Klonk! von Terry Pratchett
Rezension von Carsten Kuhr
Kommandeur Mumm hat es nicht einfach. Etwas ist faul, nein oberfaul in seiner Stadt! Als ob er es nicht schon so schwer genug hat! Nicht nur, dass er versuchen muss, die multi-kulturelle Gesellschaft Ankh-Morporks in der personellen Zusammenstellung seiner Wachen zu repräsentieren, jetzt hat Lord Vetinari ihm auch noch einen überkorrekten Regierungsinspektor aufs Auge gedrückt, der natürlich sogleich über Nobbys kleine Barentnahmen aus der Kasse gestolpert ist. Der Tag begann schlecht, und konnte eigentlich nur noch schlechter enden – doch gleich so viel schlechter? Dank dem tatkräftigen Intrigieren Vetinaris hat die Wache jetzt eine waschechte Vampirin in ihren Reihen, ob das in Verbindung mit Angua, der Werwölfin der Truppe mal gut geht, zumal beide an Hauptmann Karotte Interesse hegen? Damit nicht genug hat ein Dieb eines der berühmtesten Gemälde des Museums gestohlen, und einem Zwerg, nein, nicht einem, sondern dem Anführer der Zwerge wurde der Schädel eingeschlagen. Die Tatwaffe, eine Keule, wie sie die Trolle benutzen findet sich am Tatort, und schon werden die Streitäxte geschärft. Lynchjustiz, schlimmer noch ein Bürgerkrieg droht, zumal der legendäre Krieg der Trolle und der Zwerge sich nächste Woche jährt. Mumms einzige Chance das Chaos aufzuhalten ist, den wahren Täter zu entlarven und ein uraltes Mysterium aufzuklären. Ungeschickt nur, dass er seinem kleinen Sohn versprochen hat jeden Abend pünktlich um 6 Uhr diesem seine Lieblingsgeschichte vorzulesen – Wo ist die Kuh - und der Kleine besteht auf absolute Pünktlichkeit, ansonsten ist der Teufel los ...
Wie immer bei Pratchett besitzt auch dieser Roman wieder mehrere Ebenen. Neben der unterhaltsamen, spannenden und diffizilen Suche nach dem Mörder und dem Motiv beschäftigt sich der Autor diesmal sehr intensiv mit pauschalen Verunglimpfungen ethnischer Gruppen, mit uralten Feindschaften und radikalen Fundamentalisten auf beiden Seiten. Bigotterie und der Geschmack von politischer Einflussnahme – alles bekommt, wie von Pratchett gewohnt ansprechend verpackt sein Fett ab. Vieles erinnert an die explosive Situation im nahen Osten, an die Auseinandersetzung zwischen der moslemischen Hisbollah und Israel oder an den Bürgerkrieg in Nord-Irland. Eingebettet in die explosive Situation Ankh-Morporks inklusive einen Einblick ins organisierte Verbrechen – der Troll-Pate ist zu schreien komisch - und die Drogenproblematik, macht Pratchett sich einmal mehr für Toleranz, für Mit- statt Gegeneinander stark.
Erstaunlich auch, wie frisch und unverbraucht die bekannten Charaktere der Wache wirken. Immer wieder gelingt es Pratchett seinen Figuren neues Leben, neue Facetten einzuhauchen, seine Gestalten zu entwickeln. Sam Mumm als treusorgender, liebevoller Vater, der Troll Detritus der sich eines streunenden Junkie-Trolls annimmt oder auch Angua, die mit der Konkurrenz einer Vampirin und einer Table-Tänzerin fertig werden muss, sie alle entwickeln, und das nachvollziehbar und damit glaubhaft neue Wesenszüge.
Insgesamt gesehen bietet dieser Roman für jeden Leser »Pratchett at his Best«. Wer die Scheibenwelt noch nicht kennen sollte – gibt es solche Leser überhaupt? – erhält eine süchtig machende Packung Ankh-Morpork voller Unterhaltung und Tiefgang, für alle Anderen Bewohner der von der Schildkröte getragenen Welten gibt es ein Wiedersehen mit Nobby, Sam und Co und da bleibt kein Auge trocken und kein Verbrechen ungesühnt!
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