm Breyfodle geraten. Batman-Mastermind Grant bereichert die spannende Geschichte um eine reizvolle mythologisch-symbolische Ebene. Gleichzeitig brilliert Breyfodle bei der Darstellung der Handlung in einer Feuersbrunst sowie bei einigen dynamisch gestalteten Actionszenen.

 

Das vier Jahre später erschienene „Nächtliche Gelächter“ von Paul Dini und John Bryne ist zwar nur eine kurze Episode. Allerdings ist diese kurzweilig geraten und passt hervorragend in diese Anthologie, weil sich alles um den Joker dreht, wobei sein Erzfeind überhaupt keine Rolle spielt. Dementsprechend wichtig ist die Gestaltung des Verbrechers. Dini lotet den Charakter des Jokers aus und zeigt einige tödliche Gags des Clownprinzen des Bösen. Dazu passt die expressive Gestik und Mimik, die Bryne der Hauptfigur verpasst, ausgezeichnet.

 

„Narrentränen“ (2001) von Chuck Dixon und Pete Woods ist ein echtes Kleinod. Dixon lässt den Joker den Konflikt mit dem dynamischen Duo nämlich aus seiner Sicht erzählen und das ist überaus komisch. Gleichzeitig persifliert er mögliche Erklärungsmuster für den Wahnsinn des Verbrechers. Der ungewöhnlich Zeichenstil von Woods irritiert nur kurz. Denn für die Joker-Perspektive ist er völlig stimmig. Hier erscheint Batman als Monster und Robin als Hosenscheißer, der zu wenig Schlaf und dafür eine Überdosis Gewalt bekommt. Erzählerisch und zeichnerisch sehr originell!

 

Das Niveau bleibt mit „Der Mann, der lachte“ auf hohem Niveau. Die von Ed Brubaker verfasste und von Doug Mahnke gezeichnete Geschichte überzeugt durch ihre düstere Stimmung. Brubaker wählt immer wieder die Perspektive von James Gordon und Mahnke schafft es mit seinen toll gestalteten Bildern, dem Leser immer wieder eine gute Portion Gänsehaut – auch dank der dämonischen Darstellung des Jokers und seiner zerschundenen Opfer - zu verpassen. Großartig!

 

„Die Entstehung des Jokers“ (2007) von Mark Waid und Brian Bolland umfasst nur eine Doppelseite, ist aber ansprechend geraten. Genial ist die Idee, die entschiedenen Etappen im Leben des Verbrecherclown in Kartenform zu präsentieren.

 

Etwas befremdlich wirkt der Abschluss der Anthologie: „Gib dem Affen zucken“ (2013). Zwar ist die optische Gestaltung von Andy Clarke durchaus ansprechend. Aber die Geschichte selbst, in der Kubert den Joker als liebevollen und stolzen Vater zeigt, wirkt einfach unpassend.

 

Bei der Auswahl der Stories hätte wahrscheinlich jeder Comic-Fan eine etwas andere Selektion vorgenommen. So sollten eigentlich in einer solchen Anthologie Meilensteine wie „Joker Walks The Last Smile“ oder „The Killing Joke“ aus den Jahren 1944 bzw. 1988 nicht fehlen. Dafür hätten gerne beispielsweise „Der lachende Fisch“ oder „Gib dem Affen Zucker“ weichen dürfen. Doch der Pool an infrage kommenden Geschichten ist groß und Geschmäcker sind nun einmal verschieden. Insgesamt sollte wohl fast jeder Leser mit dem Inhalt überwiegend zufrieden sein.

 

Alle Geschichten - sowie die drei Zeitperioden (1940 bis 1969, 1970 bis 1990 sowie 1991 bis zur Gegenwart), in die sich die Schaffenszeit des Jokers einteilen lässt - sind mit einleitenden Texten versehen. Diese sind sehr kenntnisreich geschrieben, stellen Autoren sowie Zeichner vor, erläutern die Storys und ordnen diese in den (historischen) Kontext ein. Dafür verdienen die Macher ein großes Lob.

 

Fazit:

„Joker Anthologie: Die größten Schurkenstücke des Verbrecherclowns“ kann Fans des Batman-Universums im Allgemeinen und denen des Clownprinzen im Speziellen nur wärmstens ans Herz gelegt werden. Denn die enthaltenen Geschichten sind – in der Mehrzahl – nicht nur überdurchschnittlich gut bis herausragend, sondern zeigen auch die Entwicklung von Batmans Erzfeind und dessen Gestaltung eindrucksvoll.

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Comic

Joker Anthology: Die Größten Schurkenstücke des Verbrecherclowns

Autoren: Bill Finger, Ed Brubaker, Chuck Dixon, Alan Grant u. a.

Zeichner: Bob Kane, Doug Mahnke, Pete Woods, Carmine Infantino u. a.

Erscheinungsdatum: November 2015

Panini - 372 Seiten - Hardcover

ISBN-10: 3957983533

ISBN-13: 978-3957983534

 

Erhältlich bei: Amazon

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 202404180236169095d1a9
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Erstellt: 17.11.2015, zuletzt aktualisiert: 07.04.2024 09:00, 14190