Kein einsames Grab von Martin Edwards
Rezension von Wiebke
Rezension:
Kein einsames Grab ist nach Tote schlafen nicht und Die ohne Schuld sind der dritte Teil einer Krimiserie um Chief Inspector Hannah Scarlett und dem Historiker Daniel Kind, der in der wunderschönen Landschaft des nordenglischen Lake Districts spielt, einem der schönsten Naturschutzgebiete der britischen Hauptinsel. Der studierte Anwalt Martin Edwards hat innerhalb dieser Reihe drei Romane vorgelegt, die ohne weiteres in die Kategorie Cozy-Krimi eingeordnet werden können. Einem Genre, dessen Romane in einer scheinbar heilen ländlichen Welt spielen und deren Idylle urplötzlich durch ein Verbrechen gestört wird.
Die Geschichte spielt in dem kleinen Dorf Brackdale in der Grafschaft Cumbria. Vor zehn Jahren verschwand hier die junge Heilpraktikerin Emma Bestwick spurlos von einen auf den anderen Tag. Ihre Schwester Karen Erskin sowie ihre Freundin und ehemalige Vermieterin Vanessa Goddart können sich das Verschwinden der jungen Frau nicht erklären. Vor allem weil sie kurz zuvor in den Genuss einer nicht unerheblichen Menge an Geld gekommen war, mit dem sie sich die Anzahlung auf einen kleinen Bungalow sowie ein Auto leisten konnte.
Voller Überzeugung, dass Emma Bestwick vor zehn Jahren das Opfer eines Mörders geworden ist, erinnert der Journalist Toni Di Venuto in einem Zeitungsartikel an das Verschwinden der jungen Frau. Gleichzeitig bittet er die Polizei, die Ermittlungen erneut aufzunehmen, da aufgrund des langen Zeitraumes ausgeschlossen werden kann, dass Emma Bestwick lediglich aus einer Laune heraus das Dorf verlassen hat.
Zur gleichen Zeit taucht im Caniston Prospect, einem preiswerten Bed and Breakfest ein Mann auf, der über eine nicht sehr rühmliche Vergangenheit verfügt. Ohne Skrupel und mit viel Eigennutz umgarnt er die einsame Wirtin Sarah Welsby, die ihr Glück bei dem um einige Jahre jüngeren Gast kaum fassen kann. Ziemlich schnell durchschaut sie aber die Machenschaften des angeblichen Finanzberaters und stellt ihn vor eine ungewöhnliche Wahl.
Während dessen beginnt Chief Inspector Hannah Scarlett, im Lake District verantwortlich für ungeklärte Morde, erneut mit ihren Nachforschungen in dem Fall der verschwundenen Emma Bestwick. Doch egal wen sie im Dorf befragt, an den damaligen Ermittlungsergebnissen ändert sich nichts. Bis plötzlich ein anonymer Hinweis Licht ins Dunkel bringt. In einem Telefonat mit dem Journalisten Toni Di Venuto behauptet ein unbekannter Anrufer, dass Emma Bestwicks Leiche im so genannten Arsen-Labyrinth, einem stillgelegten Stollen, abgelegt worden ist. Tatsächlich findet man kurz darauf das Skelett der jungen Frau in dem felsigen Grab. Doch die Überraschung der Beamten wird noch größer, als in einem unmittelbaren Nachbarstollen Überreste einer weiteren Leiche entdeckt werden.
Als dann auch noch der angebliche Finanzberater mit einer Taschenlampe erschlagen aufgefunden wird und der Historiker Daniel Kind, der sich mit der Geschichte alter Familienstammbäume beschäftigt, in einem Tagebuch eine ungeheure Entdeckung macht, gibt es kein Halten mehr. Nach und nach werden alte Familiengeheimnisse entblättert und mörderische Ambitionen ehemaliger Dorfbewohner bloßgelegt.
Martin Edwards hat mit „Kein einsames Grab“ einen soliden englischen Kriminalroman geschrieben, der voller britischem Lokalkolorit und ohne überzogene Spannung lesenswert daherkommt. Angesiedelt im ländlichen Milieu, gespickt mit ausreichend interessanten, aber auch obskuren Charakteren wird hier eine Geschichte erzählt, die einer stetigen Wandlung unterliegt und die menschlichen Abgründen hervorragend zur Geltung kommen lässt. Ausgenommen davon die beiden Hauptprotagonisten, die, stets bemüht Licht in das Dunkel zu bringen, äußerst sympathisch und lebensnah erscheinen. Doch wie so oft bei einer solchen, von Schriftstellern stark strapazierten Konstellation, hegen die beiden tiefer gehende Gefühle füreinander. Obwohl nicht nur Chief Inspector Hannah Scarlett sondern auch der Historiker Daniel Kind in einer festen Beziehung lebt, schaffen sie es nicht, diese Tatsache zu ignorieren und bieten somit genug Potential für weitergehende Romane dieser Serie.
Basierend auf einen eigentlich als simpel zu bezeichnenden Plot, schafft der Autor es, eine Atmosphäre zu erzeugen, die äußerst bieder und prosaisch daherkommt. Aber es muss nicht immer Spannung bis zum Zerreißen sein, die den Leser an das Buch fesselt. Auch subtilere Formen, meisterhaft umgesetzt, können einen einzigartigen Lesegenuss bereiten.
Fazit:
Insgesamt ist „Kein einsames Grab“ ein ruhiger, gut konstruierter Roman, der angesiedelt im ländlichen Milieu, lesenswert daherkommt. Der Leser allerdings, der einen actionreichen und spannungsgeladenen Krimi bevorzugt, sollte sich nach etwas anderem umschauen.