Kolumne: Schiefwünscher… …und andere überflüssige phantastische Wesen!
Autor: Holger M. Pohl
Diese meine heutige Kolumne widme ich den Schiefwünschern und anderen phantastischen Wesen, die die Welt nicht braucht!
Die Phantastik ist dafür bekannt, dass sich in ihr alle möglichen Wesen tummeln: Orks, Zwerge, Trolle, Zauberer, Elfen, Hexen, Werwölfe, Vampire…und was es so alles gibt. Die Zahl ist Legion!
Doch neben diesen hinlänglich bekannten Wesen gibt es auch eine ganze Anzahl von Wesen, die die phantastische Welt nicht braucht. Diese Wesen führen ein reales Schattendasein, sprich: sie haben einen leichten Schatten und sind leider allzu oft real!
Ein Wesen dieser Art ist der so genannte Schiefwünscher. Eine überaus seltsame Art. Und überflüssig wie ein Kropf! Dieses Wesen glaubt magische Kräfte zu haben und murmelt beständig irgendwelche Flüche vor sich hin: „Das geht schief…das geht schief…das muss schief gehen!“ Dieses Wesen kann nur auf eine Art glücklich gemacht werden: wenn etwas schief geht! Dabei fordert es andere immerzu heraus, etwas zu tun, mit etwas anzufangen, etwas zu bewegen…in der penetranten Hoffnung, dass es schief geht. Weil der Schiefwünscher dann voller Lust – und das kann man wörtlich nehmen – seinen Lieblingssatz anbringen kann: „Ich hab’ doch gleich gesagt, dass das schief geht!“ Wir alle kennen wohl in unserem Umfeld solche Wesen. Oft tarnen sie sich als Freunde oder Bekannte, geben vor unsere Pläne zu unterstützen – um hintenherum ihre Flüche auszustoßen. Aber auch in Clubs, Vereinen oder in der Firma tummelt sich dieses Wesen rege.
Eine andere Gattung ist der Niedermacher. Dieses Wesen ist unersättlich und verlangt ständig nach Futter. „Mach, los mach…aber es wird eh nur Mist…aber mach bitte, damit ich es niedermachen kann!“ Leider ist diese Gattung sehr verbreitet! Fast bin ich versucht zu sagen, sie hat sich wie ein Parasit in die Köpfe der Menschen eingenistet. Da fängt man etwas an, gibt sein Bestes, will etwas bewegen, etwas erreichen, etwas verändern, etwas entwickeln…und alles was vom Niedermacher kommt ist: „Das ist Mist…ich habe zwar keine Ahnung davon, aber es ist Mist! Dort ist es zu bunt, da zu farblos, da zu groß, hier zu klein, da zu unausgegoren, da gefällt es mir überhaupt nicht und ich bin sowieso aus Prinzip anderer Meinung…macht aber gar nichts, sondern mach bitte weiter, damit ich es weiter niedermachen kann…Hunger! Gier!“ Das Schlimme am Niedermacher ist, dass er uns oft die Lust daran nimmt, überhaupt noch etwas machen zu wollen.
Das nächste überflüssige Wesen dieser Art ist der Klugscheißer, auch Rechthaber oder Besserwisser genannt. Dieses Wesen tut sich dadurch hervor, dass es zu allem und jedem einen Kommentar abgibt, ob der gefragt ist oder nicht; dass es alles Besser weiß, selbst wenn es – was die Regel ist – im Grunde gar nichts weiß; dass es auch dann noch Recht hat – oder haben will – wenn es völlig im Unrecht ist. Ein Schreibfehler…der Klugscheißer findet ihn ganz sicher. Die Sache als solche interessiert ihn nicht…aber dass Interna bereits die Mehrzahl ist, muss festgehalten und für die Nachwelt dokumentiert werden! Diese Wesen ist darin bewandert, einem alle möglichen Zitate, Textstellen, Paragraphen und was weiß ich noch alles an den Kopf zu werfen. Dieses Wesen saugt quasi aus den Fehlern der anderen – oder dem, was es dafür hält – seine Lebensenergie. In gewissem Sinne also ein Vampir…leider aber nicht mit Knoblauch in Schach zu halten. Auch Holzpflöcke, Kruzifixe oder Silberkugeln sind nutzlos. Das einzige Mittel, das zeitweise hilft, ist ignorieren. Der Klugscheißer bringt im Übrigen in aller Regel selbst nichts oder herzlichst wenig zustande, aber das macht nichts…Hauptsache er kann klugscheißen.
Kommen wir – für Heute! – zum letzten phantastischen Wesen, das die Welt nicht braucht, den Erbsenzähler! Für mich so ziemlich mit das übelste Wesen, welches in es in der Phantastik gibt. Ich frage mich, ob es den Weltübelstein (siehe Thomas Covenant, Klugscheißer) vielleicht doch wirklich gibt und der Erbsenzähler ein gewaltiges Stück davon geschluckt hat. Wie der Name schon sagt, ist der Sinn und Lebenszweck dieses Wesen zu zählen. Würde es nur das Gemüse zählen, dann könnte man ja damit noch leben. Aber die Erbsen, die dieses Wesen zählt, sind anderer Natur: „Ha, hier ist ein Fehler…da noch einer…und da schon wieder einer…Fehler über Fehler…wunderbar!“ Das große Ganze hat dieses Wesen nie im Blick – und versäumt dadurch so viel – aber es hat jeden einzelnen Fehler im Blick! Ein Film, neu erschienen…und schon geht es los: dort sieht man das Mikrophon; da passen die Haare nicht; hier liegt etwas herum, in der nächsten Szene steht es…fragt man anschließend, wie denn der Film war, erntet man einen verständnislosen Blick und die Frage: „Welcher Film? Ich habe nur Fehler gesehen!“ Oder sie können einem sagen, wo auf welchen Seiten und in welchen Zeilen eines Buches Druckfehler sind…nach der Geschichte gefragt, wissen sie gar nicht, worum es geht. Oder sie sehen alle Fehler schon vorher und zählen sie auf…ohne dass überhaupt etwas getan wurde. All zu oft fängt man dann gar nicht erst an…ist ja eh voller Fehler, lassen wir es lieber…
Der Erbsenzähler ist ein Wesen, das von nichts eine Ahnung hat, davon sogar ziemlich viel, aber immer satt wird, weil doch alles so fehlerhaft ist…Erbsenzähler sind auch jene Wesen, die Dir stundenlang, tagelang, seitenlang erzählen können, warum etwas nicht geht. Warum es aber doch gehen könnte, können sie Dir nicht sagen. Sie finden immer das Sandkorn im Getriebe…und wenn sie es selbst einführen müssen.
Ihr seht, die Phantastik hat mehr zu bieten als Trolle, Orks, Hexen und so weiter…allerdings kann ich Euch nur eines raten: lasst diese überflüssigen Wesen einfach links liegen…das ist, was sie am meisten stört. Und vielleicht werden sie dann Opfer ihrer selbst. Etwas besseres könnte uns nicht passieren!
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