Autor: Michael Schmidt
Ach, die guten alten Zeiten. Das war noch was. Die Welt hatte ein klares oben und unten, es gab ein Schwarz und ein Weiß, um die Schattierungen musste man sich nicht allzu sehr kümmern.
Captain Future und Flash Gordon waren die guten, aufrechten Helden, welche die Erde oder gar das Universum vor Ungemach schützten. Perry Rhodan hatte noch zahlreiche Leser und neben fünf Heftauflagen tummelten sich eine Menge weiterer Produkte. Die SF Konkurrenz aus dem Hause Bastei war wechselnd und selten von Dauer, größter Kontrahent war Ex-PR Schreiber Brand mit seinem Ren Dhark. Dreimal wurde dieser neu aufgelegt, dreimal scheiterte eine Fortsetzung. In diesen alten Zeiten war ein Fanzine ein Fanzine, und ein Heftroman ein Heftroman, und ein Buch ein Buch.
Nun, zumindest im Groben sollte das gelten. Natürlich gab es auch damals eine Vielzahl neuer Verlage, nicht alles war von hoher Qualität. Aber das wenig erfolgreiche war zumindest rar. Sammler durften sich freuen. Wer kann denn die zweibändige Horror-Trip Serie sein eigen nennen? Dagegen waren die Romane eines Professor Zamorras oder die Bücher der Heyne SF und Fantasy Reihe alles andere als seltene Stücke. So sind sie auf dem Gebrauchtbüchermarkt auch nur dann beliebt, wenn der Verkaufspreis niedrig ist.
Wer heute auf Raritätensuche ist, der hat es schwer. Dafür ist die Anzahl der Produkte einfach zu gering. Das mir älteste bekannte Kleinverlagsprodukt sind die Heftchen von WKG, die er im Eigenverlag herausbrachte. Richtig bekannt dürften auch die Star Gate Bände sein, die im Verlag Volker Krämer erschienen und die Heftserie im Merkur Verlag fortsetzte. Liebevoll in Kleinarbeit erstellte Bände.
Heut ist das anders. Zaubermond, ebenfalls einer der Pioniere, startete mit dem Dämonenkiller eine Fanserie. Doch schnell änderte sich dies und die Bücher erschienen als Hardcover in wirklich edler Aufmachung. Nirgends erkennt man, dass es sich nicht um einen „richtigen“ (was auch immer dieses Wort bedeutet) Verlag handelt. Aber die Auflagen sind wohl trotzdem gering und man vermutet eine Rarität.
Auf Zaubermond folgte der Digitaldruck, mittlerweile ist der Verlagsbegriff recht inflationär, das Angebot erhöht sich. Die Kleinverlagsszene splittet sich in große, mittlere, kleine und kleinste Kleinverlage, fast benötigt man einen Führer, um diesen Dschungel zu durchschiffen. Nun, nicht weiter schlimm, so findet ja jeder irgendwo die passende Lektüre, eigentlich eine gute Sache.
Doch was macht unser Sammler. Waren es die Auflagen unter Tausend, die ihm den Geifer zuerst aus dem Mundwinkel laufen ließ, zerschmettert der Digitaldruck jegliche Untergrenze. Bücher, die maximal hundert Mal produziert wurden, erfreuen sich der Aufmerksamkeit unseres Buchsüchtigen. BOD und Konsorten können aber noch besser, schließlich ist es durchaus möglich, dass es den EIN Auflagen Band gibt. Den besitzt dann außer unserem Sammler einfach niemand.
Nada. Keiner. Nur er!
Leider gibt es mittlerweile tausende Bücher mit übersichtlicher Auflage. Findige Verlage wie Blitz werben sogar mit einer Limitierung auf 999 Exemplaren. Da fragt man sich schon, wie viel Prozent des Programms diese Schwelle schon überschritten hatte. Nun, der Sammler in seiner Vielzahl wird zeigen, ob dies die richtige Verkaufsstrategie ist.
Sind es viele, gar zehntausend für einen Band, kann dem Verlag ein gehöriger Batzen Umsatz flöten gehen. Aber wahrscheinlich ist das wenig wahrscheinlich, weil wahrscheinlich…
So bleibt dem Sammler dann doch die Qual der Wahl. Er muss den ultimativen Bestseller finden, und das Jahre bevor dieser erschienen ist. Eventuell sind Besitzer der Originalausgabe von Eschbachs „Die Haarteppichknüpfer“ auf eine Goldader gestoßen. Oder eher die Besitzer der Erstausgabe „Lord Gammas“ eines Herrn Marrak. Doch wer will so visionär sein und erkennt den Bestseller von Morgen?
Und wenn er Pech hat, ist dieser Bestseller im Digitaldruck erschienen und somit immer verfügbar, sollte die rechtliche Situation dies erlauben.
Nun denn, wünsche ich dem Sammler viel Glück und gebe zu bedenken, der Markt ist übersättigt und es wird schwer sein, einen wirklich lohnenswerten Griff in die Raritätenkiste zu schaffen. Und solange denke ich an die guten alten Zeiten, als eine Auflage noch festen Bestand hatte und eine Rarität als solche erkennbar war.
Nach oben